Duisburg. Rundgang durch die Werkstätten der Deutschen Oper am Rhein mit vielen Fotos. Worauf sich die Zuschauer bei der nächsten Premiere freuen dürfen.
An der Neuenhofstraße in Wanheim-Angerhausen entstehen Illusionen: Hier befindet sich das Produktionszentrum der Deutschen Oper am Rhein, das zuletzt wegen seiner verrosteten Container für Schlagzeilen gesorgt hat. In den Werkstätten werden die Bühnenbilder für die zahlreichen Inszenierungen gefertigt. Momentan sind es die Kulissen für das „Märchen im Grand Hotel“. Die Jazz-Operette von Paul Abraham feiert am 8. Mai in Duisburg Premiere. Für die Kreativarbeiter hinter den Kulissen bedeutet das: Endspurt.
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40 Schreiner, Schlosser, Dekorateure und Maler sind in den Werkstätten beschäftigt. Ihr Job ist mit dem herkömmlichen Berufsbild nicht zu vergleichen. Sie arbeiten tagtäglich daran, die künstlerischen Ideen der Regie-Teams technisch möglich zu machen. Oder wie Bühnenbildner Rifail Ajdarpasic es formuliert: „Wir erschaffen die Welt und den Rahmen für das Stück, das der Zuschauer sieht.“ Er ist begeistert vom „Grand Hotel“: „Es ist unheimlich modern“, beschreibt er. Vieles habe heute noch Gültigkeit. Und nicht selten überdauern die Bühnenbilder viele Jahre. Im Fundus befinden sich Klassiker wie „Hänsel und Gretel“, die schon in den 1970er Jahren aufgeführt wurden.
Operetten feiert am 8. Mai in Duisburg Premiere
Ob auch das Grand Hotel so ein Evergreen wird, muss sich allerdings noch zeigen. Zu Beginn der 1930er Jahre kannte Paul Abraham jeder: Er galt als König der Unterhaltung, dessen Jazz-Operetten sich in ganz Deutschland zu Publikumsmagneten entwickelten. Unmittelbar nach der Machtergreifung der Nationalsozialisten wurde der jüdisch-ungarische Komponist aus Berlin vertrieben. Seine Musik galt als „entartet“ – die Werke gerieten in Vergessenheit. 1934 wurde das „Märchen im Grand Hotel“ in Wien uraufgeführt. Nun wird es zum ersten Mal an der Deutschen Oper am Rhein gezeigt. Michaela Dicu inszeniert das Lustspiel, das die Zuschauer mit exzentrischen, sympathischen Figuren und allerlei Situationskomik unterhalten will. Rifail Ajdarpasic verwandelt die Bühne in ein Hotel, in dem das Leben filmreife Geschichten schreibt.
Im Mittelpunkt steht Marylou. Die selbstbewusste Tochter des kurz vor der Pleite stehenden amerikanischen Filmproduzenten Makintosh reist über den großen Teich. In einem südfranzösischen Grandhotel findet sie nicht nur das große erzählenswerte Märchen, sondern auch eine Besetzung, die Hollywood sich nicht schöner hätte ausdenken können: eine exzentrische Infantin, ihren gockelnden Verlobten und einen schmachtenden Hotelerben, der undercover als Zimmerkellner durch das Geschehen stolpert.
Die Zuschauer betrachten das Geschehen in den unterschiedlichen Hotelzimmern – Happy End inklusive. Damit nicht für jede Szene die Bühne umgebaut werden muss, entsteht in den Werkstätten ein Rondell. Je Vierteldrehung bekommt der Zuschauer Einblick in ein anderes Zimmer. Erst wird in der Schlosserei ein Gerüst geschweißt, anschließend werden die Räume gezimmert. In der Dekorationsabteilung entsteht das Interieur. Im Malsaal werden gerade Türen und Fenster koloriert. Einige Monate Vorlauf brauchen die Handwerker, bis alles auf der großen Bühne in Duisburg oder Düsseldorf aufgebaut werden kann.
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Bevor die Werkstätten ihre Arbeit aufnehmen, entwickeln die Bühnenbildner ein Modell. Wahlweise handgefertigt oder virtuell konstruiert. Manchmal ist das schon der erste Moment, an dem Inszenierungsideen scheitern. „Wir versuchen viel möglich zu machen. Wenn beispielsweise in einem Stück ein Stuhl zusammenkrachen soll, dann müssen wir uns was überlegen“, erklärt Philip Rabe, technischer Direktor an der Deutschen Oper am Rhein. So ein Malheur muss schließlich dennoch ungefährlich für die Darsteller sein. An den Wänden des Produktionszentrums erinnern noch ältere Requisiten an den kreativen Erfindergeist. Dort hängen beispielsweise Schweinehälften aus Stoff. Ein Krokodil guckt die Besucher vorwitzig an. „Jedes Stück bringt neue gestalterische Aufgaben mit sich. Das macht unseren Beruf so interessant und abwechslungsreich“, sagt Finn Schneiders. Er ist Theaterplastiker und lässt gerade einen Vorhang aus Styropor entstehen, dessen Faltenwurf genau festgelegt wurde.
Pro neuem Stück kostet der Kulissenbau und die Kostümherstellung übrigens zwischen 300.000 und 400.000 Euro, inklusive Personalkosten. Wie viel Geld am Ende für das „Grand Hotel“ verwendet wird, steht noch nicht fest. „Wir achten auf Holz aus nachhaltiger Produktion, benutzen umweltverträgliche Farben“, gibt Philip Rabe einen Einblick, wie sich die Kosten zusammensetzen. Umso wichtiger sei es, gute Lagermöglichkeiten zu haben. „Wir wollen schließlich nachhaltig arbeiten und die Bühnenbilder länger nutzen können.“
Um zu sehen, wie die Kulissen am Ende auf der Bühne wirken, schauen sich die meisten Produktionsmitarbeiter die Generalprobe an. „Natürlich ist die Leistung der Darsteller wichtig. Aber ohne ein Bühnenbild würde diese Welt gar nicht entstehen“, weiß Rifail Ajdarpasic. Er freut sich auf die Premiere.
>> Hier gibt’s Tickets
Einige Karten für die Premiere am 8. Mai sind noch erhältlich. Sie kosten zwischen 14 und 58 Euro. Weitere Vorstellungen stehen für den 12., 17. und 25. Mai auf dem Spielplan. Im Juni wird „Märchen im Grand Hotel“ am 8., 14., 21. und 26. gezeigt. Infos und Tickets gibt’s online auf der Seite www.operamrhein.de und an der Theaterkasse (Neckarstraße 1) unter der Rufnummer 0203/28362100.