Emmerich. Der „World Fish Migration Day“ macht auf Wanderfische aufmerksam. Die lange Trockenheit wirkt sich auf das Leben der Tiere aus, auch in Emmerich.

In Gummistiefeln stapft Sebastian Wantia vom Naturschutzzentrum Kreis Kleve über die matschige Wiese hoch bis zur Dornicker Schleuse, klettert durch eine kleine Absperrung und blickt schließlich auf die Fischtreppe. Das schlechte Wetter an diesem Tag macht ihm nichts aus, ganz im Gegenteil. „Eigentlich freue ich mich über den Regen“, sagt er. Denn von dem gab es in den vergangenen Wochen und Monaten viel zu wenig. Und das hat auch Auswirkungen auf die Wanderfische, auf die der heutige „World Fish Migration Day“ aufmerksam machen soll.

Sebastian Wantia vom Naturschutzzentrum Kreis Kleve informiert über den „World Fish Migration Day“.
Sebastian Wantia vom Naturschutzzentrum Kreis Kleve informiert über den „World Fish Migration Day“. © FUNKE Foto Services | Rainer Hoheisel

„Bei Wanderfischen denken die meisten direkt an Aal oder Lachs“, weiß Wantia. Tausende Kilometer legen die Tiere zurück, um an einem passenden Ort zu laichen und anschließend wieder zurückzukehren. Das Phänomen gibt es aber auch in kleineren Maßen, praktiziert von heimischen Arten wie Brassen oder Hechten. Im Frühjahr wandern die Fische üblicherweise in die ruhigen Nebengewässer wie in den Bienener oder Grietherorter Altrhein, wo sie sich fortpflanzen können. Denn, das erklärt der Experte: „Der Rhein fließt zu schnell durch.“

Natürlicher Kreislauf durch Deiche unterbrochen

Im Herbst geht es dann für die Jungtiere in den Rhein, Grund dafür sind die besseren Nahrungsgrundlagen im großen Fluss. Dort bleiben sie, bis sie zum Ablaichen wieder auf Wanderschaft gehen. Es ist ein ewiger Kreislauf, der hunderte von Jahren problemlos funktioniert hat. Doch dann kam der Mensch, der im Rahmen des Hochwassermanagements lange Deiche erbaut und damit Nebengewässer vom Rhein abgetrennt hat. Die Dornicker Schleuse lässt zwar Wasser durch, doch die Höhendifferenz zwischen Altrhein und Hauptstrom stellt für die Fische ein unüberwindbares Hindernis dar.

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Deshalb gibt es hier seit gut zwanzig Jahren eine Fischtreppe. Reihen aus Steinen bilden mehrere Wasserbecken mit einem Höhenunterschied von jeweils nur zehn Zentimetern, so dass die Tiere problemlos den Weg passieren können. Nicht wie Lachse über die Steine springend, sondern eher durch die Steinlücken schlängelnd. Wenn denn genug Wasser vorhanden ist. Zurzeit ist die Schleuse zwar offen, die Fischtreppe aber bleibt trocken. „Zu dieser Jahreszeit ist das nicht hundertprozentig außergewöhnlich“, betont Wantia. „Aber das Ausmaß ist den drei Hitzesommern geschuldet.“

Klimawandel verschärft Situation der Wanderfische

Konkret bedeutet die Trockenheit für die Fische, dass sie nicht auf Wanderschaft gehen können. „Dann fehlt von Brassen zum Beispiel ein Teil der Generation“, sagt Wantia. Aus ökologischer Sicht sei das erst einmal nicht weiter dramatisch. „Das gleicht sich über die Jahre wieder aus.“ Nur längerfristig könnte das die Population nachhaltig beeinflussen. Und mit Blick auf den Klimawandel ist die Sorge berechtigt, dass sich die Lage in den kommenden Jahren weiter verschärft. Kein Wunder also, dass sich der Experte an diesem Tag über etwas Regen freut. Dafür nimmt er gerne matschige Gummistiefel in Kauf.

>>> World Fish Migration Day

Der „World Fish Migration Day“ findet alle zwei Jahre statt, um auf die Notwendigkeit von durchgängigen Gewässern aufmerksam zu machen. Verschiedene Vereine und Organisationen laden dann zu thematisch passenden Veranstaltungen ein.

Das Naturschutzzentrum Kreis Kleve hatte bereits vor zwei Jahren eine Exkursion zur Fischtreppe an der Dornicker Schleuse veranstaltet, bei der die Teilnehmer die Fischwanderung selbst beobachten konnten. In diesem Jahr muss die Exkursion wegen des geringen Wasserstandes jedoch ausfallen.

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