Duisburg-Baerl. Im Streit über die Umwidmung der Ev. Waldschule warben nun Kirchenvertreter bei den Eltern. Auch unter diesen gibt es unterschiedliche Ansichten.
Evangelische Grundschule oder Gemeinschaftsgrundschule in Baerl? Das ist die Frage, über die die Eltern der jetzigen Schülerinnen und Schüler in Kürze selbst entscheiden können. In ihr steckt eine Menge Sprengstoff, wie auch bei einer Infoveranstaltung am Dienstagabend deutlich wurde.
Die Evangelische Kirche hatte ins Gotteshaus im Stadtteil geladen. Rund zwei Stunden stellten sich Annette Vetter vom evangelischen Schulreferat Duisburg/Niederrhein und Superintendent Wolfram Syben offenen Fragen. Davon hatten die Eltern viele. Und beantwortet wurden sie mit teils widersprüchlichen Zahlen.
Grundschule Baerl – Diskussion um Umwidmung: „Sehe das Problem nicht“
„Nächstenliebe, Toleranz, Respekt und Wertschätzung sind die Leitlinien der Schule“, erklärte Annette Vetter gleich zu Beginn der Veranstaltung.
„Diese Werte schätzen wir sehr und wir tragen sie auf jeden Fall uneingeschränkt mit. Denn die Waldschule ist ein Leuchtturm“, sagte ein Vater. Er verstehe aber nicht, warum diese Werte nicht mehr gelebt werden könnten, wenn die Schule in eine Gemeinschaftsgrundschule umgewidmet würde. Dann hätten alle Kinder aus Baerl die Möglichkeit, in die Schule im Ortsteil zu gehen.
Eltern kritiserten, dass zurzeit Kinder aus Baerl nach Homberg gebracht werden müssten. Evangelische Kinder aus anderen Stadtteilen wie Homberg würden in Baerl vorzugsweise aufgenommen, weil sie evangelisch seien. Ein Vater verstehe nicht, warum man einer Umwidmung nicht zustimmen sollte: „Ich sehe das Problem nicht.“
Widersprüchliche Zahlen: Wie viele Kinder wurden an Baerler Grundschule abgelehnt?
Annette Vetter argumentierte, von den 70 angemeldeten Kindern würden nur vier wegen der Zugehörigkeit zur evangelischen Kirche aufgenommen. Es sei erst ein einziges Mal vorgekommen, dass Kinder aus dem Stadtteil abgelehnt werden mussten, erklärte die Referentin der evangelischen Kirche. Und das sei lange her.
Jetzt gehe es um vier Kinder, die nicht aufgenommen werden könnten. