Duisburg. Das Ballett am Rhein präsentiert „True Crime“ in drei Choreografien. Die Umsetzungen geraten unterschiedlich, das Publikum wirkt teils ratlos.
Mit diesem Abend wagt sich das Ballett am Rhein auf ein ungewöhnliches Terrain. Das Dokumentations-Format „True Crime“ ist nämlich nicht nur der Titel des dreiteiligen Programms, sondern auch Inspirationsquelle für die drei Choreografien, die jetzt im Theater Premiere hatten. Die Umsetzungen geraten sehr unterschiedlich.
Zur Eröffnung gibt es von Andrey Kaydanovskiy „Chalk“, was auf die mit Kreide gezeichneten Umrisse von Leichen hinweist. Vier roboterhaft getanzte Ermittler versuchen, einen Mord zu rekonstruieren. Das begreift man aber auch nur, wenn man den Einführungsvortrag besucht oder ins Programmheft geschaut hat. Was auf der Bühne gezeigt wird, könnten auch Machtkämpfe unter den Akteuren sein.
„True Crime“: Ausstattungs- und Klang-Team verbindet in Duisburg alle Teile
Verbindendes Glied zwischen allen drei Teilen ist das Ausstattungs- und Klang-Team. Bühnenbildner Sebastian Hannak präsentiert Räume vom geschlossenen Saal mit Sofa und Stehlampe als Tatort bis zu einer revueartigen Bühne mit vielen Scheinwerfern im letzten Teil.
Beleuchter Christian Kass sorgt durch schnelle Scheinwerferwechsel oder kurze Lichtblitze für fotografische Situationen. Sounddesigner Christoph Kirschfink setzt in „Chalk“ auf eine Collage aus Stimmen, Geräuschen und synthetischen Klavier.
In „The Bystanders“ von Hege Haagenrud sorgt Kirschfink für ein Playback aus „True Crime“-Dokus. Das sechsköpfige Ensemble spielt die Beschreibungen von Verbrechen nach oder schlüpft mit wildem Overacting in die Rolle der erzählenden Personen. Fällt der Beifall für „Chalk“ groß aus, wirkt das Publikum nach dem zweiten Teil eher ratlos.
„Non-Fiction Études“: Musik bringt belebenden Schub
Rheinopern-Ballettchef Demis Volpi beschäftigt sich laut Programmheft in seinem „Non-Fiction Études“ mit dem US-amerikanischen Schriftsteller Truman Capote, der in seinem Roman „Kaltblütig“ einen realen Mordfall thematisiert. Davon ist aber auf der Bühne, außer in einer Szene, in der ein Tänzer zwei andere über die Bühne zieht, nichts zu erkennen.
Die einzigen Bezüge zu Truman Capote ergeben sich dadurch, dass einige Interviews mit dem näselnden Autor in einer Klangcollage musikalisch aufbereitet werden. Außerdem ist Pianist Aleksandr Ivanov, der auf der Hinterbühne am Flügel sitzt, mit Anzug, Fliege und Brille als der Capote kostümiert.
Er spielt eine Auswahl aus den Études-tableaux von Sergei Rachmaninov, und die live gespielte Musik gibt dem Stück einen belebenden Schub: Im Gegensatz zu den ersten beiden Teilen erlebt man jetzt keine Tanzautomaten auf der Bühne, sondern echte Menschen.
Ansprechende Produktionen, Choreografie-Ansprüche zu Capote nicht erfüllt
Obwohl die Choreografie die im Programmheft gestellten Ansprüche einer biografischen Beschäftigung mit Capote in keiner Weise erfüllt, ist Demis Volpi ein schickes Rachmaninow-Ballett mit einer schön anzusehenden Tanzsprache gelungen.
Da gibt es einen kurzweiligen Reigen von Solo-Szenen, Pas de Deux´ und Tänzen für das gesamte 13-köpfige Ensemble. Die roten Kostüme von Bregje van Balen huldigen den Swinging Sixties. Zu dieser Optik hätte aber statt der Rachmaninow-Etüden besser der lässige Big-Band-Sound eines Bert Kaempfert oder Quincy Jones gepasst.
Insgesamt erlebt man an diesem Abend drei optisch und ästhetisch ansprechende Produktionen. Für Demis Volpi und seine „Non-Fuctions Études“ gibt es freundlich-wohlwollenden Applaus.