Duisburg. Die Stadt Duisburg ändert ihre Pläne fürs Tierheim. Doch mit dem neuen Standort explodieren die Baukosten. Hilft jetzt noch das Millionen-Erbe?

Es hatte sich zuletzt bereits angedeutet, jetzt ist die Planänderung der Stadt Duisburg offiziell: Sie will ein neues Tierheim nicht mehr mitten im Businesspark Asterlagen bauen. Anlieger hatten sich von Beginn an gegen das vor rund einem Jahr durch den Rat beschlossene Vorhaben gewehrt. So fürchtete das Bildungszentrum für die Ver- und Entsorgungswirtschaft (BEW) mit Tagungshotel und Gastronomie einerseits Lärmbelästigungen, Ungeziefer und in der Folge weniger Gäste. Vor allem aber war bis zuletzt gar nicht geklärt, ob ein Tierheim auf dem vorgesehenen rund 13.000 Quadratmeter großen Grundstück überhaupt gebaut werden darf.

[Nichts verpassen, was in Duisburg passiert: Hier für den täglichen Duisburg-Newsletter anmelden.]

Dies musste die Stadt noch vor einigen Wochen auf Nachfrage der Redaktion zugeben. Es ging um die vor rund 30 Jahren mit den Erwerbern der Grundstücke geschlossenen Kaufverträge. Basis dafür war der Bebauungsplan für den Businesspark, der mit einem Gestaltungskonzept versehen ist. Darin sei die Fläche für das Tierheim als Bürofläche ausgewiesen, so die Anlieger, die frühzeitig mit einer Klage gedroht hatten.

Kehrtwende der Stadt Duisburg: Neue Pläne für Neubau des Tierheims

Nun soll der Neubau des Tierheims nach vielen Jahren der Standort-Suche auf der gegenüber liegenden Seite der Essenberger Straße südlich des landwirtschaftlichen Weges zur Kreuzung mit der Lkw-Zufahrt des Businessparks realisiert werden. BEW-Geschäftsführerin Nicole Hagemann-Marré hat die Pläne in einer ersten Reaktion bereits „als beste und ideale Lösung“ bezeichnet. Die Stadt geht mit ihrer Kehrtwende also auch einem möglichen Gerichtsstreit mit dem BEW und Co. aus dem Weg.

Davon ist in der Verwaltungsvorlage, die der Rat in seiner Sitzung am Montag, 15. April, ab 15 Uhr in der Mercatorhalle beschließen soll, allerdings keine Rede. Darin verweist die Stadt ausschließlich auf den höheren Flächenbedarf. Das ursprüngliche vorgesehene Grundstück mitten im Businesspark sei doch zu klein. Am neuen Standort lassen sich demnach auf einer rund 25.000 Quadratmeter großen Fläche „alle inhaltlichen und tierschutzrechtlich gebotenen Tierheimanlagen realisieren“, heißt es. Dies habe eine Projektvorprüfung ergeben.

Zuletzt deutlich mehr Fundtiere

Der Raumbedarf habe sich nicht zuletzt durch die zwischenzeitlich stark gestiegenen Fundtierzahlen verändert. So soll der Neubau Platz für 80 Hunde, 185 Katzen sowie ungefähr 130 Kleintiere und Vögel auf dem städtischen Grundstück bieten, das momentan noch landwirtschaftlich genutzt wird. Es sei aber möglich, das Tierheim dort als privilegiertes Vorhaben ausnahmsweise gemäß § 35 des Baugesetzbuchs (Bauen im Außenbereich) zu verwirklichen. Der bestehende Pachtvertrag mit einem Bauern für die deutlich größere Gesamtpachtfläche könne und werde „zeitgerecht angepasst“.

Auch interessant

Am neuen Standort ist zudem eine Außentrainingsfläche für Hunde vorgesehen. Dort sollen auch Veranstaltungen wie das Tierheimfest des Vereins Tierschutzzentrum stattfinden, der das städtische Heim seit 2002 betreibt.

Mehr Behandlungen vor Ort – weniger Transporte

Darüber hinaus soll es in allen Abteilungen räumlich getrennte und funktionale Quarantäne- und Krankenabteilungen geben, um zu gewährleisten, dass sichergestellte oder krank aufgefundene Tiere den übrigen Tierbestand nicht gefährden. Außerdem ist geplant, ausreichend große und technisch angemessene Behandlungsräume für die Tiere vorzuhalten. Dadurch können nach Angaben der Stadt „zum Tierwohl und aus wirtschaftlichen Gründen mehr Behandlungen ohne Transporte ausgeführt werden“.

