Duisburg-Hochheide. Vom Dach des Weißen Riesen, der 2025 gesprengt werden soll, hängen nun dunkle Netze. Anwohner spekulieren über die Gründe. Die Stadt klärt auf.

Lange dunkle Netze bedecken gerade den Weißen Riesen in Duisburg-Hochheide, der als nächstes gesprengt werden soll. Sie hängen vom Dach herunter bis zum Boden des leerstehenden Hochhauses, sind seitlich miteinander verbunden, teilweise sind aber auch Lücken zu erkennen. Eine Gebäudeseite ist zumindest am Mittwoch, 8. Mai, noch komplett frei.

Im sozialen Netzwerk „Facebook“ spekulieren Nutzer über den Hintergrund der Netze. Eine These: Die Sprengung werde nun vorbereitet. Eine Nutzerin kommentiert ironisch, die Netze seien ein Trauerflor. Damit liegen sie jedoch falsch, denn gesprengt werden soll das Gebäude erst 2025. Was steckt also tatsächlich hinter den engmaschigen Vorhängen?

Netze am Weißen Riesen: Stadt Duisburg erklärt die Hintergründe

Die Stadt Duisburg klärt auf Anfrage der Redaktion auf: Zum einen sollen sie vor herabfallenden Gebäudeteilen schützen. „In der Vergangenheit kam es bei stürmischem Wetter dazu, dass vereinzelt lose, kleine Teile vom Gebäude herabgefallen sind“, sagt Sprecher Sebastian Hiedels.

Lange Netze hängen vom Dach des Hochhauses bis zum Boden. Ganz geschlossen sind sie aber noch nicht.
Lange Netze hängen vom Dach des Hochhauses bis zum Boden. Ganz geschlossen sind sie aber noch nicht. © FUNKE Foto Services | Volker Herold

Dabei wurde nach Angaben der Stadt niemand verletzt. Die Netze seien nur „zum vorbeugenden Schutz“ installiert worden. Außerdem seien bei den Arbeiten lose Scheiben ausgebaut und Türen ausgehängt worden, „die zum Teil bei starkem Wind in der Umgebung hörbar waren“.

Doch nicht nur Menschen sollen durch die Maßnahme geschützt werden: „Zum anderen sollen mithilfe der Netze Tauben aus dem Gebäude ferngehalten werden, damit sie während des Rückbaus beziehungsweise der anvisierten Sprengung nicht zu Schaden kommen“, erklärt Hiedels.

Plage am Weißen Riesen: „180 bis 200 Tauben wohnen im ganzen Gebäude“

Tauben gibt es rund um die Weißen Riesen in Hochheide genug. Die Tierschützer des Vereins Stadttauben Duisburg schätzen, dass dort etwa 1000 Tauben leben. Immer wieder beklagen Anwohner eine Plage. Zuletzt beschwerten sich einige Hochheider darüber, dass die Stadtvögel an mehreren Orten bewusst gefüttert werden, obwohl das in ganz Duisburg verboten ist.

Die Tiere hausen sogar in den Wohnungen des leerstehenden Riesen an der Ottostraße 54 bis 56, sagt Anke Senter, Vorsitzende des Stadttauben-Vereins: „180 bis 200 Tauben wohnen im ganzen Gebäude.“ Stehe ein Fenster auf, würden sie sich auf der gesamten Etage verteilen.

Ehrenamtler tauschen Taubeneier gegen Attrappen

Senter und ihre Helfer gehen seit sechs Wochen regelmäßig alle 160 Wohneinheiten ab, um die Eier auszutauschen und Küken zu entnehmen. Das machen sie an mehreren Orten in der Stadt, damit die Taubenpopulation sinkt – und speziell im Weißen Riesen, damit keine Vögel mehr im Gebäude sind, sobald es gesprengt wird.

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Obwohl die Ehrenamtler gründlich suchen und jedes Mal drei Stunden im Hochhaus beschäftigt seien, würden sie öfter mal Eier oder Küken übersehen: „Die Tauben sitzen unter Badewannen in einem Spalt von knapp zehn Zentimetern, in Mülleimern, Gießkannen, hinter umgekippten Heizungen. Die sind sehr gewieft.“

Über 200 Eier getauscht: Sind alle Tauben raus aus dem Riesen?

Anke Senter ist aber optimistisch, nun alle Eier und Küken gefunden zu haben. Beim Gang durch den Riesen in der vergangenen Woche hätten die Helfer 115 Eier getauscht. Insgesamt hätten sie über 200 Eier im Gebäude durch Attrappen ausgewechselt und 15 Küken mitgenommen.

Am Freitag will Senter noch einmal durch das Gebäude gehen. Danach sollen die Netze dicht verschlossen werden, habe sie von Arbeitern gehört.

Die Netze sollen unter anderem Tauben vom Hochhaus fernhalten. Dafür seien sie praktisch, meint die Vorsitzende des Stadttauben-Vereins. Die Plage würden sie aber nicht bekämpfen.
Die Netze sollen unter anderem Tauben vom Hochhaus fernhalten. Dafür seien sie praktisch, meint die Vorsitzende des Stadttauben-Vereins. Die Plage würden sie aber nicht bekämpfen. © FUNKE Foto Services | Volker Herold

Sie findet die Maßnahme zwar gut, weil sie die Tauben schütze und dem Verein die Arbeit erspart, alle zehn Tage das gesamte Gebäude durchkämmen zu müssen. Gegen das Tauben-Problem in der Umgebung würden die Netze jedoch nicht helfen: „Die Tiere werden woanders stranden und zum Beispiel auf das andere Hochhaus ausweichen.“

>> Maßnahmen gegen die Taubenplage: Das schlägt der Stadttauben-Verein vor

  • Um die Tauben-Plage in den Griff zu bekommen, aber gleichzeitig die Tiere zu schützen, spricht sich der Verein für dafür aus, Taubenhäusern zu errichten. Dort könnten die Vögel leben und ihre Eier einfach ausgetauscht werden.
  • Anke Senter schlägt vor, ein Taubenhaus auf der Wiese vor dem Weißen Riesen aufzubauen. Dort sei genug Platz für einen Bauwagen, der als Taubenschlag funktioniert. Parallel sollten die Tiere mit einem Spezialfutter gefüttert werden, das die Ei-Entwicklung unterbindet, fordert sie.
  • Im Mai 2023 hat die Stadt ein Pilotprojekt gestartet und am Hauptbahnhof eine Station mit Spezialfutter installiert. Die ersten Ergebnisse seien „vielversprechend“, teilte die Stadt im April mit. Sollte das Projekt erfolgreich sein, werde es auf weitere Stadtteile ausgeweitet.