Haldern. Giant Rooks erweisen sich am Donnerstag beim Haldern Pop als echte Hauptattraktion. Erste Tendenz beim Festival: Ein Rockruck geht durchs Dorf.
Der Donnerstagabend setzte beim Haldern Pop Festival – präsentiert von der NRZ – das fort, was sich tagsüber schon anbahnte. Der erste Tag war genial. Starke Bands, sehr angenehmes Wetter, entspannte Besucher – das große Wiedersehen. Am späten Abend bewiesen vor allem Giant Rooks, aber auch Faber, dass sie echte Hauptacts sind. Insgesamt ist stilistisch spürbar, dass es rockiger geworden ist – ein Rockruck geht durchs Dorf.
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Vor zwei Jahren spielten Giant Rooks noch im kleinen Tipi hinten auf dem Festivalgelände. Vergangenes Jahr schaffte die Formation aus Hamm es ins Spiegelzelt. Und jetzt durften sie als eine der Hauptattraktionen auf der Hauptbühne ran. „Es ist uns eine Ehre, dass wir jetzt wieder hier spielen dürfen“, sagte Sänger Frederik Rabe, dessen Stimme noch rauchig-reifer geworden ist.
Faber kommt frisch vom Ostsee-Strand
Die kompositorisch frühreife Band überzeugte mit beeindruckender Bühnenpräsenz und Hymnen, die viele mitsingen konnten. Der Indie-Pop, der von einer großartigen Lichtshow untermalt wurde, zaubert den Massen ein Lächeln ins Gesicht. Ein verdienter Aufstieg. Mal wieder erzählt Haldern Pop eine Geschichte konsequent zu Ende, wobei der Weg der jungen Giganten noch längst nicht am Ende sein dürfte.
Beim Urlaub an der Ostsee weilte Faber, als plötzlich Haldern Pop anrief. Nach dem Ausfall von Dermot Kennedy musste ein weiterer Hauptact her. Und so stand der Schweizer mit seiner Band nur allzu gern erneut auf der Bühne an der Lohstraße. Für das Publikum ein Gewinn, freuten sie sich doch viel mehr auf den sympathischen Filou. Der Chanson-Pop mit Anleihen aus anderen Stilrichtungen kommt gut an. Auch jene, die gerne pfiffige Texte hören, genießen die Wortspiele. Besonders der Posaunen-Part würzt die Musik.
Ein Hauch von Wacken beim Haldern Pop
Dieser Gerry Cinnamon hat den Schalk im Nacken: „ Wie geht es euch, Düsseldorf?“, fragt der Schotte doch ernsthaft. Wenn er sonst zwischendurch mit seinem starken schottischen Akzent etwas erzählt, gucken sich die Leute fragend an und lachen. Nichts zu verstehen. Sehr wohl aber, wenn er seine herrlichen, eingängigen Folk-Melodien singt. Die Stimme allein macht’s aus. Ansonsten ist nur seine Gitarre, mal eine Mundharmonika und der per Fußpedale generierte Beat zu hören. Letzterer ist irgendwann doch recht monoton. Man wünscht ihm eine Band.
Apropos Rockruck - da gibt es gleich mehrere Beispiele: Ein Hauch von Wacken wehte am Donnerstag über das Haldern Pop Gelände, als Kadavar ihre satten Gitarrenriffs bretterten. 70er-Hardrock, lange Mähnen, komplett in Schwarz gekleidet: Da war Mattenschwingen beim Publikum angesagt, sofern man denn eine hat. Handwerklich 1A gespielt.
Abgründe bei Black Midi und Gewalt tun sich auf
Wer seine Schwiegermutter mit seinem Musikgeschmack beeindrucken will, spielt ihr nicht Black Midi vor. Dieser pseudo-hippe, aber irgendwie auch beeindruckende Krach ist herrlich abgründig und destruktiv. Andere Künstler kreieren, die Londoner zerstören.
Robottenhafte Hymnen für die Verstoßenen der Gesellschaft brachten Gewalt um Mitternacht zu Gehör. Sie zelebrieren diese ungute Bauchgefühl, das sich beim Zuhören eigentlich breit machen sollte. An der Spitze der Meister-Provokateur Patrick Wagner (ehemals Surrogat).
Die Band Thirsty Eyes überzeugt
Überraschend gut war der Auftritt von Thirsty Eyes im Spiegelzelt. Die Österreicher spielen diesen coolen Surf-Rock. Aber ihre Saitenexzesse werden nie breiig, sie spielen die Nuancen schön heraus. Ein bisschen Gockelpose dazu und schon hat man das stimmige Erlebnis.
Auch diese Gruppe rockte, aber die Stimme stand im Fokus: Another Sky-Sängerin Cathrin Vincent entführt die Zuhörer im Jugendheim mit ihrem wahnsinnig guten androgynen Gesang in verschiedene Welten. Je nachdem, ob sie hoch oder tief singt. Diese Stimme sucht ihresgleichen. Stark, wie die Gruppe Intensitäten variiert.
Wie Palace an die frühen Coldplay erinnern
Selbst eine eher jazzige Formation wie Robocobra Quartet rockten das Spiegelzelt. Besonders stark kamen die Passagen mit Bläsern rüber. Der Rockruck wird am Freitag sicher seine Fortsetzung finden mit Gruppen wie Idles, Fontaines D.C. oder The Chats.
Und Palace zum Auftakt im Spiegelzelt? „Palace erinnern mich von den Melodien und der Intensität total an die frühen Coldplay.... Super!“, lobte Mike Lemaczyk, ein erfahrener DJ.
Für den Freitag deuten sich auch Regenschauer an. Es wäre wohl ein Wink des Schicksals, wenn der Auftritt von Father John Misty um 20 Uhr erneut total verregnet wäre. Spätestens zu den Idles um 0.30 Uhr wäre Toben im Matsch ja wieder passend.