Emmerich. Tiefbau und Planungsamt haben viel zu wenig Fachpersonal. Dadurch bleiben Arbeiten liegen und der Fokus liegt auf dem Wesentlichen.
Zurzeit fokussiert sich Jens Bartel (37) mit seinem Team auf die wesentlichen Aufgaben. Der Fachbereichsleiter für Stadtentwicklung in Emmerich arbeitet seit Wochen und Monaten mit zu wenig Personal in den Bereichen Tiefbau und Bauleitplanung – und dies hat mittlerweile Auswirkungen auf die tägliche Arbeit: Leistungen werden vermehrt vergeben, planungsrechtliche Stellungnahmen gebündelt und neue Planungen und Konzepte erst gar nicht begonnen. Die Emmericher Verwaltung sucht händeringend neues Fachpersonal.
Konkret gibt es zurzeit nur einen Stadtplaner, der sich um viele komplexe Fragen kümmern müsste, aber erst einmal eingearbeitet werden muss. Zudem häufen sich in Emmerich aktuell viele Projekte für die Stadtplanung: das Kasernengelände, den Neumarkt und die Betuwe. Hinzu kommt die Führung des Baulückenkatasters, des Siedlungsflächenmonitorings und die Umsetzung von zahlreichen Konzepten, u.a. Vergnügungsstättenkonzept, Fuß- und Radwegekonzept, Insektenfreundliches Emmerich , Klimaschutzkonzept. Nicht zu vergessen: Die normalen Bebauungsplan- und Flächennutzungsplan-Änderungen.
Viele Vorgänge werden komplexer
Aber nicht nur in der Bauleitplanung spitzt sich die Lage zu. Jens Bartel erklärt, warum die Rahmenbedingungen insgesamt in seinem Fachbereich nicht einfacher geworden sind: „Wir haben mit komplexeren Vorgängen zu tun, mit mehr Bauanträgen und mehr Beratungsbedarf.“ So könne er erkennen, dass die gewollte Konzentration im Innenstadtbereich häufig mit einer Umnutzung im bestehenden Gebäuden einhergeht oder mit einer Nachverdichtung. Dafür müssen meist Auflagen beim Brandschutz und der Bauordnung eingehalten werden – und dies koste mehr Zeit in der Beratung.
So führt der Fachbereich jährlich 3500 bis 4000 Bauberatungen durch. Das sind bei 220 Arbeitstagen im Jahr durchschnittlich 17 Fälle am Tag. Bartel stellt fest, dass in der Coronazeit auch die Zahl der Schwarzbauten zugenommen habe. Die Leute seien mehr zu Hause, starteten ein neues Projekt oder Nachbarn beschweren sich über unerlaubte Anbauten wie Schuppen, Zäune, Überdachungen oder zu große Gartenpools. Auch dies müsse die Verwaltung kontrollieren.
Mehr Vorgänge müssen bearbeitet werden
Bartel kann diese Tendenz mit Zahlen untermauern: Gibt es normalerweise 1200 bis 1400 Vorgänge (Baugenehmigungen, ordnungsbehördliche Vorgänge, Auskünfte) im Jahr, seien es im November 2020 bereits 1600 gewesen. Auch die Bußgeldverfahren haben sich in diesem Jahr von fünf auf zehn verdoppelt. „Im Bausektor ist ordentlich was los“, sagt er.
Um das tägliche Verwaltungsgeschäft dennoch reibungslos verlaufen zu lassen, wurden Beratungszeiten gebündelt, Sprechstunden für Sachbearbeiter eingeschränkt und Anfragen beim Planungsrecht zusammengelegt. Im Bereich Tiefbau, wo aktuell anderthalb Stellen fehlen, werden nur die zeitlich drängenden Vorhaben bearbeitet und die Bauleitungsfunktionen werden vergeben. „Auch einige Straßenbaumaßnahmen wurden in der Prioritätenliste verschoben“, sagt Bartel.
Outsourcing macht auch Arbeit
Welchen Ausweg gibt es aus der aktuellen Situation? Die Vergabe von Planungsleistungen an externe Büros sei auch nicht ganz ohne Arbeit zu haben. Neben den erhöhten Kommunikationsbedarf mit den Büros muss die Verwaltung genaue Vorgaben machen für Planungsziele, Ausschreibung, Vergaben, es müssen Unterlagen bereit gestellt werden und Abstimmungen erfolgen. „Auch Planungsbüros haben nicht immer sofort Zeit“, weiß Bartel. Außerdem sind diese eingekauften Leistungen deutlich teurer, als wenn ein städtischer Mitarbeiter sie übernehmen würde.
Die Emmericher Stadtverwaltung hat bereits mehrere Bewerbungsrunden durchlaufen. Allerdings gestalte sich die Suche nach studiertem Fachpersonal sehr schwierig. Ein Stadtplaner oder ein Raumplaner mit dem entsprechenden Studium seien oft nicht zu bekommen. Zudem könne man als Stadtverwaltung nicht außertariflich vergüten. Für Jens Bartel gibt es in der Stadtverwaltung zwar noch keine „Weltuntergangsstimmung“, „aber es muss besser werden.“ Einen Lichtblick gibt es bereits: Anfang des Jahres wird eine neue Mitarbeiterin im Bereich Tiefbau beginnen.
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