Rees. Im Bauausschuss wurde die Umbenennung von Erich-Feyerabend-Straße in Anne-Frank-Straße beschlossen. Dazu beziehen jetzt die Anwohner Stellung.
In der vergangenen Sitzung des Bauausschusses in Rees stand die Umbenennung der Erich-Feyerabend-Straße in Anne-Frank-Straße auf der Tagesordnung. Wie die NRZ berichtete, waren Bündnis90/Die Grünen auf die NS-Vergangenheit des in Rees geborenen Malers, Zeichners und Grafikers Erich Feyerabend gestoßen und hatten die Umbenennung beantragt, die im Bauausschuss einstimmig beschlossen wurde. Dazu haben sich jetzt Anwohner der Straße in einer öffentlichen Stellungnahme geäußert:
„Die Überraschung war groß, als wir Anwohner der Erich-Feyerabend-Straße im März durch die Presse von der geplanten Namensänderung unserer Straße erfuhren. Am Pfingstwochenende konnten wir dann in der Zeitung lesen, dass die Umbenennung in Anne-Frank-Straße im Bauausschuss beschlossen wurde und den Grünen für diese Initiative Dank gebühre.
Dankbarkeit hält sich in Grenzen
Erich Feyerabend war Grafiker, Maler und Zeichner
Erich Feyerabend kam 1889 in Rees zur Welt. Er machte sich einen Namen als bedeutender Grafiker, Maler und Zeichner.
Von 1937 bis 1944 war er in allen großen Kunstausstellungen im Haus der Deutschen Kunst in München vertreten. Bis Kriegsende war er Professor der Kunstakademie in Stuttgart, wurde dann aber wegen seiner politischen Vergangenheit nicht weiter beschäftigt. Er verstarb am 18. Oktober 1945.
Im Jahr 1933 wurde er Mitglied einer SS-Motorradstaffel.
Unsere Dankbarkeit hält sich in Grenzen. Die sachlichen Gründe, die für eine Umbenennung der Straße sprechen, sind durchaus nachvollziehbar. So wie Erich Feyerabend sollten nun auch weitere Namensgeber für Reeser Straßen wie Helmut Liesegang und Carl Orff einer kritischen Prüfung unterzogen werden, denn auch sie unterstützten das nationalsozialistische Regime aktiv und wurden dafür von Hitler persönlich ausgezeichnet.
Es ist wichtig, sich in der Öffentlichkeit immer wieder mit den Handlungen historischer Namensgeber auseinanderzusetzen und zu prüfen, ob deren Werte mit unseren heutigen Maßstäben übereinstimmen. Wenn das nicht der Fall ist, müssen Konsequenzen gezogen werden.
Anwohner wurden nicht in Entscheidungsprozess einbezogen
Viele Anwohner der Erich-Feyerabend-Straße haben aber gerade diese öffentliche Auseinandersetzung vermisst. Immerhin wurde unsere Nachfrage von einigen Stadtvertretern ernst genommen und trotz des akuten Corona-Krisenmanagements ausführlichst von der Kulturamtsleiterin, Frau Mölleken, beantwortet. Es ist aber bedauerlich, dass ausgerechnet die Parteien, die im Rat unermüdlich mehr Transparenz und Bürgerbeteiligung einfordern, es offenbar nicht für nötig hielten, die betroffenen Anwohner - oder die Reeser Bürger insgesamt - frühzeitig in diesen Entscheidungsprozess einzubeziehen.
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Sie hätten erfahren können, dass manche von uns über die Relevanz von Erich Feyerabends Rolle im Nationalsozialismus gern diskutiert hätten. Wie in vielen anderen Städten wäre es auch sinnvoll, über Alternativen des kritischen Gedenkens nachzudenken, die kostengünstiger und effektiver wären, als einen unliebsamen Namen durch die Umbenennung einer Straße aus dem Gedächtnis zu streichen.
Anwohner hätten Alternativvorschläge geliefert
Zu guter Letzt hätten wir auch Alternativvorschläge zur neuen Namensgebung gehabt: Es gab zahlreiche Reeser Bürger jüdischen Glaubens, die sich um unsere Stadt verdient gemacht haben und ebenso wie Anne Frank zu Opfern des nationalsozialistischen Regimes wurden. Viele von ihnen wären würdige Namensgeber, die zugleich einen direkteren Bezug zur Stadt Rees haben als die Frankfurter Familie Frank. Die Initiatoren der Namensänderung haben ebenso wie der Rat eine Chance vertan, gemeinsam mit mündigen Bürgern eine aktive, kritische Erinnerungskultur in der Stadt Rees zu gestalten. Stattdessen gab es einen Verwaltungsakt von oben nach unten. Schade.“
Die Familien Brolle, Haan/ Wiegelmann, Hein, Krebs, Urselmann