Haldern. Die Schweine am Altenheim in Haldern können erst einmal bleiben. Im Januar treffen sich Heimleitung, Kreis und Nachbar, um eine Lösung zu finden.

Die NRZ-Berichterstattung hat große Wirkung gezeigt. Ein Dorf kämpft um den Erhalt der Tierhaltung am Alten- und Pflegeheim St. Marien. Und das vermutlich mit Erfolg.

Am gestrigen Donnerstag meldete sich der ehemalige allgemeine Vertreter des Landrates, Wilfried Suerick, bei Geschäftsführer Johannes Fockenberg. Suerick teilte im Auftrag des Kreises mit, dass Anfang Januar weitere Gespräche folgen werden und man gemeinsam versuchen werde, einen Kompromiss zu finden. Auch in der Kreistagssitzung am Donnerstag sei das Thema Tierhaltung am Altenheim zur Sprache gekommen.

Keine Hetze betreiben

Das hatte auch Nadine Sperling mitbekommen. Via via Facebook hatte sie eine Demonstration zum Erhalt des Tierparks angeregt. Sie schrieb nun: „Die zwei Schweine aus dem Seniorenheim müssen erstmal nicht weg, der Kreis Kleve möchte eine positive Einigung auf allen Seiten. Die Frist zur Abgabe der Schweine ist erstmal aufgehoben und nach Weihnachten werden sich die verantwortlichen Mitarbeiter vom Kreis Kleve, die Leitung vom Seniorenheim und die angrenzenden Nachbarn treffen, um eine Lösung zu finden.“

„Den Nachbarn ‘stören’ lediglich die Schweine“, erklärt sie weiter, „die erst im Frühjahr dort eingezogen sind, was man eventuell bis zu einem gewissen Maß auch verstehen kann. Der Rattenschwanz danach war nicht seine Absicht. Daher die Bitte, die Familie in Ruhe zu lassen und keine Hetze zu betreiben, das nützt niemanden, es schadet nur! Die Demonstration ist daher erstmal abgesagt und falls sie doch nötig werden sollte, werden wir aktiv werden.“

Kleine Kinderdemo für den Erhalt des Tierparks

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Eine kleine Kinderdemo veranstalteten zuvor die Waldzwerge, deren Kindergarten in St. Marien angesiedelt ist, als der WDR zwecks Berichterstattung auf dem Gelände war. Nicht vor laufender Kamera, wohl aber stimmgewaltig. Sowohl Ortsvorsteher Theo Kersting, als auch Vertreter von SPD und FDP sprachen bereits am Tag nach der Berichterstattung in St. Marien vor, um sich selbst ein Bild zu machen.

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Nach Bürgermeister Christoph Gerwers haben auch SPD-Bürgermeisterkandidat Bodo Wißen, SPD-Vorsitzende Karl van Uem, Johannes Beenen und Klaus Nattkamp sowie Maria Dähn und Eva Friedmann Johannes Fockenberg kontaktiert. Ihnen erläuterte Fockenberg, dass er einen Anhörungsbogen vom Kreis erhalten habe, in dem der sofortige Vollzug des Entzugs der zwei Wollschweine angedroht wird.

Für den Vollzug braucht es eine sehr gute Begründung

Doch dieser ist jetzt erst einmal vom Tisch. Bodo Wißen hat eine Reihe von Argumenten gesammelt: „Der Kreis weist darauf hin, dass Tierhaltung im Wohngebiet nicht erlaubt sei. Die Baunutzungsverordnung des Landes NRW sieht ausdrücklich eine Ausnahme und damit die Möglichkeit der Tierhaltung für soziale, gesundheitliche und kirchliche Zwecke vor. Alles drei trifft hier zu,“ so der ehemalige Landtagsabgeordnete. Er deutete auch die Möglichkeit an, den Petitionsausschuss des Landtags mit der Angelegenheit zu befassen. Schließlich seien auch Fördermittel der EU- und des Landes in die Tierhaltung am Altenheim geflossen.

Die Senioren schauen gerne nach den Wollschweinen und verweilen am Gehege.
Die Senioren schauen gerne nach den Wollschweinen und verweilen am Gehege. © St. Marien Haldern

Wichtig sei ihm das Gespräch auch mit den Personen gewesen, die die Beschwerde an den Kreis veranlasst haben. „Ich will beide Seiten hören. Daher habe ich vor und nach dem Termin mit Herrn Fockenberg mit den Beschwerdeführern gesprochen,“ so Wißen.

Gespräch mit dem Beschwerdeführer

Positiv sei, dass auch die Beschwerdeführer die Bedeutung, die die Tiere für die Kinder im Kindergarten und die Bewohner des Altenheims haben, ausdrücklich anerkennen.

„Mein Eindruck ist, dass Kompromisse auch nach Erteilung einer Ausnahmegenehmigung möglich sind. Wir leben glücklicherweise in einem Rechtsstaat. Selbstverständlich haben die Beschwerdeführer jedes Recht, sich an den Kreis zu wenden. Dafür sollte man sie weder in den sozialen Medien, noch im wirklichen Leben verunglimpfen, wie es teilweise geschehen ist. Wir sollten alle mehr miteinander als übereinander reden. Beide Seiten sollten ein Stück weit aufeinander zugehen. Im Lindendorf hat man solche Fragen früher bei einer Tasse Kaffee oder bei einem Bierchen geklärt. Daran sollten wir uns gelegentlich erinnern,“ findet Bodo Wißen.

Auch die FDP fordert den Erhalt des Tiergeheges

Tanja Hinz, Heinz Schneider und Clemens Willing von der FDP Rees unterstützen ebenfalls den Erhalt „dieser sinnvollen Einrichtung“ und damit auch die Petition „Rettet die Tiere vom St. Marien Altenheim Haldern“. Ihre Argumentation: „Unsere Gesellschaft ist für Tierschutz, möchte das Klima positiv verändern und prangert die mangelhafte Unterstützung unserer Senioren durch Staat und Politik an. Direkt vor unserer Haustür hätte im Falle des St. Marien Altenheim in Haldern und ihrer Tiere bewiesen werden können, dass es anders geht.“

„Fakt ist, der Stall für die Wollschweine ist rechtswidrig errichtet worden; überschreitet zudem Bebauungsgrenzen“, so die FDP, bevor eine Lösung in Sicht war: „Das heißt, der Stall muss weg. Für die Tiere gibt es inzwischen Asylangebote. Zudem ist die Viehhaltung in diesem Umfang in einem Wohngebiet nicht zulässig. Zum anderen besticht unsere Heimat durch ihr landwirtschaftlich geprägtes Bild. Was also muss getan werden?“

Auch die Stadt muss reagieren

„Jedenfalls hilft es niemandem weiter, den Ball ins Feld des Kreises zu spielen und so zu tun, als ginge es die Stadt nichts an. Im Gegenteil: Gerade die Stadt hat zu lange diese rechtsunsichere Situation zugelassen.
Der richtige Weg ist jetzt schnellstens festzustellen, welche Möglichkeiten es gibt, die Haltung der Tiere am Altenheim rechtskonform zuzulassen“, monierten die Liberalen.

„Und wenn es dazu einer Bebauungsplanänderung bedarf, dann muss das angegangen werden“, erklärt die FDP, „bis dahin muss in Absprache mit dem Kreis als Genehmigungsbehörde eine Duldung erzielt werden. Seit Jahrzehnten dient der kleine Tierpark nicht nur für heilpädagogische Zwecke sondern ist viel mehr auch ein Wahrzeichen in Haldern für Jung und Alt.“