Duisburg-Altstadt. Mit der „Pille“ bekämpft die Stadt Duisburg die Taubenpopulation. Tierschützer kritisieren die „zu teure Maßnahme“. Die Stadt sieht das anders.
Wie schützenswert sind Stadttauben? An dieser Frage scheiden sich die Geister. Für Bianca Borghoff und Anke Senter ist die Antwort klar: Tauben sind Lebewesen wie Hund, Katze, Maus und haben ein Leben auf der Straße nicht verdient. Die zwei Frauen engagieren sich deswegen nicht nur für „Stadttauben Duisburg“, den ersten Taubenschutz-Verein Duisburgs, sondern ganz konkret auch für die Tauben vor Ort. Und genau da laufe gerade einiges schief, beklagen die beiden.
Rückblick: In einer Mitteilung hatte die Stadt angekündigt, man werde nun neue Wege gehen, um den Taubenbestand am Hauptbahnhof zu reduzieren. Da die Reduzierung der Population nur dadurch erreicht werden könne, dass weniger Küken auf die Welt kämen, setze man ab sofort auf ein Spezialfutter, das am Hauptbahnhof über einen Futter-Automaten verteilt werde. Das Futter sei für die die Tiere nicht schädlich, unterbinde aber die Entwicklung der Eier. Mit dem „Pilotprojekt“ solle verhindert werden, „dass sich die Tauben im Stadtgebiet weiter so stark vermehren“.
Verein „Stadttauben Duisburg“: „Wir wussten nichts von diesem Projekt“
Genau da setzen Anke Senter und Bianca Borghoff an: „Wir wussten nichts von diesem Projekt. Und wir haben das Gefühl, dass da gerade jeder macht, was er will, ohne einheitliches Konzept“, kritisieren die beiden. Der Schritt der Stadt kam für sie nicht nur überraschend. Er behindere auch die Arbeit der Tierschützer vor Ort, beklagen die Taubenfreunde. „Wir mühen uns ab, um die Eier im Tunnel an der Koloniestraße einzusammeln und auszutauschen, und die Stadt lockt die Brutpaare durch ihre Fütterungsaktionen vom Tunnel weg.“
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Dabei sei man mit den Verantwortlichen bereits seit Juni im Gespräch. „Wir haben dem Veterinäramt noch kürzlich erklärt, dass wir Know-how haben und ausdrücklich bereit sind, bei Fragen zur Lösung des Stadttaubenproblems konstruktiv mitzuwirken.“ Über die Pläne zum Einsatz des Spezialfutters habe es bisher aber „seltsamerweise“ keine Informationen gegeben.
Kritik an Taubenpille: „Keine Langzeitstudien“
Fragwürdig sei grundsätzlich auch das Spezialfutter selbst. „Es handelt sich hierbei wohl um Ovistop, das ist quasi die Pille für Tauben“, erklärt Anke Senter. Zur Wirkung des chemischen Mittels auf die Umwelt und andere Tiere gebe es noch keine Langzeitstudien. „Außerdem kann man nicht genau kontrollieren, welche Tauben das Mittel wirklich eingenommen haben und ob nicht doch auch andere Vögel ungewollt die Pille bekommen“, so Senter. Die Probleme, die durch den Taubenkot entständen, würden auf diese Weise auch nicht gelöst.
Zudem sei Ovistop sehr teuer. „Unseren Informationen nach würde eine Fütterung allein von rund 500 Tauben im Bereich des Hauptbahnhofs ca. 250 Euro pro Tag kosten, und das über mindestens 32 Wochen hinweg“, rechnet der Verein „Stadttauben Duisburg“. „Wir finden, dass dieses Geld wesentlich sinnvoller und nachhaltiger angelegt wäre, wenn es für die Errichtung von Taubenhäusern verwendet würde.“ Diese gebe es – „mit Erfolg!“ – in immer mehr Städten Deutschlands.
>> Tauben in Duisburg: Das sagt die Stadt
- Auf Nachfrage erklärt die Stadt, die Gabe von Ovistop am Hauptbahnhof habe „mit ziemlicher Sicherheit keinen Einfluss“ auf die Eiertausch-Aktionen am Tunnel Koloniestraße. Denn Tauben seien „sehr standorttreu“.
- Für das Pilotprojekt am Hauptbahnhof würden jährliche Kosten von rund 13.000 Euro kalkuliert. Die tatsächlichen Kosten könnten erst nach Abschluss des Projektes beziffert werden.
- Unabhängig davon sucht das Veterinäramt nach eigenen Angaben nach weiteren Möglichkeiten, der Taubenpopulation entgegenzuwirken. Mit dem neu gegründeten Verein Stadttauben Duisburg e.V. habe es einen Gesprächstermin gegeben.
- „Dieser Termin fand jedoch statt, als die Fütterung des Spezialfutters bereits begonnen hatte. Selbstverständlich stehen wir dem ehrenamtlichen Engagement und den Planungen des Vereines, ein Taubenhaus zu errichten, positiv gegenüber“, so die Stadt.
- Die Einrichtung eines Taubenhauses erweise sich jedoch als sehr aufwendig und sei nicht überall zu realisieren. Zudem habe ein Taubenhaus nur eine sehr begrenzte räumliche Wirkung. „In Basel konnten nur rund zehn Prozent der Population in den Taubenhäusern angesiedelt werden“, sagt die Stadt.