Duisburg. Der Fußball-Stammtisch „Doppelpass“ mit Helmer und Basler gastierte in Homberg. Warum der Abend für MSV-Fans aufregend und aufschlussreich war.
Was passiert, wenn sich Hunderte vermeintlicher und ein paar echte Fußball-Experten zum Stammtisch treffen? Das war am Mittwochabend in der Glückauf-Halle in Duisburg-Homberg zu erleben. Denn dort machte die Reihe „Doppelpass on Tour – der Kulttalk live on Stage“ Station. Die Halle war nahezu ausverkauft. Viele der Gäste – die Mehrheit gehörte dem männlichen Geschlecht an – kamen mit Bekleidung ihres Lieblingsvereins und zeigten so, für wen ihr Herz schlägt.
Moderator und Ex-Bayern-Profi Thomas Helmer begrüßte neben seinem regulären Sidekick Mario Basler die MSV-Legende Joachim „Hoppi“ Hopp, den Duisburger Kabarettisten und langjährigen MSV-Fan Wolfgang Trepper und den ehemaligen MSV-Trainer und Weltmeister Pierre Littbarski. „Litti“ war kurzfristig für den angekündigten Matze Knop eingesprungen.
Doppelpass on tour in Duisburg: Sticheleien in der Glückauf-Halle
Insgesamt teilte sich die Tour-Variante des TV-bekannten Fußball-Stammtischs in drei Teile: Begrüßung und Vorstellung der Gäste, eine längere Diskussionsrunde und ein finales Quiz. Im Stammtisch-Teil wurde über vier Themen diskutiert, die sich aus den Meldungen der Woche ableiteten. Noch vor Beginn landete das erste Geld aus dem Publikum im Phrasenschwein (siehe Infobox unten). Diese Spenden hatten die Experten auf der Bühne gefordert, nachdem Zuschauer lautstarke Wortmeldungen kundtaten. Bereits da war klar: Einige Anhänger unterschiedlichster Clubs waren auf verbale Sticheleien aus. Im Publikum waren nicht nur Fans des MSV vertreten, sondern auch Anhänger mit Schalke-, Essen-, Dortmund-, Berlin- und Frankfurt-Accessoires. Zum Beispiel.
Erstes Diskussionsthema war das Trainerkarussell der Bundesliga. Schließlich hat Wolfsburg gerade den Übungsleiter ausgetauscht. Zudem wurde der Abschied von Christian Streich zum Saisonende bekannt gegeben. Der Trainer des SC Freiburg wurde von allen in den höchsten Tönen gelobt. Schließlich handelt es sich hier nach Aussage von Wolfgang Trepper nicht um einen „Schablonenschwätzer“. Gemeint war: Aus Sicht des Kabarettisten sind die Aussagen der Trainer – und auch der Spieler – heutzutage zu austausch- und vorhersehbar.
Ganz anders Christian Streich, der sich auch immer wieder zu politischen und gesellschaftlichen Themen äußere. Verbunden wurden die Beispiele mit einer Grundsatzdiskussion über die Nachfolge erfolgreicher und/oder spezieller Trainer, die einen Verein prägen – wie eben Christian Streich in Freiburg oder Jürgen Klopp beim FC Liverpool. Spannend: Aus Expertenmeinungen und Kommentaren aus dem Publikum entwickelte sich eine sehr angeregte, teilweise sogar hitzige Diskussion.
Litti sollte bei den Zebras Spieler „raustrainieren“
Aufgelockert wurde die Veranstaltung durch Anekdoten der ehemaligen Spieler und Trainer. So erzählte „Litti“ von seinem Start beim MSV: „Ich hatte gleich zu Beginn ein Gespräch mit dem damaligen Vereinsboss Helmut Sandrock, der mir mitteilte, dass ich doch bitte sieben Spieler ‚raustrainieren‘ sollte, damit der viel zu große Kader etwas abgespeckt wird. Sechs Spieler habe ich geschafft“, wusste der Ex-Trainer mit einem Schmunzeln zu berichten.
