Emmerich. Aus abstrakten Konzepten sind in Emmerich inzwischen einige spürbare Maßnahmen der Wirtschaftsförderung geworden. Sie werden die Stadt prägen.
Die Bemühungen, Emmerichs Entwicklung voranzubringen, waren in den vergangenen Jahren häufig recht abstrakt. Stadtmarketing, Wirtschaftsförderung und Stadtentwicklung wurden häufig mit Konzepten in Verbindung gebracht wie dem ISEK – dem Integrierten Stadtentwicklungskonzept. Oder mit dem Sondervermögen Innenstadtentwicklung. Ausgerechnet jetzt scheinen viele der theoretischen Ideen in der Praxis Früchte zu tragen. Vieles wurde lange vor Corona angestoßen. Aber der Zeitpunkt für spürbare Resultate kommt gelegen, jetzt nach dem Lockdown, wo vieles leichter wird.
WFG organisiert weniger Events selbst
Seit ziemlich genau zwei Jahren ist Sara Kreipe die Wirtschaftsförderin Emmerichs, wie die Geschäftsführerin der Wirtschaftsförderungs- und Stadtmarketing (WFG) GmbH gemeinhin bezeichnet wird. Mit ihrem motivierten Team hat Kreipe, die natürlich erstmal alles kennenlernen musste und sich ein Netzwerk aufbauen musste, die Stoßrichtung der WFG verändert. Weg vom Eventmanagement, lieber andere dazu befähigen und hin zu mehr Wirtschafts- und Handelsförderung.
Erfreulich, dass der WFG hierfür ein höherer Betriebskostenzuschuss gebilligt wurde. Die Resultate seine spürbar: „Wir sind näher an den Unternehmen dran. Es kommen auch immer mehr Anrufe“, freut sich Kreipe. Was schon super in Emmerich läuft, sei die Tourismusförderung, die bei Dr. Manon Loock-Braun „wunderbar platziert“ sei. Hier gehe es vor allem um Qualitätssicherung.
Fünf Arbeitspakete geschnürt
Für die Wirtschaftsförderin ist es eine zentrale Aufgabe, alle Akteure so zusammenzuhalten, dass sie an einem Strang ziehen. Ihr Eindruck ist, dass dies derzeit in Emmerich sehr gut funktioniere: „Viele wollen was bewegen.“
Fünf Arbeitspakete hat die WFG geschnürt, die teilweise auch ineinander greifen: Digitalisierung in Handel und Gastronomie, Geschäftsflächenmanagement, Beratungs- und Förderungsangebote, Steigerung der Aufenthaltsqualität und City-Management.
Digitalisierung in Handel und Gastronomie
Das Thema Digitalisierung, die aus Sicht der WFG ohnehin dringend kommen musste, hat mit dem ersten Corona-Lockdown von heute auf morgen Fahrt aufgenommen. All jene Händler und Gastronomen, die sich bisher noch um jegliche Digitalisierung drückten, durften sich nun ins kalte Wasser geworfen fühlen.
Die WFG lieferte alle nötigen Infos: „Wir haben Homeshopping Emmerich geschaffen als digitales Schaufenster. Und für die Gastronomen Emmerich isst, wo sie online Öffnungszeiten, Lieferangebote etc. hinterlassen konnten“, berichtet Kreipe. Dies sei gut angenommen worden: „Wir haben von keinem gehört, dass es keine gute Entscheidung war. Einige haben so neue Kundenkreise gewinnen können.“
Corona hat Arbeitsalltag vieler Händler auf den Kopf gestellt
Natürlich sei es für viele ein anderes Arbeiten geworden: Wer früher analog arbeitete und im direkten Kontakt zum Kunden seine Stärken wusste, hing nun am Handy, in Chats, postete Fotos in sozialen Medien und telefonierte. Inzwischen fühlen sich viele wohler in diesen Arbeitswelten: „Viele wollen es beibehalten“, hat Kreipe erfahren.
Die WFG hat kostenlose Online-Workshops auf die Beine gestellt zu Themen wie Google my business, Instragram und Facebook oder der Frage, wie ich Inhalte für solche Seiten generiere. „Vielen mussten wir die Hemmung nehmen, sich selbst zu zeigen. Wir haben ihnen geraten authentisch zu sein und es nicht zu kompliziert zu machen. Das haben viele umgesetzt“, schildert Kreipe.
Anfang 2021 wurde das Digimobil gelockt. Eigentlich fährt dann ein Wagen in Emmerich vor. In Corona-Zeiten wurde es ein Online-Angebot, bei dem gezeigt wurde, was es in der digitalen Geschäftswelt noch so gibt: QR-Codes, VR-Brillen, eine Digitale Kasse, die mit einem Warenwirtschaftssystem Basis für eine Web-Shop sein kann.
Bald kommt die individuelle Beratung zur Digitalisierung
In den nächsten Monaten wird der nächste Schritt eingeleitet: individuelle Einzelberatung. „Interessierte können sich melden. Wir haben einen Coach gebucht, der den Händlern über die Schulter guckt und mit ihnen zum Beispiel Google my business einrichtet.“ Hier geht’s also in die Praxis.