Die Fläche, wo das neue Tierheim für Duisburg gebaut werden soll, wird derzeit noch landwirtschaftlich genutzt.
Die Fläche, wo das neue Tierheim für Duisburg gebaut werden soll, wird derzeit noch landwirtschaftlich genutzt. © FUNKE Foto Services | Kerstin Bögeholz

Die Aufwendungen für Tiermedizin seien ein wesentlicher Kostenfaktor beim Betrieb eines Tierheims, weil sehr häufig kranke, alte beziehungsweise behandlungsbedürftige Tiere aufgenommen werden. Es sei dann wesentlich günstiger, die Tiere von Tierärzten, die beim Betreiberverein angestellt sind, behandeln zu lassen als in einer auswärtigen Praxis oder Klinik.

Die Stadt betont noch mal, dass sie verpflichtet ist, Tiere gemäß ihrer Art und ihren Bedürfnissen angemessen zu ernähren, zu pflegen und verhaltensgerecht unterzubringen (§ 2 Tierschutzgesetz). Diese Anforderungen können im bestehenden Tierheim an der Lehmstraße in Neuenkamp, in dem zahlreiche Bereiche in einem desolaten Zustand sind, „auch durch Modernisierungen absehbar nicht oder nur sehr unzureichend erfüllt werden“.

Kosten explodieren

Klar ist aber auch, dass der Neubau durch die „Erhöhung der qualitativen und quantitativen Anforderungen“, wie es die Stadt formuliert, doppelt so teuer wird als ursprünglich kalkuliert. Statt 10,1 Millionen Euro werden nun Gesamtkosten von 20 Millionen Euro veranschlagt. Dazu tragen auch die gestiegenen Baukosten der vergangenen Jahre bei.

Der SPD-Fraktionsvorsitzende Bruno Sagurna freut sich trotz der Kostenexplosion, dass ein neuer Standort für einen Tierheimneubau gefunden wurde.
Der SPD-Fraktionsvorsitzende Bruno Sagurna freut sich trotz der Kostenexplosion, dass ein neuer Standort für einen Tierheimneubau gefunden wurde. © FUNKE Foto Services | Tanja Pickartz

Der SPD-Fraktionsvorsitzende Bruno Sagurna ist trotzdem froh über die neue Lösung. „Ich denke, dass die Stadt aus den Fehlern der Vergangenheit gelernt hat. Sie vermeidet so eine gerichtliche und möglicherweise langwierige Auseinandersetzung mit den Anliegern im Businesspark“, erklärt er. Sagurna geht davon aus, dass die Pläne „eine breite Mehrheit“ im Rat finden werden.

Statt IMD: DIG übernimmt Planung und Durchführung

Außerdem freut sich Sagurna, dass statt des Immobilien-Managements Duisburg (IMD) nun die Duisburger Infrastrukturgesellschaft (DIG) mit der Planung und Durchführung der Maßnahme unmittelbar nach der Ratsentscheidung beauftragt werden soll. Die DIG hat sich im Gegensatz zum IMD mit der konsequenten und zügigen Umsetzung diverser Projekte wie beim neuen Straßenverkehrsamt in Neumühl einen Namen gemacht.

Jeder Tag, den wir länger auf einen Neubau warten müssen, ist eine Katastrophe für Tiere und Mitarbeiter.
Lutz Kaczmarsch, Leiter des Duisburger Tierheims

Sagurna: „Ich gehe davon aus, dass wir den Spatenstich für das neue Tierheim Anfang 2025 erleben werden.“ Der Handlungsdruck ist groß. „Jeder Tag, den wir länger auf einen Neubau warten müssen, ist eine Katastrophe für Tiere und Mitarbeiter“, stellte Tierheimleiter Lutz Kaczmarsch zuletzt noch einmal klar.

>> STADT DUISBURG: MILLIONEN-ERBE FÜR NEUBAU DES TIERHEIMS

  • Eine bereits 2013 verstorbene Katzenliebhaberin hatte dem Duisburger Tierheim rund 1,7 Millionen Euro vermacht.
  • Die Stadt als Empfänger hatte das Geld nach eigenen Angaben zwar zwischenzeitlich „im Sinne einer wirtschaftlichen Haushaltsführung“ zum Abbau des kommunalen Altschuldenberges verwendet. Sie betont aber, dass die Summe in voller Höhe in den Neubau des Tierheims fließen werde.
  • Unklar war laut Stadt zuletzt noch, inwieweit es Fördermittel zur Finanzierung des neuen Heims gibt. Die Landes-Tierschutzbeauftragte Dr. Gerlinde von Dehn hatte beim Besuch des Heims im Dezember 2022 eine Neubauförderung von bis zu 80.000 Euro in Aussicht gestellt.