Duisburg-Hamborn. Der erste Bagger steht an der Duisburger Rhein-Ruhr-Halle, bald erfolgt der Abriss. Zunächst läuft die Schadstoffsanierung. So ist der Zeitplan.
Der erste Bagger ist an der Rhein-Ruhr-Halle eingetroffen. Er ist der Vorbote für den geplanten Abriss. Ein Symbol dafür, dass die frühere „gute Stube von Hamborn“ bald Geschichte ist. Lange wurde in Duisburg über die Zukunft des geschichtsträchtigen Siebzigerjahrebaus kontrovers und emotional diskutiert. Erhalt oder Rückbau? Sanierung als Multifunktionshalle oder Platz schaffen für etwas Neues? Durchgesetzt haben sich die Befürworter der Abrissbirne. Deshalb steht nun der Bagger vor dem bereits 2011 geschlossenen Gebäude.
Daneben steht Oberbürgermeister Sören Link, in der Hand einen Vorschlaghammer. Das ist ebenso ein Symbol. Er holt nicht aus, um ein Loch in die Hallenwand zu schlagen. Er freue sich, dass „ein Schandfleck“, der seit vielen Jahre brachliegt und verfällt, endlich verschwinde. Dennoch vermische sich bei ihm diese Freude mit „Wehmut“, schließlich sei die Rhein-Ruhr-Halle „ein starkes Stück Hamborn“. Von dort wurden Fernsehsendungen wie „Wetten, dass...?“ deutschlandweit in die Wohnzimmer übertragen. Es gab unvergessene Konzerte, außerdem Sportveranstaltungen, Kunstausstellungen und Firmenversammlungen.
Abriss steht bevor: Duisburger Rhein-Ruhr-Halle soll neuer Feuerwache weichen
Doch jetzt geht der Blick nach vorne. Die Duisburger Infrastrukturgesellschaft (DIG) ist vom städtischen Immobilien-Management (IMD) mit dem Rückbau betraut. Anschließend wird sie auf dem Gelände eine neue Wache für die Freiwillige Feuerwehr, für den Löschzug 310 (Marxloh/Hamborn), und ein angeschlossenes Schulungszentrum bauen.
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Für DIG-Geschäftsführer Matthias Palapys ist dieses Projekt „ein besonderer Auftrag“, mit dem ein stückweit „die Geschichte von Hamborn“ verbunden ist. Er selbst ist Duisburger, habe in der Rhein-Ruhr-Halle früher Schulsport getrieben, Udo Lindenberg mit dem Panikorchester auftreten sehen oder auch schöne Karnevalsfeiern erlebt. Dennoch ist er überzeugt davon, dass die fast zweieinhalb Millionen Euro teure Beseitigung der Halle „ein guter Schritt in die Zukunft und in die richtige Richtung“ sei.
Wie ist der Zeitplan für Schadstoffsanierung und Rückbau?
Bis die Halle fällt, dauert es allerdings noch. Die beauftragte Baufirma Freimuth aus Bülkau nahe der Nordseeküste muss zunächst die Schadstoffsanierung angehen. Gut 20 Mitarbeiter werden ab August das Innere freiräumen und Schadstoffe wie Asbest, Glaswolle und PCB entsorgen. Für einen Bau aus den 70er Jahren sei das völlig normal, sagt Bauleiter Jan Freimuth.
Außer großen Müllcontainern werden die Anwohnerinnen und Anwohner bis zum eigentlichen Abriss noch nicht viel sehen, so Freimuth weiter. Doch in der Halle sei viel zu tun. Jahrelang haben dort Obdachlose, Drogenjunkies, Graffiti-Sprayer und Metalldiebe gewütet – die Spuren sind noch deutlich zu erkennen.
Der große, 50 Tonnen schwere Kettenbagger mit 25 Meter langem Arm rollt dann gegen Mitte September an. Er wird, so schätzt der Bauleiter, gut anderthalb Monate brauchen, bis nichts mehr von der Rhein-Ruhr-Halle übrig ist. Anschließend wird das Grundstück für das nächste Bauprojekt vorbereitet und vielleicht schon zum Jahreswechsel übergeben werden – spätestens aber im Februar.
