Emmerich. Seit April ist Thomas Selders Geschäftsführer von drei Emmericher Stiftungen. Fachkräftemangel sei deutlich spürbar und erfordert Gegenmaßnahmen.

Als der Kevelaerer Thomas Selders die Stellenanzeige für einen hauptamtlichen Geschäftsführer der Katholischen Waisenhausstiftung in Emmerich gesehen hat, da musste er sich eingestehen, noch nie von diesem Arbeitgeber gehört zu haben. Der 37-Jährige beschäftigte sich mit der Stiftung, bewarb sich erfolgreich und ist seit dem 1. April im Amt. Gerade noch rechtzeitig, um von Hans-Jürgen Kraayvanger, seinem nebenberuflich tätigem Vorgänger, eingearbeitet zu werden.

Erst heute kann Thomas Selders beurteilen, dass er da einen Volltreffer gelandet hat. So habe er in der rund 250-köpfigen Belegschaft viele Mitarbeiter kennengelernt, „die an der Front tolle Arbeit leisten. Es beeindruckt mich, welch gute Leute wir haben, die immer wieder schwierige Situationen meistern“.

Frühzeitig bei Nachwuchskräften Fuß in die Tür bekommen

Dass es mit den guten Mitarbeitern so bleibt, sei auch gleich eine Herausforderung der Gegenwart: „Wir merken den Fachkräftemangel deutlich“, so Selders. Die Stiftung versucht bei potenziellem Nachwuchs frühzeitig den Fuß in die Tür zu bekommen. Etwa indem angehende Sozialpädagogen der Hochschulen in Arnheim und Nimwegen studienbegleitend eingebunden werden. Auch das Freiwillige Soziale Jahr bietet die Stiftung an.

Thomas Selders hat zuvor in der Wallfahrtsgemeinde St. Marien Kevelaer als Rendant gearbeitet.
Thomas Selders hat zuvor in der Wallfahrtsgemeinde St. Marien Kevelaer als Rendant gearbeitet. © Funke Foto Services GmbH | Thorsten Lindekamp

In diesem Kontext sei es auch wichtig, die Waisenhausstiftung, die in Emmerich durchaus einen guten Namen genießt und sich als Kitt der Gesellschaft etabliert hat, überregional als Arbeitgeber bekannter zu machen: „In Emmerich sind wir eine Marke, aber in Kevelaer hat man nie etwas von der Stiftung gehört“, zieht Selders die Parallele zur eigenen Bewerbungserfahrung.

Früher Rendant der Kevelaerer Wallfahrtsgemeinde

Zugleich ist Selders auch Geschäftsführer der Gasthausstiftung und der Hoppen- und Hompheus-Stiftung geworden – eigenständige Stiftungen, deren Verwaltung aber durch die Waisenhausstiftung bewerkstelligt wird.

Thomas Selders ist Diplom-Wirtschaftsingenieur. Nach seiner Zeit als Unternehmensberater hat er drei Jahre als Rendant bei der Kirchengemeinde St. Marien in Kevelaer gearbeitet, also der großen Wallfahrtsgemeinde, wo er sich ums Personalwesen und die Finanzen kümmerte. Als Vater von zwei kleinen Kindern treibe es ihn auch an, sich beruflich um junge Familien zu kümmern. Deshalb interessierte ihn die neue Stelle.

Der Kapitalmarkt macht es den Stiftungen schwerer

Als Geschäftsführer hat er natürlich die Vermögensverwaltung im Blick. Die Stiftungen besitzen Immobilien, auch in Erbpacht. „Mit den Erträgen tun wir Gutes, entsprechend der Stiftungszwecke“, sagt Selders. In der aktuellen Niedrigzinsphase sei es auf dem Kapitalmarkt schwerer Erträge zu erzielen – ein allgemeines Problem für Stiftungen. Um so spannender sei es, mit den Partnern – der Stadt, dem Jugendamt, den Kitas und Schulen – Verträge auszuhandeln, die für alle Seiten auskömmlich sind.

„Wir freuen uns natürlich weiterhin über Spenden“, unterstreicht Thomas Selders. Wegen der jahrhundertealten Stiftungstradition in Emmerich – die Gasthausstiftung ist die älteste im Regierungsbezirk Düsseldorf – herrsche da in Emmerich eine günstige Kultur vor.

Alle Emmericher Schulen werden im Ganztag betreut

Bekanntlich ist die Waisenhausstiftung gerade in den vergangenen 30 Jahren enorm gewachsen. Neben der Betreuung der Waisen im St. Elisabeth-Heim, womit es ja ursprünglich mal anfing, ist die Stiftung heute Träger der Kita Arche Noah. Die Hoppen- und Hompheus-Stiftung ist zudem Träger der Kita Sterntaler.

Die Waisenhausstiftung betreut inzwischen den Offenen Ganztag in allen Emmericher Schulen, in je einer Grundschule in Rees und Kranenburg, an allen drei Grundschulen in Kalkar sowie an allen weiterführenden Schulen von Rees, Kalkar und Kranenburg. Erweiterungen seien nicht ausgeschlossen: „Wenn es eine neue Ausschreibung gibt, beschäftigen wir uns damit“, sagt Selders.

Alle Bereiche sollen näher zusammen rücken

Ferner begleitet die Stiftung auch junge Erwachsene, etwa im Trainingswohnen. Auch Eltern-Kind-Plätze, meist für junge Mütter, würden vorgehalten. In der Außenwohngruppe an der Hansastraße sind vor allem unbegleitete minderjährige Flüchtlinge untergebracht.

Selders, der durch Norbert Pastoors (primär Vorstand des St. Anna-Stiftes Goch) in der Geschäftsführung unterstützt wird, hat seit seinem Dienstantritt alle Standorte besucht, sich „reingefuchst“, wie er sagt, einen guten Überblick gewonnen. Er sei bemüht, eine gemeinsame Identität zu stiften, die verschiedenen Bereiche näher aneinander zu rücken. Er nehme die Stiftung wie das Logo wahr, das aus einem Herz mit verschiedenfarbigen Punkten besteht. Zusammen ergibt es ein schönes Bild.