Emmerich. Welche Konsequenzen zieht der Zoll aus dem Millionenraub in Emmerich? Antworten darauf bleiben offenbar intern. Die NRZ fragte nach.

Über zwei Monate ist nun der Millionenraub beim Zoll in Emmerich her. Bisher kann Staatsanwalt Günther Neifer noch nicht von neuen Ermittlungserkenntnissen berichten, "aber wir sind guter Dinge", so Neifer zur NRZ.

Das Hauptzollamt Duisburg, zu dem das Zollamt Emmerich gehört, hatte Mitte November eine neue Gefährdungsbewertung angekündigt. Nun hat die NRZ erneut erfragt, welche Folgen der Millionenraub hat. Unsere schriftlichen Fragen lauteten: Inwieweit wurde der Millionenraub aufgearbeitet? Was hat die neue Gefährdungsbewertung ergeben? Ist der Tresorraum wieder in seinen alten Zustand versetzt worden?​ Ist die Lagerung von hohen Geldbeträgen nach wie vor alternativlos beim Emmericher Zoll vorzunehmen oder wurden da Alternativen gefunden? Welche Auswirkungen hat der Emmericher Fall auf andere Zollbehörden landes- und bundesweit?

Sicherheitsvorkehrungen wurden nachhaltig verstärkt

Die Antworten von Sprecherin Anja Turloff-Galetzki deuten nicht darauf hin, dass die Öffentlichkeit aufgeklärt werden soll: "Alle Zoll-Liegenschaften werden regelmäßig einer Sicherheits- und Gefährdungsbewertung unterzogen, wozu auch andere Sicherheitsbehörden einbezogen werden. Nach dem Einbruch in Emmerich wurden unsere Sicherheitsvorkehrungen noch einmal nachhaltig verstärkt sowie eine erneute Gefährdungsbewertung für alle Zolldienststellen vorgenommen.

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Bitte haben Sie Verständnis dafür, dass wir über das Ergebnis oder zu einzelnen Sicherheitsmaßnahmen an unseren Liegenschaften keine Auskünfte erteilen. Gleiches gilt für alle im Zusammenhang stehenden Fragen zu den laufenden Ermittlungen im Einbruchsfall Emmerich.

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Grundsätzlich lagert der Zoll Barmittel nur dann in eigenen Räumen ein, wenn eine anderweitige Möglichkeit beispielsweise die Einlieferung bei Filialen der Deutschen Bundesbank oder Geschäftsbanken nicht möglich ist."

Was ist am 1. November passiert?

Am 1. November sollen laut Polizei drei bislang unbekannte Täter einen Einbruch in das Zollamt in Emmerich professionell geplant und durchgeführt haben. Die Polizei geht davon aus, dass sie mit Hilfe eines Kernbohrers im Keller des Gebäudes in den Tresorraum gelangt sind. Dort entwendeten sie rund 6,5 Millionen Euro Bargeld.

Zeugen hatten gegen 6 Uhr Bohrgeräusche gehört und gegen 10.45 Uhr bemerkt, wie drei dunkel gekleidete Männer mit dunklen Strickmützen das Gebäude am Parkring 6 in Emmerich mehrfach verließen, um einen weißen Transporter mit Schiebetür an der Beifahrerseite zu beladen. Anschließend fuhren sie mit dem Fahrzeug mit Klever Kennzeichen weg.

Ein weiterer Zeuge war auf einen Tatverdächtigen aufmerksam geworden, der zur Tatzeit in der Nähe des Hauptzollamtes auffällig auf- und ablief. Deshalb fotografierte ihn der Zeuge. Der mutmaßliche Täter stieg später in ein Auto und fuhr in die gleiche Richtung, wie zuvor der weiße Transporter.

Die Ermittlungskommission Kern ermittelt

Die Ermittlungen führt die Ermittlungskommission Kern des Polizeipräsidiums Krefeld zusammen mit der Staatsanwaltschaft Kleve durch.

