Emmerich. Corona-Folge: Die Haushaltsreden bleiben diesmal im Rat Emmerich aus. In der NRZ äußern sich die Politiker zum städtischen Zahlenwerk für 2021.
Um die Ratssitzung in Corona-Zeiten möglichst kurz zu halten, verzichten die Fraktionen diesmal auf ihre Haushaltsreden. Trotzdem werden diese gerne zu Protokoll gegeben. Und die NRZ bekommt die Stellungnahmen der Politik zum städtischen Zahlenwerk für 2021 ebenfalls. Hier einige Auszüge:
>> Die CDU priorisiert angestoßene Maßnahmen
Dr. Matthias Reintjes (CDU): „Die Corona-Pandemie hat im Kommunalwahljahr 2020 Prioritäten verschoben und finanzielle Auswirkungen auch für den städtischen Haushalt hinterlassen. Wegfallende Einnahmen, nicht geplante coronabedingte Mehrausgaben, die personalintensive Nachverfolgung etc.. Das Jahr 2021, soviel kann bereits heute gesagt werden, wird an diese Entwicklung anknüpfen.
„Aufgeschoben ist nicht aufgehoben“ gilt für die Kommunalpolitik. Zahlreiche Baustellen und Anträge aus der letzten Legislaturperiode sind noch nicht abgearbeitet. Die CDU-Fraktion hat sich daher in den Haushaltsplanberatungen ganz bewusst darauf konzentriert, bereits angestoßene Maßnahmen zu priorisieren: das Dorfentwicklungskonzept in Praest, den Glasfaserausbau in Emmerich und allen Ortsteilen, die Entwicklung des Wemmer & Jansen-Geländes, die Spielplatzoffensive und schnelle Hilfen für den Einzelhandel in Form des Stadtgutscheins für die Emmericher Gastronomie und den Einzelhandel auf den Weg zu bringen.
CDU hat Bauschmerzen
Die CDU wird dem Haushalt erneut nur mit Bauchschmerzen zustimmen. Wir als CDU stellen uns der Gesamtverantwortung für die Stadt Emmerich, auch wenn wir einige Entwicklungen mit großer Sorge betrachten. Ich verzichte auf lange Ausführungen, nenne aber einige Baustellen, welche neben der Bewältigung der Corona-Pandemie noch offen sind. Was ist mit dem neuen Bürgerbüro? Einer ganzheitliche Planung für das Megaprojekt Gesamtschule? Der Neufassung/Abschaffung der Gestaltungssatzung für die Innenstadt? Die Entwicklung der Rheinpromenade? Kaffeeklatsch? Der Umgestaltung des Dr.-Robbers-Parks und des Schulgeländes in Elten? Der Personal- und Organisationsuntersuchung von Fachbereich 4?“
>> SPD will die positive Entwicklung der Stadt weiterführen
Manfred Mölder (SPD): „Die positiven Entwicklungen der Stadt Emmerich weiterführen – das ist in den letzten Jahren der Leitgedanke unserer Arbeit gewesen. Die großen Projekte, die alle auf einem guten Weg sind, müssen erfolgreich weitergeführt und zu Ende gebracht werden können! Die Entwicklungspotenziale der Stadt liegen in den Schulen. Die Ausgaben für die Ertüchtigung – und das vergessen wir oft, wir ertüchtigen auch alle Schulen, ohne neu zu bauen –, den Ausbau und auch den Neubau der Schulen sind gut angelegtes Geld. Die SPD legt besonderen Wert auf die Digitalisierung an allen Schulen, für alle Schülerinnen, Schüler und Lehrkräfte.
Sehr zufrieden sind wir, dass in diesem Jahr keine Steuererhöhungen oder Reduzierungen bei den freiwilligen Leistungen vorgenommen werden müssen. Das wäre vor dem Hintergrund der Existenzsorgen bei Familien, Vereinen, Handel und Wirtschaft ein Schritt in die falsche Richtung. Wir unterstützen die Bemühungen der Verwaltung eine dringend erforderliche zweite Jugendeinrichtung zu schaffen. Im Vergleich zu Nachbargemeinden hängen wir im Angebot für ältere Jugendliche deutlich hinterher.
SPD wird jegliche AfD-Anträge ablehnen
Zum Schluss versichere ich, dass die SPD-Fraktion keinem AfD-Antrag zustimmen wird und auch jede Verweisung in einen Ausschuss ablehnen wird. Wo AfD drauf steht, ist Rassismus und Menschenverachtung drin. Und davor sollten wir uns hüten.
