Emmerich. Zum 6,5-Millionen-Euro-Raub in Emmerich: Geld wird nur dann in eigenen Räumen des Zolls gelagert, wenn anderweitige Einlagerung unmöglich ist.

Das Hauptzollamt Duisburg , dem auch der Zoll in Emmerich angesiedelt ist, hat sich bisher zum Millionenraub vom 1. November wenig geäußert. Klar, die Ermittlungen der Polizei laufen. „Deshalb können wir uns zu Sachverhaltsdetails, die gegebenenfalls ermittlungsrelevant sein können, nicht äußern“, schildert Pressesprecherin Anja Turloff-Galetzki.

Die NRZ hatte schriftlich Fragen an den Zoll gerichtet: Seit wann lagerten die 6,5 Millionen Euro im Keller des Gebäudes am Parkring? Nach unseren Informationen ist das auch für den Zoll eine sehr hohe Summe, die sonst da nicht lagert. Aus Zoll-Kreisen ist zu hören: Sonst liegen da nicht mehr als eine Million Euro. Stimmt das? Seit wann hat sich die Summe angesammelt? Stimmt es, dass schon länger über einen Ausbau der Sicherheitstechnik diskutiert, aber diese nicht umgesetzt wurde? Wenn ja, warum nicht? Wurde darüber nachgedacht, außerhalb der üblichen Dienstzeiten einen Wachdienst bereit zu stellen? Welche Konsequenzen zieht das Hauptzollamt aus den Geschehnissen?

Sicherheits und Gefährdungslage werde regelmäßig bewertet

Diese Fragen beantwortet der Zoll wegen der laufenden Ermittlungen also nicht im Einzelnen, gibt aber doch zum Teil Auskunft: „Grundsätzlich lagert der Zoll Barmittel nur dann in eigenen Räumen ein, wenn eine anderweitige Einlagerung beispielsweise bei Filialen der Deutschen Bundesbank oder Geschäftsbanken nicht möglich ist.“ Also war die Lagerung in Emmerich alternativlos.

„Alle beim Zoll eingerichteten Liegenschaften werden regelmäßig einer Sicherheits- und Gefährdungsbewertung unterzogen“, heißt es weiter: „Dabei werden unter anderem auch andere Sicherheitsbehörden einbezogen. Dies ist auch in Emmerich erfolgt, wo der Tresorraum mit einer mehrfach gesicherten Stahltür geschützt war, die bekanntlich nur durch eine Kernbohrung umgangen werden konnte.“

Die Lage wird derzeit neu bewertet

„Derzeit wird für alle Zolldienststellen bundesweit aufgrund der aktuellen Geschehnisse eine erneute Gefährdungsbewertung vorgenommen. Gleichzeitig sind die Sicherheitsvorkehrungen, abhängig von den örtlichen Gegebenheiten, nachhaltig verstärkt worden. Sollte sich weiterer Handlungsbedarf aus der aktuellen Gefährdungsbewertung ergeben, werden die erforderlichen Maßnahmen unverzüglich eingeleitet“, schildert Anja Turloff-Galetzki.

Wie berichtet kommt der Millionenraub vor ein Millionenpublikum. Der Raub beim Emmericher Hauptzollamt wird am Mittwoch, 18. November, um 20.15 Uhr in der TV-Sendung „Aktenzeichen XY… ungelöst“ im ZDF aufgegriffen.

Laut Staatsanwalt Günther Neifer sind 90 Hinweise aus der Bevölkerung eingegangen: „Eine heiße Spur ist noch nicht erkennbar, kann aber auch noch nicht ausgeschlossen werden.“ Die Auswertung der Ermittlungskommission Kern sei im Gange. Am Dienstag erklärte Neifer auf Nachfrage, dass sich daraus noch keine neuen Erkenntnisse ergeben haben.

Suche nach einem weißen Transporter

Ausschließen kann Neifer eine Tatbeteiligung des sogenannten „Generals“ , den die Bild-Zeitung ins Spiel brachte. Er soll schon häufiger Einbrüche bei Zollämtern begangen haben. „Da ist nichts dran“, sagt Neifer.

Zudem könne nicht bestätigt werden, dass der Toyota Avensis, der als Tatfahrzeug identifiziert wurde, gestohlen sei: „Wir haben keine Erkenntnisse dazu. Es könnte auch ein Mietwagen sein, ein gekauftes Auto.“ Sicher sei nur, dass es eine Komplett-Doublette von einem anderen existierenden Avensis mit demselben Kreis Klever Kennzeichen sei.

