Emmerich. CDU-Bürgermeisterkandidat Matthias Reintjes meint, Peter Hinze habe Emmerichs Chance auf einen ICE-Halt vertan. Aber es gab gar keinen Beschluss.
Hat Bürgermeister Peter Hinze Emmerichs Chance auf einen ICE-Halt versaut? So zumindest stellt es CDU-Bürgermeisterkandidat Dr. Matthias Reintjes dar. Er spricht von einer „Totalblamage für Emmerich auf allen Ebenen“. Der Euregiorat habe sich stattdessen für den ICE-Halt in Wesel ausgesprochen.
Bürgermeister Peter Hinze, der zu der Zeit der Verlautbarungen von Reintjes erkrankt war und die ausgelöste Lawine kaum stoppen konnte, ist stocksauer. Denn die Faktenlage sei anders. Der Euregiorat hat in seiner Sitzung am 4. Juni tatsächlich keinen Beschluss gefasst. Die Städte Arnheim und Nimwegen würden einen ICE-Halt in Düsseldorf bevorzugen. Es gibt weiteren Redebedarf.
Pikanter Brief spiegelt Diskussion im Euregiorat nicht wider
Unglücklich ist, dass die Geschäftsstelle der Euregio Rhein-Waal, unterschrieben von Sjaak Kamps und Ulrich Francken (CDU), im Anschluss einen Brief an das deutsche und das niederländische Verkehrsministerium geschickt hat. Der wegen der uneinheitlichen Diskussion im Euregiorat diplomatisch verfasste Brief enthält allerdings einen pikanten Nebensatz, den Wesel als favorisierter Ort für den ICE-Halt nennt. Wörtlich: „Eine neue, schnelle internationale Bahnverbindung Amsterdam-Utrecht-Arnhem-Duisburg-Berlin würde die Wirtschaftskraft der Grenzregion weiter verstärken. Eine gute Anbindung des Niederrheins, Oost-Gelderlands und des Kreises Borken, zum Beispiel über einen ICE-Halt im Weseler Raum, wäre dabei sicher zu stellen.“
Hier hätte zwingend „Wesel und/oder Emmerich“ stehen müssen: „Ich bin schon etwas irritiert darüber, dass ein solcher Brief nach einem derartigen Diskussionsverlauf die Euregio-Geschäftsstelle verlässt, ohne dass dies nochmal mit den Ratsmitgliedern rückgekoppelt wird“, erklärt Peter Hinze. Emmerich kämpfe seit zehn Jahren für den ICE-Halt. Das sei auch bei der Euregio bekannt. Ulrich Francken habe derweil zugesichert, dies nochmal im Euregio-Vorstand zur Sprache zu bringen.
Für Emmerich ist bisher kein Schaden entstanden
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Aber Hinze stellt klar: Es sei kein irreparabler Schaden für Emmerich entstanden. Es sei viel wichtiger, die Deutsche Bahn von der Sinnhaftigkeit zu überzeugen. Hintergrund der aktuellen Diskussion ist das Programm zur Taktverdichtung des Verkehrsministerium mit dem Titel Deutschlandtakt. Hierbei, so Hinze, gebe es keine einhellige Meinung, ob auf der ICE-Strecke zwischen Amsterdam und Berlin weitere Haltepunkte Sinn machten. „Die Niederländer wollen die Fahrzeit eher noch verkürzen“, schildert Hinze. Wo die Haltepunkte liegen und wer diese bediene, sei übrigens in einem Deutsch-Niederländischen Staatsvertrag geregelt.
Fakt sei, dass die Niederländer ihre Fahrzeiten nicht verkürzen könnten, „weil der ICE-Halt in den Takt des Regionalverkehrs eingebunden ist“, sagt Hinze. Die Nachbarn müssten also die gesamte Planung auf den Kopf stellen. Unrealistisch. Ferner wollen die Niederländer statt Amsterdam-Berlin eher Amsterdam-Brüssel ausbauen.