Das zweite Thema des Abends: die Videoschiedsrichter und ihre Fehlentscheidungen. Besonders spannend war hier eine Erkenntnis Treppers. Ihm war aufgefallen, dass der in Wolfsburg eingesetzte Schiedsrichter in seinem siebten Duell bereits zum fünften Mal die rote Karte gezeigt hatte. Für Gefühlschaos bei MSV-Fans sorgte die Erinnerung an die legendäre „Kopfstoßaffäre“. 2005 verursachte der damalige Coach der Meidericher, Norbert Meier, einen Eklat, als er mit Kölns Albert Streit aneinander geriet und dann vortäuschte, er wäre von Streit mit einer Kopfnuss niedergestreckt worden. Am Ende stellte sich heraus, dass Meyer der Verursacher war und seine Zeit beim MSV endete abrupt.
Trepper kritisiert MSV-Verantwortliche und fordert mehr Einsatz für Sponsoren
Nach der „Halbzeitpause“ folgte das Thema, auf das viele gewartet hatten: Es ging um die Lage des MSV. Vor allem Wolfgang Trepper äußerte sich kritisch. Er warf besonders den Verantwortlichen Arroganz vor: „Die Differenz zwischen Anspruch und Wirklichkeit ist einfach zu groß. Es wäre an der Zeit, nicht immer alles schönzureden. Außerdem würde ich mir mehr Klinkenputzen wünschen. Warum kann man denn zum Beispiel den Besitzer von Fressnapf, der Duisburger ist, nicht von einem Engagement überzeugen? Oder Haniel?“
Überhaupt gab es viel Kritik am Missmanagement der letzten Jahre. „Das Geld von den Fans zu nehmen, ist halt einfach. Sponsoren zu suchen, bedeutet viel Arbeit“, meinte Littbarski. Hier war Joachim Hopp endgültig in seinem Element. Der Ur-Duisburger hat eigenen Erfahrungen mit Führungskräften der Zebras: „Ich habe eine Zeit lang bei verschiedenen Verantwortlichen moniert, dass die Mannschaft viel zu wenig trainiert. Inzwischen scheint man das verstanden zu haben, denn unter Boris Schommers hat sich eine Menge getan in Bezug auf Teambildung und Trainingsintensität.“
Als nächstes kommt Arnd Zeigler nach Rheinhausen
Auch den Zustand der deutschen Nationalmannschaft diskutierten Experten und Fans noch. Kritik gab es vor allem an der Defensive. „In der Innenverteidigung sehe ich nur Osterhasen“, meinte Mario Basler in gewohnt flapsiger Art und Weise. Und auch die Sechser als Abräumer vor der Abwehr boten Diskussionsstoff. Hier die große Frage: Wer spielt neben Toni Kroos, der für alle gesetzt ist?
Was Julian Nagelsmann als Trainer da entscheiden wird, wird womöglich bei der nächsten Fußball-Show im Duisburger Westen diskutiert werden: Am Dienstag, 23. April, 20 Uhr, gastiert TV-Moderator Arnd Zeigler („Zeiglers wunderbare Welt des Fußballs“) in der Rheinhausenhalle. Es gibt noch Tickets (ab 39 Euro).
>> FUSSBALSTAMMTISCH DOPA UND DAS PHRASENSCHWEIN
In der TV-Talkshow „Doppelpass“ oder kurz „DoPa“ (Sport1) diskutieren seit 1995 sonntags Fußballexperten über den jeweiligen Spieltag. Zu Gast sind Spieler, Trainer, Journalisten und Funktionäre. Die Moderatoren waren etwa Jörg Wontorra und Thomas Helmer, heute ist Florian König der Gastgeber.
Wichtigste Requisite ist das „Phrasenschwein“, in das die Diskutanten einen festen Betrag – ursprünglich 5 DM, inzwischen 5 Euro – einzahlen müssen, wenn sie sich einer Redewendung, eines geflügelten Wortes oder einer anderen besonderen Ausdrucksweise bedienen. Das gesammelte Geld wird gespendet.
Seit 2021 ist die Sendung mit einer Tour-Version unterwegs. Dabei wird Ex-Nationalspieler Thomas Helmer von Mario Basler unterstützt. Hinzu kommen Gäste mit regionalem Bezug.