Rees. Christoph Peters las in Rees aus seinem „Dorfroman“ vor. Das Publikum im Bürgerhaus konnte die heimatliche Region in vielen Facetten erkennen.

Thomas Dierkes und sein Team der Stadtbücherei konnten am Sonntagabend endlich für die Vorlesung des Buches „Dorfroman“ die Türen des Bürgerhauses aufsperren. Eigentlich sollte der Autor Christoph Peters bereits im März die Reeser Bühne betreten. Gehindert wurde er daran durch den damaligen Corona-Lockdown. Trotzdem war dieser Besuch nicht der erste, den er Rees gönnte: Schon 1999 hatte Christoph Peters hier sein Buch „Stadt Land Fluß“ vorgestellt.

Lesung aus drei Zeitebenen

Von Rostock kommend und auf dem Weg zum Bodensee legte der Autor jetzt einen Halt in Rees ein und las jeweils einen Ausschnitt aus den drei Zeitebenen des Buches. „Dorfroman“ hat autobiografische Aspekte, zeichnet währenddessen aber auch ein detailreiches Porträt des niederrheinischen Dorflebens und des Konflikts um den Bau des Atomkraftwerkes (AKW) in Hönnepel.

In der ersten Perspektive des 50-jährigen Protagonisten, der von Berlin zurückkommt, beschreibt er die Einfahrt in Schanz: Ein Ort, mit dem er ein metallenes Kunstwerk inmitten eines Kreisverkehrs, ein Einkaufszentrum mit Waschanlage, außerdem Viehweiden verbindet. Das Zieldorf Hülkendonck sieht er in der Gefahr durch durch die fremdartigen Häuser Zugezogener seinen ursprünglichen Charakter zu verlieren.

Hülkendonck und Schanz – fast wie Hönnepel und Rees

Die genannten Orte ähneln sehr stark real existierenden in der Gegend: Hülkendonck und Hönnepel, Schanz und Rees teilen viele Merkmale, „sind aber nicht identisch“, betonte der Autor am Anfang der Lesung. Dennoch mussten die etwa 25 Anwesenden öfter kichern, wenn der Autor allzu bekannte Sprechweisen der Niederrheiner nachahmte, oder von der riskanten Zurechtrückung der Fernsehantenne auf dem Dach berichtete.

So erinnert der Roman auch an die Lebensweise der Hönnepeler in den 1970er- und 80er-Jahren. Denn in der zweiten Perspektive eines sechs oder sieben Jahre alten Jungen in Hülkendonck vertraut dieser den Zuhörern an, heimlich die Tagesschau mitzugucken, vor einem Krieg mit den Russen Angst zu haben und nur mit dem Meerschweinchen Mary eine ansatzweise ähnliche Freundschaft zu haben, wie die Kinder im Fernsehen mit Lassie oder Flipper.

Als Demonstranten auf der Reeser Rheinbrücke „zusammengeknüppelt“ wurden

Der letzte Ausschnitt galt der Perspektive des Protagonisten im Alter von 15 Jahren. Er begegnet einer AKW-Gegnerin und muss diese davon überzeugen, dass er kein Spitzel der Polizei ist. Dann diskutiert der ökologisch-engagierte Junge mit der jungen Frau und zwei weiteren Demonstranten über die beste Taktik den Bau des AKWs zu verhindern und die Befürworter der Kernenergie über die drohende Umweltkatastrophe aufzuklären. Es kommt auch der unkonventionelle Lebensweise der Demonstranten, die fragwürdige Neutralität der Presse zum Thema AKW, die damalige politische Lage und die begrenzt freiheitliche Meinungsbildung zur Sprache.

Zuletzt stellt der Ausschnitt die quälende Frage nach der Rechtfertigung gewaltvoller Verteidigung gegen Polizeigewalt. Christoph Peters verriet, dass er auch über die Demonstration im Jahr 1981 geschrieben hat, in der die Demonstrierenden auf der Reeser Brücke „zusammengeknüppelt“ wurden.

>> Viel Zeit für Gespräche nach der Lesung

Nach der Vorlesung lud der Autor das Publikum zum Gespräch ein. Dabei machte er seinem anfänglichen Versprechen „Mir fällt immer noch was ein“ alle Ehre: Persönlich und ausführlich tauschte er mit einigen Anwesenden Erfahrungen mit dem AKW-Konflikt aus und erzählte von seinem Kunstlehrer Franz Joseph van der Grinten, der dem Autor die Erkenntnis gab, dass er Künstler werden konnte.

Christoph Peters beantwortete Fragen zu seiner Verbindung mit dem Niederrhein und gab zu, davon zu träumen, dorthin zurück zu ziehen. „Fest steht schon, dass mich diese Gegend noch nicht so schnell loslassen wird“, kündigte er auch für seine Bücher an. Sein neues Werk „ Tage in Tokio“ wird noch in diesem Jahr am 20. September erscheinen.