Emmerich. Die Skepsis steigt: Die Politik hat zur Fortführung des Projektes De Wette Telder in Emmerich noch Beratungsbedarf. BGE beantragt das Ende.
Die BGE-Ratsfraktion möchte einen Schlussstrich unter das Projekt De Wette Telder setzen. Sie beantragt den Projektabbruch, weil es zu teuer wird. Dies möge in der Haushaltsplanberatung berücksichtigt werden. Die NRZ hat auch mit den anderen Fraktionen im Rat gesprochen: Auch bei CDU, SPD und Grünen wird nachgedacht.
Bei hohen Gesamtkosten von inzwischen mehr als zwei Millionen Euro sei das Projekt im Hinblick auf die Situation des Corona-Haushalts 2021 städtebaulich nachrangig zu priorisieren, begründet die BGE. Die Erprobung und Evaluierung eines kommunalen Familienbüros seien an anderer Stelle gewährleistet – etwa an der Steinstraße 10. Das Projekt De Wette Telder sei schnellstmöglich abzubrechen.
Die Kosten liegen schon doppelt so hoch
Ganz konkret: Waren ursprünglich 1,12 Millionen Euro geplant, um aus dem ältesten Gebäude der Stadt eine Begegnungsstätte (samt Familienbüro) zu machen, so geht die aktuelle Planung von 2,45 Millionen Euro aus. Durch den von der Bezirksregierung vorgeschlagenen Wechsel des Förderprogramms werden aber nur 1,33 Millionen Euro an Fördermitteln fließen – vorher 90 Prozent. Somit würde der städtische Anteil von gut 100.000 Euro auf 1,12 Millionen Euro anwachsen.
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Es seien durch die Verwaltung weitere Nutzungsmöglichkeiten zu untersuchen, die eine wirtschaftlichere Nutzung des Gebäudes als bisher zulassen, so die BGE. Die Verwaltung soll beauftragt werden, das Gebäude im Bestand zu sichern, die Fassade zu verschönern und als offenes Schaufenster für ein Baudenkmal zu gestalten. Hierzu seien Haushaltsmittel in Höhe von bis zu 50.000 Euro im Haushalt 2021 abzubilden.
Fraktionschef Joachim Sigmund beschreibt diesen Schritt als „alternativlos“, zumal die BGE seit 2017 auf die Risiken dieses Projektes hingewiesen habe. Die BGE begründet zudem, es fehle eine aktuelle Fördermittelzusage.
Förderung über 1,3 Millionen Euro ist realistisch
Formal stimmt dies zwar, allerdings hat die Stadt ja jüngst erst auf Vorschlag der Bezirksregierung beim Förderantrag einen Wechsel vorgenommen. „Das wäre dann eine Förderung über 1,3 Millionen Euro für die Sanierung und um das Gebäude nutzbar zu machen“, erklärt Stadtsprecher Tim Terhorst. Es steht also auch in Frage, ob mit 50.000 Euro die Herrichtung zum offenen Schaufenster als Baudenkmal überhaupt realistisch ist.
Den Fraktionsspitzen ist mitgeteilt worden, dass die Bezirksregierung mündlich zugesagt habe, an dem Projekt festhalten zu wollen. Der Erhalt von De Wette Telder sei wichtig und die Nutzungsidee für die Öffentlichkeit sei zu begrüßen. Somit sieht es im Moment danach aus, dass die Fördermittel wohl auch genehmigt werden.
Kritische Stimmen in der CDU mehren sich
Die CDU hatte sich seinerzeit für den Erhalt von De Wette Telder eingesetzt. Fraktionschef Dr. Matthias Reintjes räumt nun ein: „Bei uns sehen viele das Projekt kritisch. Da sind einige vom Stuhl gefallen, als sie von der Kostenverdopplung erfahren haben.“
Am Montag werde der Architekt in die Fraktion kommen und näher über die Gründe der Kostensteigerung berichten. Dann werde die CDU das in großer Runde besprechen. Nichtsdestotrotz erachtet Reintjes das Gebäude als absolut erhaltenswert. Vielleicht ließe sich eine Alternative zum Erhalt des Gebäudes entwickeln, ohne die Idee der Begegnungsstätte zu verwerfen.
Manfred Mölder (SPD): „Wette Telder ist wichtig, aber nicht das Wichtigste“
Manfred Mölder, SPD-Fraktionschef, möchte erstmal die tatsächlichen Kosten und die Förderungssumme auf dem Tisch liegen haben: „Dann können wir in der Fraktion darüber sprechen. Die Kostensteigerung hat sich halt im Bau ergeben. Im Moment halten wir an dem Projekt erstmal fest.“ Es sei immerhin das älteste Gebäude der Stadt und das sollte man nicht abreißen müssen. Mit 50.000 Euro, schätzt der Fraktionschef, werde man das Gebäude kaum erhalten können.
Abgesehen davon stimmt Mölder zu, dass man in Corona-Zeiten die Projekte priorisieren müsse: „De Wette Telder ist wichtig, aber nicht das Wichtigste.“
Sabine Siebers (Grüne) erwartet weitere Kostensteigerung
Sabine Siebers, Grünen-Fraktionschefin, kann den Gedankengang der BGE durchaus verstehen: „Wir haben auch geschluckt, als wir von der Kostensteigerung gehört haben. Und ist das das Ende der Fahnenstange? Bei mir hinterlässt das schon ein komisches Bauchgefühl.“ Es sei legitim zu hinterfragen, ob es das wert sei.
Die Grünen würden die Prüfung einer Alternative begrüßen: „Das muss jetzt kein Schnellschuss sein. Das Gebäude hat schon lange vor sich hin gegammelt. Dann kommt es jetzt darauf nicht an. Und an der Steinstraße 10 ist für die Begegnungsstätte ja eine gute, barrierefreie Alternative gefunden worden“, findet Siebers.