Mit Hilfe des Fotos eines Zeugen fahndet die Polizei öffentlich nach einem der mutmaßlichen Täter. Am Freitag veröffentlichte die Polizei außerdem ein Foto von dem mutmaßlichen Fluchtauto. Dabei handelt es sich laut Polizeiangaben um einen schwarzen Toyota Avensis (Kombi) mit einem Klever Kennzeichen. Es soll sich bei dem Auto um eine sogenannte Komplett-Doublette eines legal existierenden Fahrzeugs handeln.

Die Polizei wurde erst durch Befragungen auf die Zeugen aufmerksam. „Die Zeugin, die die Geräusche gehört hat, konnte diese nicht näher interpretieren“, erklärt die Polizeisprecherin. Erst durch die Veröffentlichung in der Presse habe sie sich gemeldet. Warum der Zeuge, der ein Foto von einem der mutmaßlichen Täter gemacht hat, sich nicht meldete, dazu konnte die Polizei keine Angaben machen.

Millionen als "gegenständliche Beweismittel"

Wieso so viel Geld im Hauptzollamt Emmerich lagerte, wollte ein Pressesprecher des Hauptzollamtes Duisburg auf Nachfrage mit Blick auf die laufenden polizeilichen Ermittlungen zunächst nicht erklären. Nach Informationen der NRZ-Redaktion hatte die Bundespolizei von den 6,5 Millionen Euro 3,5 Millionen „eingezahlt“. Oberstaatsanwalt Günter Neifer konkretisierte dazu, dass im Emmericher Hauptzolllamt 3,7 Millionen Euro Bargeld von der Staatsanwaltschaft Kleve gelagert wurden. „Woher der Rest der Summe stammt, entzieht sich aktuell meiner Kenntnis“, so Neifer. Das für die Staatsanwaltschaft Kleve dort verwahrte Geld stammt unter anderem aus der Überprüfung des grenzüberschreitenden Verkehrs.

Das Geld werde als so genanntes „gegenständliches Beweismittel“ sichergestellt, da sich darauf beispielsweise DNA-Spuren befinden könnten. Die anderen rund drei Millionen Euro sollen nach Informationen der Redaktion aus verschiedenen Verfahren beim Hauptzollamt Duisburg dazu gekommen sein. So eine hohe Summe liegt sonst nicht beim Zoll in Emmerich. Quellen der Redaktion schätzen, dass sonst höchstens mal eine Million Euro dort lagern.

Täter müssen Insider-Wissen gehabt haben

Ein Informant unserer Redaktion erklärte, dass die Täter Insider-Wissen gehabt haben müssten. Denn die Wand, an der gebohrt wurde, sei die einzige Wand ohne Regal gewesen, das bei einem Umstürzen hätte Krach machen können. Außerdem handele es sich um eine hochwassergeschützte Wand, die besonders dick ist.

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„Das liegt auf der Hand. Da gibt es gewisse Indizien, die dafürsprechen“, sagt auch Oberstaatsanwalt Neifer. So sei es auffällig, dass die Täter den Tresorraum direkt gefunden hätten, ohne vorher in andere Gebäudeteile zu gelangen. Auch die ungewöhnlich hohe Bargeldsumme spreche für Insider-Wissen: „Das Risiko, dass man bei so einer Tat eingeht, muss sich lohnen“, erklärt Neifer.

Hohe Summe aus ermittlungstechnischen Gründen erst zurückgehalten

Obwohl der Diebstahl bereits am 1. November geschah, nannte die Polizei zunächst nicht die Summe, die entwendet worden ist. Auch von dem durchbohrten Tresorraum war in einer ersten polizeilichen Mitteilung keine Rede. „Das sind ermittlungstaktische Gründe“, erklärt Neifer. Bei Straftaten mit einem solchen Gewicht würden besondere Maßnahmen ergriffen werden. „Diese Maßnahmen sind durch eine umfassende Berichterstattung gefährdet.“

Die Zollverwaltung hat für Hinweise, die zur Feststellung, Ergreifung und rechtskräftigen Verurteilung des Täters oder der Täter und/oder zur Wiedererlangung der entwendeten Gelder führen, eine Belohnung von 100.000 Euro ausgelobt. Hinweise für die Ermittlungskommission Kern werden erbeten unter 02821/5045200 oder per E-Mail an Hinweise.krefeld@polizei.nrw.de .