Stadtrat will nach dem Abriss ein brachliegendes Grundstück verhindern
Dass das Gelände danach nicht jahrelang brachliegt, dafür will die rot-schwarze Mehrheit im Stadtrat „alle Kraftanstrengungen“ aufwenden, verspricht der SPD-Fraktionsvorsitzende Bruno Sagurna, der auch dem DIG-Beirat vorsteht. Nach dem Abriss solle auch der Neubau der Feuerwache zügig vorangehen.
Ausgearbeitet sind die genauen Pläne für die neue Feuerwache derzeit noch nicht, Matthias Palapys verweist auf ausstehende Abstimmungsgespräche mit der Feuerwehr Duisburg und – wegen der Nähe des Grundstücks zur A 59 – mit der Autobahn GmbH. Sofern die Stadtverwaltung den künftigen Bauantrag aber schnell genehmige, könnte schon Mitte 2024 Baurecht herrschen und die DIG dann mit dem Neubau beginnen.
Eine Feuerwache statt der baufälligen Rhein-Ruhr-Halle sehnt auch die Hamborner SPD-Ratsfrau Jennifer Jonczyk herbei. „Endlich passiert etwas, und es geht mit dem Stadtteil voran.“ Sie sieht in der Wache einen stadtteilübergreifenden „Ort für ehrenamtliches Engagement“, freut sich aber vor allem, dass der Schandfleck am Eingang zu Marxloh und Obermarxloh verschwindet.
Junge Duisburger verbinden nichts mehr mit der geschichtsträchtigen Halle
Anders als ältere Duisburger verbindet die 31-Jährige mit der Halle eben nicht mehr den Auftritt von Michael Jackson am 4. November 1995 bei „Wetten, dass...?“, auch nicht Erinnerungen an Konzerte oder rauschende Feste. Für sie ist das Gebäude eine verwucherte Ruine, die schnellstmöglich ersetzt werden muss. „Hamborn ist jung und divers“, betont sie, und viele dieser jungen Duisburgerinnen und Duisburger „verbinden nichts mehr mit der Halle“.
Zur örtlichen Jugend zählt der Ehrenvorsitzende und Ratsfraktionschef der CDU Duisburg, Thomas Mahlberg, nicht mehr. Dennoch teilt er die Vorfreude auf die Feuerwache. „Die Halle ist fertig“, sagt er, „da hängen noch Emotionen dran, aber rational ist das nicht“. Der bevorstehende Abriss zeige aber: „Die Ratio hat einfach gesiegt.“
Jetzt muss nur der ambitionierte Zeitplan funktionieren. An Bauleiter Jan Freimuth soll es nicht liegen. Der Norddeutsche betrachtet die Rhein-Ruhr-Halle im Duisburger Norden und ihren Rückbau ohne schöne Erinnerungen – „aber fast jeder erzählt mir natürlich von Michael Jackson“.
Diesen unvergessenen Auftritt des Megastars kann den Menschen aus Duisburg auch kein tonnenschwerer Abrissbagger mehr nehmen.
>> Parkplätze und Trödelmärkte können bleiben
● Die Rhein-Ruhr-Halle ist frisch eingezäunt. Wegen Einbrüchen und Vandalismus ist ein Großteil der Türen und Fenster verschweißt. Das wird während der Schadstoffsanierung so bleiben, zudem wird die Baustelle bewacht.
● Die nahegelegen Parkplätze bleiben während der Abrissarbeiten bestehen und auch die Trödelmärkte unter der Autobahnbrücke können weiterhin stattfinden.
● Nahe der Halle liegen die Grillo-Werke. Bei dem Chemieunternehmen handelt es sich um einen Störfallbetrieb, das dadurch beeinflusst, was in der näheren Umgebung gebaut werden darf. So ist etwa Wohnbebauung ausgeschlossen, eine Feuerwache aber zulässig.