Außerdem gehe es in Zukunft darum, On- und Offline-Handel stärker zu vernetzen. Immerhin konnten Anfang 2021 schon vier Einzelhändler dabei unterstützt werden, eine 90-prozentige Förderung aus dem Landesprogramm „Digitaler und stationärer Einzelhandel zusammen denken“ zu generieren. Beratung zu weiteren Förderprogrammen gibt’s bei der WFG auch.
Geschäftsflächenmanagement: „Eine Superchance für Emmerich“
Das Geschäftsflächenmanagement – das schönere Wort im Gegensatz zum negativ behafteten Leerstandsmanagement – wird wie berichtet für zwei Jahre durch die Einzelhandelsberatungsgesellschaft Schneider + Straten begleitet: „Das ist eine Superchance für Emmerich durch Fördermittel Leerstände temporär an Pop-Up-Geschäfte zu vermitteln. Da können sich die Gründer ausprobieren“, so Kreipe. Schließlich sei Emmerich kein leichtes Pflaster. Eine erste Erfolgsmeldung: Im ehemaligen Ladenlokal Et Schüsterken siedelt sich nun ein Florist an.
Die WFG begleite die Neugründungen gerne. So konnte etwa bei Melek Nüsse in der Kaßstraße geholfen werden. Bei der oft nötigen Stellplatz-Abgabe lohne es sich auch, sich gut zu informieren. Manchmal ließen sich Lasten teilen.
Die Vermieter sensibilisieren
Außerdem wird Schneider + Straten bekanntlich die Filialisten kontaktieren, für die Emmerich ein Option sein könnte.
Wichtig sei es auch Vermieter zu sensibilisieren. Diese wohnten oft woanders. „Da gibt es oft Diskrepanzen bei den Mietpreisvorstellungen“, sagt Kreipe. Manuela Sommer von Schneider + Straten sei sehr geeignet dafür, hier zu vermitteln.
Ein Blumenstrauß zur Steigerung der Aufenthaltsqualität
Für die Steigerung der Aufenthaltsqualität kommt ein ganzer Blumenstrauß an Maßnahmen zusammen. Es wird weiterhin viele Events in der Stadt geben, für die gerne externe Veranstalter mit ins Boot geholt werden: Rheinwummern soll wiederholt werden, das Jugendcafé am Brink und die Stadtbücherei zeigen Interesse für Veranstaltungen, die WFG wird Steetmusic, Beer, Food & Friends oder den Lichtermarkt wiederholen. „Oftmals wird das mit dem verkaufsoffenen Sonntag kombiniert“, so Kreipe. Die Termine, die üppiger sind als manche meinen, müssten gut abgestimmt werden.
Die City soll wieder grüner werden. „Hierzu haben wir mit dem Stadtbild-Verein einen Kooperationspartner gefunden“, sagt Kreipe. Wie früher schon mal sollen 2022 wieder Geranien an Laternen in der Stadt aufgehängt werden. Ferner sollen einige begrünte Oasen mit Sitzmöbeln entstehen, wo man entspannen kann.
Wegeführung soll verbessert werden
Hierbei wirkt das City-Management genau so mit, wie bei der geplanten Optimierung der Wegeführung von der Promenade in die Innenstadt: „Viele finden den Weg vom Alter Markt oder vom Christoffeltor zur Kaßstraße nicht. Oder sie gehen am Franz-Wolters-Platz nicht weiter Richtung Kleiner Löwe“, weiß Kreipe. Vielleicht werde der Boden beklebt, aber da sei noch Zukunftsmusik. Für den Kleinen Löwen werde das geplante Fachmarktzentrum an der Mennonitenstraße Synergieeffekte erzielen.
Weiteres Blümchen im Strauß: Die Schaufenster leer stehende Lokale sollten attraktiver gestaltet werden. So nutze zum Beispiel das Geschäft Pusteblume nun das leere Fenster der ehemaligen Bäckerei Karl in der Steinstraße. Ansonsten könne auch eine Beklebung helfen, dass es nicht so öde aussieht. Durch den verstärkten Kontakt mit den Vermietern, sei das netzwerken hier einfacher geworden, meint Kreipe.
City Management legt Verfügungsfonds auf
Neu aufgelegt wird ein Verfügungsfonds mit Städtebaumitteln des Landes NRW: „Das ist ein spannendes städtebauliches Instrument. Investitionen werden zu 50 Prozent gefördert. Zum Beispiel eine Aufstockung der Winterbeleuchtung, das Aufstellen von Bänken, Begrünungen“, erklärt die Wirtschaftsförderin.
Das City Management mit Lena Börsting und einem Kollegen werde sich bemühen, Akteure zu finden, die hierfür die andere Hälfte finanzieren. Zudem müssen Förderrichtlinien verfasst werden. Ein lokales Gremium entscheidet, was gefördert wird. Die Höhe des Fonds ist noch offen, der Rat wird hierzu noch etwa Ende des Jahres involviert.