Rees. Stadtführer Heinz Wellmann schlüpft in Rolle von Sergeant Henry. Ab April erinnert er an die alliierte Rheinüberquerung im März 1945.
Eigens für den Foto-Termin hatte er sogar den Kinnbart abgeschnitten. Und die Haare gestutzt. Denn als Sergeant Henry muss er wirklich soldatisch aussehen, und nicht etwa wie die Western-Figur alla Buffalo Bill. In diesen Tagen wirkt Heinz Wellmann wieder so wie immer. Bislang kennt man den 65-Jährigen ja als Nachtwächter oder als Hein vom Rhein. Ab dem 9. April schlüpft der Stadtführer in eine gänzlich andere Rolle: „Dann bin ich als schottischer Soldat unterwegs. Und erinnere bei meiner durchaus ernsten Führung an den Rheinübergang der Alliierten am 23. März 1945“, sagt Wellmann.
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Entstanden sei die Idee im Geschichtsverein Ressa, erzählt er. Fand doch die Rheinüberquerung der Alliierten bei Rees vor 75 Jahren statt. Und irgendwie habe man festgestellt, dass diese dramatische Zeit, für Soldaten wie für die Bürger von Rees, nie so richtig behandelt worden ist. „Operation Plunder“, wie das Unternehmen von Briten und Kanadiern genannt wurde, fand damals auf einer Länge von 44 Kilometern statt – von Dinslaken rheinabwärts bis Rees. Allein auf alliierter Seite waren über 20.000 Mann beteiligt.
Eine neue Original-Uniform wurde eigens in England bestellt
Wellmann wäre nicht Wellmann, hätte er sich nicht richtig ins Thema gekniet. Er las viel über die Zeit, sprach eben auch mit Reeser Zeitzeugen und erfuhr jede Menge Details von Alexander Berkel vom ZDF, der das Buch „Krieg vor der eigenen Haustüre“ geschrieben hat und im November einen Vortrag zum Thema in Rees halten wird.
Und er kümmerte sich um entsprechendes Outfit. „In England wurde eine Uniform bestellt, samt Barett“, erzählt er. Wobei die Hose, die für ihn viel zu groß geliefert wurde, gerade noch bei der Schneiderin ist. Aufs Tragen einer Waffe wird Sergeant Henry, Mitglied der „Gordon Highlander“, dann übrigens bei seinen Führungen verzichten. „Die Rolle ist anspruchsvoll, keine Frage“, weiß Wellmann, der sonst etwa als Gästeführer auch immer ein paar Dönekes parat hat.
Alliierte hatten fünf Brücken gebaut
Aber die Ereignisse im März 1945 waren einfach zu dramatisch. Nach stundenlangem Artillerie-Beschuss der rechten Rheinseite hätten die Alliierten damals unter anderem mit Amphibien-Panzern von Kalkar kommend den Strom überquert, „nachdem sie kurz zuvor Breschen in den Deich geschlagen haben“, berichtet der gebürtige Dinslakener. Rees hätte davor schon in Trümmern gelegen, weil die Stadt bereits Mitte Februar Ziel heftiger Bombenangriffe gewesen war.
„Zwei Tage hat der erbitterte Kampf um Rees gedauert“, hat Pazifist Heinz Wellmann durch seine Recherchen erfahren. In den Trümmern der Stadt hätten unzählige deutsche Fallschirmspringer so wie alliierte Soldaten ihr Leben verloren. Und Wellmann wird bei seiner Führung in Erinnerung an diese gigantische militärische Operation über noch mehr Details berichten.
Ein Ponton war längste damalige Militärbrücke
„Was kaum einer weiß: Die Alliierten hatten innerhalb kürzester Zeit nach der Eroberung der Stadt gleich fünf Ponton-Brücken nahe Rees über den Rhein gebaut, von denen vier nach Londoner Brücken und eine nach einer kanadischen benannt wurden“, sagt er. Über die Waterloo-, Westminster- und Lambeth-Bridge rollte bald der Nachschub. Was die Teilnehmer der Stadtführungen auch erfahren werden: Eine der Pontons soll damals die längste Militärbrücke der Welt gewesen sein.
Damit seine Zuhörer einen noch intensiveren Eindruck von dem bekommen, was sich damals vor und in Rees und auf dem Rhein abgespielt hat, wird er sie mit auf die Fähre nehmen und einmal zur linken Rheinseite hinüber fahren. „Es geht ja um die Rheinüberquerung“, sagt Heinz Wellmann. Eben deshalb hat er seiner Führung als Sergeant Henry den Titel „3.45 Der Übergang“ gegeben.
Am Ende der Führung gibt Heinz Wellmann Nachdenkliches von sich
Am Ende der Führung wird Wellmann kurz inne halten, bevor er sich von allen verabschiedet. Nicht mit einem lockeren Spruch, wie er es sonst liebend gerne tut – sondern mit etwas, was allen unter die Haut gehen dürfte. Ganz sicher!
>>>Erste öffentliche Führung „3.45 Der Übergang“ ist am 9. April
Die erste öffentliche Stadtführung unter dem Titel „3.45 Der Übergang“ findet am Samstag, 9. April 2022 statt. Treffpunkt ist vor dem Infocenter der Stadt. Die Führung beginnt um 14.30 Uhr und kostet pro Person sechs Euro plus Fährfahrt. Anmelden kann man sich beim Infocenter der Stadt.
Private Führungen können bei Heinz Wellmann, der seit elf Jahren Gildemeister der „Deutschen Gilde der Nachtwächter, Türmer und Figuren e.V.“ ist, unter der Rufnummer 02851/7486 gebucht werden oder unter Heinz.Wellmann@Nachtwaechter-Rees.de