Rees. Dr. Bruno Ketteler war der erste Reeser Bürgermeister, der direkt vom Bürger gewählt wurde. Wie die Bilanz dieser Neuordnung heute aussieht.
Vor 20 Jahren endete mit der Kommunalwahl 1999 die Doppelspitze von ehrenamtlichem Bürgermeister und Stadtdirektor als Verwaltungschef in NRW. Seitdem wird der Bürgermeister direkt gewählt. Der erste direkt gewählte Bürgermeister von Rees war am 12. September 1999 Dr. Bruno Ketteler (CDU), der die Wahl mit 69 Prozent gewann.
Mit dessen Amtseinführung im Oktober 1999 wurde der damalige Stadtdirektor Gerd Klinkhammer verabschiedet, der sich in besonderer Weise für die Stadt Rees verdient gemacht hat und sich großer Beliebtheit erfreute. Der damalige Bürgermeister Willi Buckermann übernahm das Amt des Vize-Bürgermeisters bis zu seinem Tod 2004.
Damalige Doppelspitze arbeitete hervorragend zusammen
Doch hat sich die Abschaffung der Doppelspitze bewährt? Dr. Bruno Ketteler war ursprünglich ein Gegner dieser Reform, begründet durch seine Erfahrungen in Bedburg-Hau und besonders in Kevelaer mit der damaligen Doppelspitze. „Es war eine eingespielte Mannschaft, die hervorragend gearbeitet hat zum Wohle der Stadt.“
Auch in Rees funktionierte das Gespann mit Stadtdirektor Gerd Klinkhammer und Bürgermeister Willi Buckermann sehr gut. „Im Nachhinein muss ich sagen, dass die Zusammenlegung zwar sehr zeitaufreibend ist und viel Kraft bindet, was auch zu Lasten der Familie geht, aber die politische Verantwortung und Power zu haben, ist hoch interessant und bietet viel Gestaltungsmöglichkeiten.“
Auch interessant
Vor 20 Jahren war Bruno Ketteler der jüngste Bürgermeister im Kreis Kleve. Sein heutiges Plädoyer: „Die Parteien sollten bei der Auswahl für das Bürgermeisteramt stärker darauf achten, dass die Kandidaten qualifiziert sind, eine Verwaltung mit 100 Mitarbeitern und mehr führen können und über einen vernünftigen Sachverstand verfügen.“
Gefahr einen nicht fachkundigen Bürgermeister zu bekommen
Mariehilde Henning, stellvertretende Bürgermeisterin, übernahm dieses Ehrenamt 2004. „Wir haben als Stadt Rees das große Glück, dass wir mit Bruno Ketteler und Christoph Gerwers zwei Juristen an der Spitze unserer Stadt hatten und haben, die ihr Handwerk verstehen und sich bestens in der Verwaltung auskennen. Aber es kann ja genausogut sein, dass jemand gewählt wird, der keine Fachkenntnisse hat.“ So jemand müsse dann viele Aufgaben delegieren oder sich teures Fachwissen einkaufen. „Wenn er schwerpunktmäßig Repräsentationspflichten übernimmt, ist er nicht mehr als ein Frühstücksdirektor. Daher finde ich die alte Lösung besser“, zieht Mariehilde Henning ein persönliches Resümee.
„Beide Bürgermeister haben sich sehr eingebracht und viele Termine selbst übernommen.“ Doch durch die Tätigkeit in übergeordneten Gremien wie Städtegemeindebund etc. würden sie durch die stellvertretenden Bürgermeister mehrfach im Monat vertreten, mindestens einmal in der Woche, so Henning.
Harry Schulz ist seit 20 Jahren stellvertretender Bürgermeister
Harry Schulz ist 30 Jahre für die SPD im Stadtrat, davon 20 Jahre ehrenamtlicher stellvertretender Bürgermeister. „Ich habe die jetzige Lösung immer als positiv empfunden. Allerdings ist es uns als SPD nicht gelungen, den Bürgern zu vermitteln, dass wir hier nicht klassische Parteipolitik machen, sondern wir Dinge im Rat beschließen, die sich unmittelbar auf den Geldbeutel der Bürger beziehen.“
Was mit einem hauptamtlichen Bürgermeister vielleicht besser gelinge. „Ich bin heute der Meinung, dass ein Bürgermeisterkandidat im Verwaltungsgeschäft zuhause sein muss. Daher haben wir uns für Bodo Wißen entschieden, der Erfahrungen in NRW-Ministerien und bei der EU gesammelt hat.“
Und das sagt der amtierende Bürgermeister
Und was sagt der amtierende Bürgermeister Christoph Gerwers? „Die Abschaffung der Doppelspitze bietet Vor- und Nachteile zugleich. Durch die repräsentativen Aufgaben, die ich als Bürgermeister zu erfüllen habe, bleibe ich immer im Kontakt zu den Bürgern. Gerade in einer kleinen Stadt wie Rees ist dieser Kontakt nicht nur schön, sondern für meine tägliche Arbeit auch sehr wertvoll. Andererseits binden diese Aufgaben aber auch viel Zeit, so dass ich dann zu anderen Zeiten meine Arbeit im Rathaus erfüllen muss. Regelmäßig komme ich so auf 60 bis 70 Wochenstunden, was schon eine starke Belastung ist“, so Gerwers.