Emmerich. Montessori-Pädagogik gewinnt an der Gesamtschule Emmerich an Bedeutung. Warum eigenständiges Lernen für Schule auf Distanz wichtig sein kann.

Die Bestrebungen, die Montessori-Pädagogik an der Gesamtschule Emmerich weiter zu etablieren, sind auf einem guten Weg. Satte 20 Lehrer, das ist gut ein Drittel des Kollegiums, absolviert seit Mitte 2019 einen Montessori-Zertifikatskurs: „Da kann man schon stolz sein“, sagt Wolfgang Tyssen, seit 2018 stellvertretender Schulleiter, der den Montessori-Gedanken an der Schule einführte.

Das Prinzip des kollaborierenden Arbeitens, bei dem Schüler sich Themen in Kleingruppen erarbeiten, kann der Gesamtschule in Corona-Zeiten noch sehr zugute kommen, glaubt Tyssen. Studien belegten, dass in Einzelarbeit gute Schüler gute Leistungen und schlechte Schüler schlechte Leistungen ablieferten. In Gruppenarbeit ab drei Schülern falle die Gesamtleistung besser aus: „Sie fangen an, Fragen zu stellen und Ideen auszutauschen. Davon profitieren alle.“

Mehr Zeit, um Schüler anzusprechen

Und deshalb sagt Tyssen mit Blick auf Corona: „Wer selbstständiges Lernen auf Distanz erreichen will, muss das jetzt starten und einüben. Zentral sei dabei aber den Kontakt zu den Schülern zu pflegen. An der Gesamtschule fangen auch deshalb die Lehrer inzwischen um 7.50 Uhr an, zehn Minuten früher. Nur um die Schüler besser beobachten und ansprechen zu können, so Tyssen.

Interessant ist auch, dass im Zuge des Zertifizierungskurses in Corona-Zeiten das Kollegium über die Webinare, die in der Zeit stattfanden, das kollaborierende Arbeiten selbst einüben konnten.

Montessori-Raum zwischen den Klassen

Auch räumlich nähert sich die Schule den Montessori-Bedürfnissen an. Die Klassen fünf und sechs liegen auf einem Flur. Dazwischen liegt ein Montessori-Raum mit etlichen Materialien, die zum eigenständigen Lernen anregen. Hier wird ein große Bandbreite vorgehalten – inklusive Geologie und Himmelskunde. Und was es nicht gibt, kann digital gefunden werden.

Warum ist das in Bausteinen gegliederte Material so wichtig? „Es baut aufeinander auf. Ein sehr individuelles Lernen ist möglich“, erklärt Tyssen. Zum einen würden so schwächere Schüler abgeholt, zum anderen böte es stärkeren Schülern die Möglichkeit zur Steigerung.

Dem Schüler in seinem Interesse keine Grenzen setzen

Tyssen nennt ein Beispiel: Ein Fünftklässler habe sich so sehr für Hunderassen interessiert, dass er sehr tief eingetaucht sei in die Materie. „Er hat einen Stammbaum der Hunderassen recherchiert. Da sind wir schon bei der Evolutionstheorie, die eigentlich in Klasse 9 gelehrt wird“, verrät Tyssen. Am Gymnasium sei eine individuelle Vertiefung dieser Art kaum möglich, weil es das Maß an Freiunterricht der Gesamtschule nicht gebe, ist Tyssen überzeugt.

Besonders freut es Tyssen, dass die Volksbank Emmerich-Rees als Kooperationspartner ihre Unterstützung auf 2200 Euro erhöht hat, um weitere Montessori-Materialien anzuschaffen.

Oberstufe kann zwei Rückkehrer begrüßen

Und wie steht’s um die neue Oberstufe? Es läuft. Inzwischen zählt sie 45 Schüler: „Zwei ehemalige Schüler, die ihr Abitur am Berufskolleg in Wesel machen wollten, sind zurückgekehrt“, berichtet Tyssen. Ihnen fehlte die persönliche Betreuung, die sie an der Gesamtschule gewohnt waren: „Sie sagten, sie seien dort nur eine Nummer gewesen.“

>> Montessori-Beratung für Eltern der Viertklässler

Die Gesamtschule bietet Eltern der heutigen Viertklässler zudem eine Montessori-Beratung an. „Die Eltern haben spezielle Fragen zu Montessori im Allgemeinen, aber auch im Bezug auf ihre Kinder. Ich habe an einer Realschule, am Gymnasium und an der Gesamtschule unterrichtet und gebe eine ehrliche Einschätzung, ob diese Pädagogik für das jeweilige Kind passend sein könnte“, verspricht Tyssen. Gerade noch schüchterne Kinder blühten an der Gesamtschule häufig auf. Wer ständig an Regeln erinnert werden muss und laufend gesagt bekommen muss, was er zu tun hat, werde womöglich Probleme kriegen. Die Montessori-Pädagogik bietet Freiräume, diese sollten nicht negativ ausgenutzt werden.

Beratungen finden am 9. Oktober, 12 bis 14 Uhr; 4. November, 14 bis 16 Uhr; 5. November, 13.30 bis 15 Uhr; 11. November, 14 bis 16 Uhr; und 12. Dezember, 13.30 bis 15 Uhr, statt. Im Sekretariat unter 02822/75-5300 kann ein halbstündiger Termin vereinbart werden.

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