Rees. . Bäcker Gerads aus Rees führt 25 Cent Pfand auf Coffee-to-go-Becher ein. Auch Plastiktütchen könnten verschwinden – wenn Kunden dies wollen.
Hans Gerads ist kein „Superöko“. Der rustikale Bäckermeister aus Rees sagt beizeiten wo die Hacke am Stiel hängt: „Ich ärgere mich einfach maßlos über den ganzen Müllrummel“, sagt er. Um etwas dagegen zu unternehmen müsse man kein Moralapostel sein und auch kein Grüner mit Jutetasche, sondern einfach seinen Menschenverstand einschalten. Hans Gerads will mit seiner Bäckerei dazu beitragen, dass weniger Müll in Umlauf kommt. Als erste Maßnahme hat er zu Beginn des Monats ein freiwilliges Pfand für Coffee-to-go-Becher eingeführt. Die Begeisterung beim Kunden halte sich noch in Grenzen. „Es läuft mau an. Gut zehn Prozent machen mit“, sagt Gerads.
Geteilte Meinungen beim Pfand
Trotzdem ist er überzeugt davon, dass auch seine Bäckerei etwas zur Müllvermeidung beitragen kann. In Kürze möchte er für den beschichteten Pappbecher einen Vollplastikbecher einführen, der sich auch wiederbefüllen lässt. Der Vorteil des Vollplastikbechers sei ein besseres Recycling, sagt Horst Diesel, ehemaliger Präsident des Verbandes kommunale Abfallwirtschaft und Städtevereinigung, der das Beispiel von Gerards lobt. Die Pfand-Idee sei bislang einmalig und ein Pilotprojekt in Deutschland.
Vom Thema Pfand ist Christian Heicks von der Bäckerei Heicks & Teutenberg wenig begeistert: „Das ist ein System, welches sich in der Branche nicht durchgesetzt hat“, sagt er. In seinen Filialen gibt es kompostierbare Coffee-to-go-Becher, die man im Biomüll entsorgen könne. Wer in eine Filiale von Heicks komme, der könne auch seinen eigenen Becher mitbringen oder einen Mehrwegbecher des Hauses nutzen: „Wir schenken auch nach“, sagt der Unternehmer. Allerdings sei das bislang beim Kunden noch gar kein Thema.
Das Thema Müllvermeidung ist auch für das Unternehmen aus Kleve wichtig: „Wir denken immer wieder darüber nach, wie wir Müll vermeiden können. Denn Müll ist teuer. Aber dies muss auch vom Kunden akzeptiert werden“, sagt Heicks.
500 Milliarden Plastikverpackungen
Jürgen Tenter, Vorsitzender des Verbandes Das bessere Müll- und Pfandsystem, setzt auf die Pfandartikel. Nur diese würden ein sauberes Recycling gewährleisten. „Wir produzieren in Deutschland 3,2 Millionen Tonnen Kunststoffmüll. Das sind 500 Milliarden Kunststoffverpackungen im Jahr. Und nehmen wir die Papierverpackungen noch hinzu, dann reden wir über eine Billionen Verpackungen im Jahr“, sagt Tenter.
Plastikwahn in Deutschland
Die Deutschen sind Weltmeister bei der Produktion von Plastikmüll. „Das ist zu einer richtigen Manie geworden“, ärgert sich Horst Diesel. „Selbst die Trauben im Supermarkt, die bereits verpackt sind, kommen noch in ein Plastiktütchen“, sagt er.
Der Abfallexperte sieht viele Möglichkeiten der Müllvermeidung. Wichtig seien positive Beispiel, die sich am Markt auch durchsetzen.
Bäcker Gerads könnte sich noch weitere Aktionen vorstellen. Gleichwohl ist nicht alles erlaubt. Wer etwa mit einem Stoffbeutel zur Filiale komme, der darf diesen Beutel nicht ohne weiteres über die Ladentheke reichen – aus hygienischen Gründen. Bäckereien dürfen daher keine Stoffbeutel mit Brötchen oder Brot befüllen. Gleiches gilt für das Einschenken von Kaffee in mitgebrachten Kaffeebechern.
Brot geht auch in eine Papiertüte
Beim Thema Plastikbeutel gebe es noch Spielraum. Bislang wird nahezu jedes Brot in einen Polybeutel verpackt. Dabei könnte man Brote auch in Pergament-Tüten oder Wachspapier einwickeln. „Die halten zwar nicht ganz so frisch wie ein Plastikbeutel, aber es geht“, sagt Gerards. Eine Umstellung hält er für schwierig: „Die Leute wollen ihr Brot nun mal geschnitten haben. Und in Papier gehüllt trocknet das Brot schneller aus“, sagt er.
Ähnlich sieht das auch Christian Heicks. Wer möchte, der kann das Brot auf Verlangen auch immer in Papier überreicht bekommen. Allerdings gebe es kaum eine Nachfrage. „Für uns steht an erster Stelle die Qualität. Und in einem Polybeutel hält das Brot länger frisch.“