Emmerich/Rees. . Familie Deinat aus Pfalzdorf nimmt gefährliche Hunde, aber auch Fundtiere aus Emmerich auf. Die Stadt lobt die gute Zusammenarbeit.

Sie leben nicht selten in fragwürdigem Milieu. Das galt auch für Bo, einem Mastino Napoletano, der seit vorigem Jahr im Tierheim der Familie Deinat in Pfalzdorf seinen Zwinger hat. „Bo stammt aus dem Bordell in Emmerich, das 2015 von SEK-Beamten gestürmt wurde. Dabei ist ein American Stafford erschossen worden. Bo, der sich anders als sein vierbeiniger Freund ruhig verhielt, hat’s überlebt“, weiß der Leiter des Fachbereichs 6, Hans-Ulrich Runge. Heute lebt der damals traumatisierte „Listenhund“, wie gefährlich eingestufte Vierbeiner im Amtsdeutsch bezeichnet werden, im Tierheim Pfalzdorf. Dorthin schickt die Stadt mittlerweile auch ihre Fundtiere.

Die Kooperation für „Listenhunde“ existiert seit Januar 2008. „Seitdem haben wir einen Vertrag mit Familie Deinat. Und es läuft ausgezeichnet“, sagt Runge, in der Stadtverwaltung zuständig für Bürgerservice und das Ordnungswesen. Denn Ortrud und Walter Deinat, beide ausgewiesene Fachleute in Sachen Hund, kümmern sich eben nicht nur um Katzen, Frettchen, Vögel und harmlose Hunde, die abgegeben werden, sondern auch mit Herzblut um gefährliche Vierbeiner.

Von einer diplomierten Biologin mit Schwerpunkt Zoologie unterstützt

„Wenn uns das Ordnungsamt oder die Polizei anruft, kommen wir mit unserer Hundebox und holen die Tiere ab“, erzählt der 63-jährige lizenzierte Hundeführer. Was alles andere als ungefährlich ist. Gebissen wurden die Deinats schon oft. Angst hat das Ehepaar, das immer wieder von Tochter Eva-Maria, einer diplomierten Biologin mit Schwerpunkt Zoologie unterstützt wird, dennoch nicht.

Trotzdem zieht der gebürtige Mainzer, der mit Familie und zurzeit 13 Hunden seit 15 Jahren in Pfalzdorf an der Heidfeldstraße 14 lebt, mittlerweile nicht nur mit einem selbstgebauten Fanggerät, sondern auch mit Schutzanzug los, wenn er mal wieder einen Mastino Napoletano, einen Mastiff, Pitbull oder Bull-Terrier abholen soll. „Ist schon ein besseres Gefühl“, findet seine Gattin, während beide Pfeife-rauchend im Holzhaus sitzen, das sich mitten im Freigehege für die Hunde befindet.

Das Ehepaar Deinat, das nach der Insolvenz des Tierheimes in Louisendorf (Moosmann) die „Listenhunde“ aufgenommen hatte, kümmert sich übrigens auch um die gefährlich eingestuften Hunde aus Rees, Kleve, Kalkar, Bedburg-Hau und Uedem. Wobei wohl mit Emmerich am intensivsten zusammen gearbeitet wird. Denn seit 2009 nimmt die Familie eben auch Fundtiere aus Emmerich auf.

Während die Stadt für die Fundtiere eine monatliche Pauschale von 400 Euro inklusive sämtlicher Kosten, etwa für Futter, Tierarzt, Versicherung und eventueller Kadaver-Beseitigung zahlt, kostet die Aufnahme eines „Listenhundes“ monatlich zwischen 392 bis 405 Euro. „Für uns als Stadt ist das ein sehr akzeptabler Preis“, betont Runge. Sich selbst um solche schwierigen Vierbeiner zu kümmern, nebst Unterbringung, wäre um ein Vielfaches teurer, weiß der zuständige Fachbereichsleiter.

Stadt erwägt Beteiligung

Wohl wissend, dass für die Deinats nach Abzug aller Kosten nicht wirklich viel Geld übrig bleibt. Bekommen sie doch umgerechnet für einen „Listenhund“ elf Euro plus Mehrwertsteuer pro Tag und Hund – bis zur Vermittlung in geeignete Hände oder bis zum Ableben der Tiere. Viel Geld ist das gemessen auch am zeitlichen Aufwand nicht. Deshalb denke man darüber nach, dem Tierheim bei einem notwendigen Anbau finanziell unter die Arme zu greifen. Personell werden die Deinats übrigens von zwei ehrenamtlichen Helfern unterstützt und immer wieder mal von Personen, die vom Gericht zu Sozialstunden verdonnert worden sind.

Offenbar fühlen sich die Vierbeiner wohl auf dem 25 000 Quadratmeter großen Areal samt 13 Zwingern und einem großen Freigehege, das von einem 185 Meter großen Zaun umgeben ist. Auch Bobby. Den weißen American Bulldog-Mix hatten Bundespolizisten nachts auf einem Rastplatz an der A3 zwischen Emmerich und Rees entdeckt: festgebunden, ziemlich übel gelaunt.

Heute rennt Bobby ausgelassen ohne Leine durchs Gehege – und stupst die Gäste zur Begrüßung mit der Nase an. Ihm geht’s offenbar gut. Richtig gut.