Duisburg. Das 11. Konzert der Duisburger Philharmoniker begeisterte das Publikum. Wie die ukrainische Dirigentin Putins Politik ein Schnippchen schlug.
Dirigentin Oksana Lyniv ist eine der wichtigsten kulturellen Botschafterinnen der Ukraine. Am Pult der Duisburger Philharmoniker hätte sie schon im Juni 2019 debütieren sollen, musste dann allerdings kurzfristig absagen. Nun leitete sie in der Mercatorhalle ein starkes Konzert und erntete vom Publikum wahre Jubelstürme.
Bereits in der Aufführung der Tondichtung „Tod und Verklärung“ von Richard Strauss, mit der das Konzert beginnt, ist man begeistert, wie sehr Oksana Lyniv den Klang der Duisburger Philharmoniker auf Hochglanz poliert hat. Auch die Blechbläser hat man lange Zeit nicht so motiviert gehört.
Duisburger Philharmoniker spielen Musik eines ukrainischen Komponisten
Der 81-jährige ukrainische Komponist Yevhen Stankovych ist in Westeuropa weitgehend unbekannt. Oksana Lyniv setzt sich aber für seine Musik ein und hat erst am vergangenen Sonntag bei den Wiener Festwochen sein Requiem für die Opfer des deutschen Massakers an den Kiewer Juden in der Schlucht von Babyn Jar dirigiert. Sein Violinkonzert Nr. 3 ist so abwechslungsreich, dass es manchem Zuhörer schwergefallen sein dürfte, den roten Faden in der Musik zu finden.
Komponist Stankovych benötigt eine sehr große Orchesterbesetzung, setzt diese aber sehr farbenreich ein und findet immer wieder ungewöhnliche und aparte Klangmischungen. Der Solopart, der von Diana Tishchenko meisterhaft gespielt wurde, besitzt schwärmerische und sehnsüchtig aufschwingende Melodiebögen.
Am greifbarsten dürfte für die meisten Hörer der Abschnitt gewesen sein, in dem die Schlagwerker der Geigerin einen perkussiven Klangteppich ausbreiten. Diana Tishchenko bedankt sich für den Beifall des Publikums mit der Ballade von Eugene Ysaye, die sie mit intensiv-virtuoser Kraft spielt. Der Applaus für die Zugabe ist aber stärker als der für das Violinen-Konzert.
Duisburger Philharmoniker strafen Putin Lügen
Die Schülergruppe, die auf der rechten Seite des Rangs sitzt, steht die anspruchsvolle erste Programmhälfte erstaunlich gut durch. Bei der populären und von Melodien nur so strotzenden Sinfonie Nr. 4 e-Moll op. 36 von Peter Tschaikowsky herrscht bei den jungen Leuten aber permanente Unruhe, die sich störend auf die anderen Konzertbesucher auswirkt.
Einige ukrainische Künstler und Politiker vertreten die Ansicht, dass man die russische Kultur boykottieren müsse. Oksana Lyniv trennt aber klar zwischen den Klassikern der russischen Musikgeschichte und der Politik Putins, bekennt sich weiter zu der Musik Tschaikowskys. Damit straft sie gleichzeitig die russische Propaganda Lügen, die dem Westen einen Kampf gegen russische Kunst unterstellt.
Tschaikowsky in Duisburg: eine sensationelle Aufführung
Oksana Lyniv leitet eine sensationelle Tschaikowsky-Aufführung: Die Hörner-Fanfaren, mit denen der erste Satz beginnt, überfallen die Hörer mit einer bedrohlichen Kraft. Die Kämpfe eines Individuums mit den Kräften des Schicksals werden in einer Musik voll brodelnder Unruhe gezeichnet. Die Duisburger Philharmoniker folgen der klaren Zeichengebung der Dirigentin hochkonzentriert und musizieren unter Hochspannung.
Der zweite Satz mit seinen volksliedhaften Melodien strahlt eine große Wärme aus, der dritte Satz, in dem die Streicher die Saiten durchweg zupfen, ist ein Feuerwerk an Pfiff und Finesse. Das Finale wird zu einem ungestüm jubelnden Triumph, bei dem sich die Philharmoniker in einen euphorischen Rausch spielen. Lyniv feuert das Orchester so an, dass die Sinfonie zum Musikdrama wird. Großer Jubel für die Dirigentin und die Duisburger Philharmoniker.