Die Deutsche Bahn hat derzeit eine andere Priorität
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Zugleich sehe die Deutsche Bahn die oberste Priorität im Ausbau der Strecke Hamm-Bielefeld-Hannover im Zuge des Deutschlandtakts: „Bevor das nicht steht, macht man sich über Amsterdam-Berlin keine Gedanken“, versichert Hinze. Der Bürgermeister weiß dies, weil er mehrfach Gespräche mit der Deutschen Bahn darüber und über den Bahnhof Emmerich geführt habe. In beiden Themen habe es bisher kein Vorankommen gegeben. Ähnliche Erfahrungen hätten auch die CDU gemacht, etwa durch den Bundestagsabgeordneten Stefan Rouenhoff.
Peter Hinze wollte ursprünglich sehr wohl zu der Sitzung des Euregiorates, der 55 Kommunen auf beiden Seiten der Grenze vertritt, gehen. Er hätte auch als Stellvertreter Manfred Mölder (SPD) oder Werner Spiegelhoff (CDU) entsenden können. Aber dann spitzte sich ein anderes Thema zu. In der Corona-Krise erreichte die Auseinandersetzung mit dem Landrat zu den Tests der Leiharbeiter der Fleischindustrie ihren Höhepunkt: „Ich habe entschieden, ich muss hier bleiben“, sagt Hinze der NRZ. Es gebe Momente, „da muss ich als Bürgermeister in meinem Kalender halt Prioritäten setzen“. Daraus möchte die CDU ihm nun einen Strick drehen. Übrigens habe Honorarkonsul Freddy Heinzel (CDU) in der Sitzung auch nicht Emmerich zur Sprache gebracht.
>> Hinze ärgert sich über „Wahlkampfgetöse“ von Matthias Reintjes
Das Verhalten von Matthias Reintjes erachtet Peter Hinze als „reines Wahlkampfgetöse“. Dieser hatte die Situation als „echten Rückschlag“ für Emmerich dargestellt. Andere sprangen auf den Zug auf. Wie etwa Gerd Bartels, UWE-Fraktionschef, der Hinzes Fehlen bei der vermeintlich entscheidenden Sitzung als „böses Eigentor“ bezeichnet.
Adalbert Niemers, stellvertretender Vorsitzender des Nabu-Kreisverbandes, hob die Bedeutung einer Verbesserung des ÖPNV hervor, um die Verkehrswende im Sinne des Klima- und Artenschutzes sowie einer Senkung der Stickstoffemissionen zu schaffen. „Für ca. 230.000 Menschen im Umkreis von 15 km um den Emmericher Bahnhof von Kleve bis Montferland und von Zevenaar bis Rees ist der ICE der einzige Fernverkehrszug in gut erreichbarer Nähe, vorausgesetzt, er hält im Emmericher Bahnhof“, heißt es weiter.
Resolution der CDU-Fraktion
Die CDU-Fraktion Emmerich hat derweil einen Resolutionsantrag gestellt. Die Formulierung: „Der Rat der Stadt Emmerich am Rhein weist mit Nachdruck gegenüber der Deutschen Bahn (DB) und der Euregio Rhein-Waal auf die seit Jahren andauernde breite politische Forderung unterschiedlicher politischer Ebenen und Parteien hin, in Emmerich einen ICE- bzw. IC-Halt einzurichten. Gerade vor dem Hintergrund der Lasten, die die Stadt Emmerich am Rhein und der Kreis Kleve durch den Bau der Betuwe-Linie trägt, sollte die Forderung nach einem ICE- bzw. IC-Halt in Emmerich am Rhein aufrechterhalten werden. Nicht zuletzt in Gesprächen mit ortsansässigen Unternehmen spielt eine direkte Fernverkehrsanbindung von Emmerich immer wieder eine bedeutende Rolle, zumal bereits noch vor einigen Jahren eine solche Anbindung bestanden hat.“
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