Es waren wohl zwei Fahrzeuge beteiligt

Dieses Auto, so Neifer, hat offenbar ein vierter Tatbeteiligter genutzt, der Schmiere gestanden hat. Inzwischen sucht die Polizei auch nach einem weißen Transporter mit seitlicher Verschiebetür: „Mit diesem Fahrzeug wurde wahrscheinlich das Geld abtransportiert“, erklärt der Staatsanwalt. Zum Kennzeichen gebe es keine Hinweise. Stand Dienstag liegen laut Staatsanwalt Neifer dazu noch keine Hinweise vor.

Sachdienliche Hinweise zu den Fahrzeugen erbittet die Polizei unter 02821/504-5200 oder .

Bei dem 6,5-Millionen-Euro-Raub , bei dem die Unbekannten ein Loch in den Tresorraum des Hauptzollamtes gebohrt haben, müssen die Täter nach NRZ-Informationen Insider-Wissen gehabt haben. Die Polizei fahndet seit vergangenen Mittwoch mit Fotos nach einem der Täter, außerdem haben die Behörden eine Belohnung von 100.000 Euro ausgeschrieben. Das ist der aktuelle Stand der Dinge.

Was ist passiert?

Am 1. November sollen laut Polizei drei bislang unbekannte Täter einen Einbruch in das Zollamt in Emmerich professionell geplant und durchgeführt haben. Die Polizei geht davon aus, dass sie mit Hilfe eines Kernbohrers im Keller des Gebäudes in den Tresorraum gelangt sind. Dort entwendeten sie rund 6,5 Millionen Euro Bargeld.

Zeugen hatten gegen 6 Uhr Bohrgeräusche gehört und gegen 10.45 Uhr bemerkt, wie drei dunkel gekleidete Männer mit dunklen Strickmützen das Gebäude am Parkring 6 in Emmerich mehrfach verließen, um einen weißen Transporter mit Schiebetür an der Beifahrerseite zu beladen. Anschließend fuhren sie mit dem Fahrzeug mit Klever Kennzeichen weg.

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Ein weiterer Zeuge war auf einen Tatverdächtigen aufmerksam geworden, der zur Tatzeit in der Nähe des Hauptzollamtes auffällig auf- und ablief. Deshalb fotografierte ihn der Zeuge. Der mutmaßliche Täter stieg später in ein Auto und fuhr in die gleiche Richtung, wie zuvor der weiße Transporter.

Wer ist für die Ermittlungen zuständig?

Die Ermittlungen führt die Ermittlungskommission Kern des Polizeipräsidiums Krefeld zusammen mit der Staatsanwaltschaft Kleve durch.

Gibt es bereits Hinweise?

Mit diesem Foto fahndet die Polizei nach einem mutmaßlichen Täter.
Mit diesem Foto fahndet die Polizei nach einem mutmaßlichen Täter. © Polizei | Polizei

Mit Hilfe des Fotos eines Zeugen fahndet die Polizei öffentlich nach einem der mutmaßlichen Täter. Am Freitag veröffentlichte die Polizei außerdem ein Foto von dem mutmaßlichen Fluchtauto . Dabei handelt es sich laut Polizeiangaben um einen schwarzen Toyota Avensis (Kombi) mit einem Klever Kennzeichen. Es soll sich bei dem Auto um eine sogenannte Komplett-Doublette eines legal existierenden Fahrzeugs handeln.

Wann haben Zeugen die Polizei alarmiert?

Die Polizei wurde erst durch Befragungen auf die Zeugen aufmerksam. „Die Zeugin, die die Geräusche gehört hat, konnte diese nicht näher interpretieren“, erklärt die Polizeisprecherin. Erst durch die Veröffentlichung in der Presse habe sie sich gemeldet. Warum der Zeuge, der ein Foto von einem der mutmaßlichen Täter gemacht hat, sich nicht meldete, dazu konnte die Polizei keine Angaben machen.

Warum lagerte im Zollamt so viel Bargeld?

Wieso so viel Geld im Hauptzollamt Emmerich lagerte, wollte ein Pressesprecher des Hauptzollamtes Duisburg auf Nachfrage mit Blick auf die laufenden polizeilichen Ermittlungen zunächst nicht erklären. Nach Informationen der NRZ-Redaktion hatte die Bundespolizei von den 6,5 Millionen Euro 3,5 Millionen „eingezahlt“. Oberstaatsanwalt Günter Neifer konkretisierte dazu, dass im Emmericher Hauptzolllamt 3,7 Millionen Euro Bargeld von der Staatsanwaltschaft Kleve gelagert wurden. „Woher der Rest der Summe stammt, entzieht sich aktuell meiner Kenntnis“, so Neifer. Das für die Staatsanwaltschaft Kleve dort verwahrte Geld stammt unter anderem aus der Überprüfung des grenzüberschreitenden Verkehrs.

