Haldern. Tiere haben im St. Marien in Haldern Tradition. Nun müssen die Schweine weg. Womöglich auch alle anderen Nutztiere. Ein Nachbar beschwerte sich.

Die Halderner sind entsetzt. Seit 1888 gehören Nutztiere zum „Inventar“ des damaligen Krankenhauses. Als es in ein Alten- und Pflegeheim St. Marien umgewandelt wurde, blieb der Tierbestand erhalten. Denn immer war es der Leitung wichtig, Tiere mit in das Betreuungskonzept einfließen zu lassen.

Gerüche, Geräusche, Staub: Ein Nachbar hat sich beschwert

Das soll sich nun ändern. Wenn nichts passiert, müssen am 6. Dezember die beiden Wollschweine geschlachtet werden. Und das ist vielleicht erst der Anfang vom Ende. Waren es früher Pferde, Hühner und Schweine, die von den Mitarbeitern des Krankenhauses vorsorgt wurden, hat sich hier im Laufe der Jahrzehnte ein kleiner Tierpark entwickelt, mit Esel, Alpakas, Ziegen, Vögel, Hühnern und den besagten handzahmen Hängebauchschweinen.

Und eben diese haben den Ärger ausgelöst. Ein Nachbar fühlte sich von ihnen belästigt. Im Sommer haben sie Staub aufgewirbelt, sie quieken manchmal laut, sollen stinken und daher weg. Nach dieser Einwendung hat die Heimleitung einen höheren Zaun gesetzt, um die Beschwerden abzufedern. Zudem hat sie den Aufsichtsrat und das Ordnungsamt der Stadt Rees eingeschaltet.

Nutztierhaltung ist im Wohngebiet nicht erlaubt

Die Tierhaltung ist für das Halderner St. Marien-Altenheim ein wertvoller Bestandteil des pädagogischen Konzeptes.   
Die Tierhaltung ist für das Halderner St. Marien-Altenheim ein wertvoller Bestandteil des pädagogischen Konzeptes.   © St. Marien

Bei einem Ortstermin gab es seitens der Stadt Rees keine Beanstandungen. Also schaltete der Nachbar, dessen zwei Grundstücke an das Altenheimgelände grenzen, den Kreis Kleve ein. Und der fand gleich zwei Haare in der Suppe. Drei Garagen stehen auf der Grenze, an einer Garage ist der zwei Quadratmeter große Stall angesetzt.

Damit sind die neun zulässigen Meter überschritten. Der Stall muss weg. Was aber nicht das eigentliche Problem darstellt, denn diesen könnte man an anderer Stelle neu bauen. Aber genau das geht nicht. Denn laut gültigem Bebauungsplan ist hier reines Wohngebiet und nach der Bauordnung NRW sind Stallgebäude und Tierhaltung unzulässig. Daher müssen der Stall und die beiden Schweine weichen.

Ist ein Bestandsschutz denkbar?

Bisher bezieht sich die Einzelfallentscheidung nur auf die Beseitigung der Schweinehaltung. Doch was bedeutet das für die übrigen Tiere? Muss diese Verordnung dann nicht zwangsläufig für alle anderen Tiere auch gelten? Die Frage ist: Kann bauordnungsrechtlich Bestandsschutz eingeräumt werden?

Der Park der Generationen ist mit Fördermittel des Landes angelegt worden. Die Tiere, die am Haus gehalten werden, wurden dank Spenden angeschafft. Sie geben den Bewohnern, die vielfach selbst mit Tieren groß geworden sind, ein Stück Heimat zurück. „Bewohner und Ehrenamtliche sind entsetzt“, erzählt Sozialarbeiter Norbert Müsch.

Die Bewohner mögen die Tiere sehr

„Es wäre für uns ein riesiger Verlust. Es gibt Bewohner, die bitten uns darum, dass die Bäume so beschnitten werden, dass sie vom Fenster aus die Tiere beobachten können, den Esel, die Alpakas.“ Schließlich betreibe man keine Tierzucht, sondern binde die Tierhaltung in das pädagogische Konzept mit ein. „Wir knüpfen damit an die Biografie unserer Bewohner an“, betont Müsch.

Und was sollen erst die Kinder sagen? Schließlich ist der Waldzwerge-Kindergarten ebenfalls in St. Marien untergebracht. Auch dessen Leiterin Anja Ferschweiler ist entsetzt: „Die Kinder haben ganz viele Namen für die Schweine eingereicht und besuchen mindestens einmal in der Woche die Tiere.“

Fockenberg: Altenheim brauchen eigenen Rechtsrahmen

Mal eben die Esel füttern, dafür lassen sich die Bewohner des Altenheimes St. Marien leicht begeistern.
Mal eben die Esel füttern, dafür lassen sich die Bewohner des Altenheimes St. Marien leicht begeistern. © St. Marien

Der Geschäftsführer von St. Marien, Johannes Fockenberg, weiß, dass er sich an geltendes Gesetz halten muss, wenn nicht von irgendwoher Hilfe kommt. „Ich mache mich strafbar, wenn ich nicht am 6. Dezember, so die Fristsetzung, die Schweine entfernt habe. Uns fehlt eine Lobby. Wenn man immer nur an solchen Positionen festhält, dann dürfen wir uns nicht beschweren, wenn Altenpflege nur noch in viereckigen Glaskästen stattfindet. Es braucht einen Rechtsrahmen, nämlich Ausnahmegenehmigungen für Altenheime.“

Petra Herbst vom Kirchenvorstand hat die NRZ informiert und die Frage gestellt: „Wie kann man den Bewohnern und den Kindern helfen?“

In der ganzen Diskussion geht es übrigens nur um die Nutztierhaltung. Haustiere wie Hunde und Katzen dürfen sehr wohl gehalten werden.