Im Namen der SPD-Fraktion bedanke ich mich bei allen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern aller Fachbereiche und der verbundenen Unternehmen. Sie alle haben unter den vorherrschenden Bedingungen großartige Arbeit geleistet. Die SPD Fraktion stimmt dem Haushaltsplan mit den Anlagen zu.“
>> Die Grünen sehen die Chance, Emmerich jetzt zu einer grünen Stadt zu machen
Sabine Siebers (Die Grünen): „Klar ist, dass wir die Zukunftsaufgaben angehen müssen, denn einen Stillstand darf es nicht geben. Wir brauchen familienfreundliche Entscheidungen und mehr barrierefreie, bezahlbare Wohnungen. Hier fordern wir eine schnellstmögliche Umsetzung. Unsere Ausgleichsrücklage schmilzt weiter. Dennoch können wir an unseren freiwilligen Leistungen weiter festhalten. Das ist gut so. Aufgrund der vielfältigen Herausforderungen ist auch der Anstieg der Personalkosten unumgänglich.
Viele extreme Wetterereignisse tragen den Fingerabdruck des von Menschen verursachten Klimawandels. In zukünftigen Bebauungsplänen müssen höhere ökologische Standards vorgeschrieben werden. Die Förderung der Fahrradnutzung muss endlich durch die schon längst überfällige Verbesserung des Radwegesystems vorangetrieben werden. Gerade in der jetzigen Coronakrise haben viele den enormen Nutzen von Fahrrädern wieder neu entdeckt. Diesen Mobilitätsaufschwung sollten wir nutzen.
Ein alter Baum kühlt wie 200 Kühlschränke
Nach wie vor erwarten wir eine respektvollere Behandlung unseres alten Baumbestandes und die Neupflanzung möglichst vieler Bäume gerade auch in der Innenstadt. Wir sollten bedenken, dass ein alter Baum eine kühlende Wirkung hat wie 200 Kühlschränke!
Unser Handeln wurde entschleunigt, die Natur wurde wiederentdeckt und mehr gewürdigt. Wir können uns jetzt entscheiden von einer grauen Stadt zu einer grünen Stadt zu werden. Eine Stadt, in der wir uns wieder um unsere Mitmenschen kümmern und in der die Lebensqualität wieder im Vordergrund steht. In diesem Sinne hoffen wir, dass wir alle die uns gebotene Chance nutzen und stimmen dem Haushalt 2021 zu.“
>> Die BGE lehnt den Haushalt 2021 ab
Joachim Sigmund (BGE): „Die BGE lehnt den Haushalt 2021 ab. Er weist mit seiner Veränderungsliste ein strukturelles Defizit von mehr als sechs Millionen Euro aus, welches die großen Emmericher Parteien trotz Corona-Pandemie reflexartig aus der Ausgleichsrücklage bedienen wollen. In der mittelfristigen Finanzplanung sieht es für die kommenden Jahre nicht besser aus. Der Bürgermeister verweigert sich eines zentralen Controllings und eines professionellen Fördermittelmanagements, um die Steuerung des Haushalts im Griff zu behalten. Aber wer denkt heute schon an 2025 und später?
Dass Wunschprojekte des Bürgermeisters und einzelner Parteien wie De Wette Telder, Parkplatzbau oder 2. Jugendeinrichtung nicht einmal ansatzweise in ihrer Priorisierung in Frage gestellt werden, ist mehr als bedenklich. Wichtige Themen wie bezahlbarer Wohnraum, Gewerbeflächenentwicklung, Ausbau Ravensackerweg, Entwicklung des Steintorgeländes oder Lidl-Neubau werden indes auf die lange Bank geschoben. Das Projekt Gesamtschule läuft inzwischen auf mehr als 40 Millionen Euro hinaus.
BGE lehnt jegliche Mehrausgaben ab
Die BGE lehnt es ab, bei einer immens steigenden Verschuldung jegliche Mehrausgaben wie Mindereinnahmen gleich zu Jahresanfang aus der imaginären Ausgleichsrücklage zu bedienen. Was tun wir bei hohen Ausfällen der Gewerbe- und Einkommenssteuer in Zeiten einer sich fortsetzenden Pandemie?
Die BGE fordert von allen Verantwortlichen am Ratstisch ein grundsätzliches Umdenken sowie ein klares Haushaltskonsolidierungskonzept. Das fehlt erkennbar beim Haushalt 2021.“
Informationen zu den Haushaltszahlen folgen.