Das Geld werde als so genanntes „gegenständliches Beweismittel“ sichergestellt, da sich darauf beispielsweise DNA-Spuren befinden könnten. Die anderen drei Millionen Euro sollen nach Informationen der Redaktion aus verschiedenen Verfahren beim Hauptzollamt Duisburg dazu gekommen sein. So eine hohe Summe liegt sonst nicht beim Zoll in Emmerich. Quellen der Redaktion schätzen, dass sonst höchstens mal eine Million Euro dort lagern.

Mit diesem Bild fahndet die Polizei nach dem mutmaßlichen Fluchtfahrzeug.
Mit diesem Bild fahndet die Polizei nach dem mutmaßlichen Fluchtfahrzeug. © Polizei | Polizei

Selbst Banken haben nicht unbedingt eine so große Bargeldsumme in ihren Tresoren liegen, wie Ludger Braam, Pressesprecher der Sparkasse Rhein-Maas, weiß. „Grundsätzlich versuchen wir, unsere Bargeldbestände klein zu halten.“ Darüber hinaus gebe es bei der Sparkasse Rhein-Maas Tresore und Alarmanlagen, die immer auf dem neusten Stand sein müssten. „Wir sind immer im Kontakt mit den Versicherungen, die uns ihre Anforderungen mitteilen“, so Braam.

War die Alarmanlage im Zollamt defekt?

Es gibt das Gerücht, dass die Alarmanlage im Zollamt nicht funktioniert. „Die Staatsanwaltschaft wird sich hinsichtlich der Alarmanlage nicht äußern“, erklärt Neifer und verweist auf die laufenden Ermittlungen.

Hatten die Täter Insider-Wissen?

Ein Informant unserer Redaktion erklärte, dass die Täter Insider-Wissen gehabt haben müssten. Denn die Wand, an der gebohrt wurde, sei die einzige Wand ohne Regal gewesen, das bei einem Umstürzen hätte Krach machen können. Außerdem handele es sich um eine hochwassergeschützte Wand, die besonders dick ist.

„Das liegt auf der Hand. Da gibt es gewisse Indizien, die dafürsprechen“, sagt auch Oberstaatsanwalt Neifer. So sei es auffällig, dass die Täter den Tresorraum direkt gefunden hätten, ohne vorher in andere Gebäudeteile zu gelangen. Auch die ungewöhnlich hohe Bargeldsumme spreche für Insider-Wissen: „Das Risiko, dass man bei so einer Tat eingeht, muss sich lohnen“, erklärt Neifer.

Warum wurden Details zu dem Vorfall erst so spät öffentlich gemacht?

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Obwohl der Diebstahl bereits am 1. November geschah, nannte die Polizei zunächst nicht die Summe, die entwendet worden ist. Auch von dem durchbohrten Tresorraum war in einer ersten polizeilichen Mitteilung keine Rede. „Das sind ermittlungstaktische Gründe“, erklärt Neifer. Bei Straftaten mit einem solchen Gewicht würden besondere Maßnahmen ergriffen werden. „Diese Maßnahmen sind durch eine umfassende Berichterstattung gefährdet.“

Welche Reaktionen hab es auf den Diebstahl?

Die Gewerkschaft der Polizei (GdP) kritisierte nach dem Diebstahl die veralteten Strukturen und die mangelnde Personalausstattung bei der Zollverwaltung. „Die Verwaltung ist im 19. Jahrhundert steckengeblieben; da darf man sich nicht wundern, wenn die Postkutsche überfallen wird“, sagte der Vorsitzende der GdP-Bezirksgruppe Zoll, Frank Buckenhofer. Lesen Sie hier die ganze Geschichte.

Wo können Zeugen sich melden?

Die Zollverwaltung hat für Hinweise, die zur Feststellung, Ergreifung und rechtskräftigen Verurteilung des Täters oder der Täter und/oder zur Wiedererlangung der entwendeten Gelder führen, eine Belohnung von 100.000 Euro ausgelobt. Hinweise für die Ermittlungskommission Kern werden erbeten unter 02821/5045200 oder per E-Mail an Hinweise.krefeld@polizei.nrw.de .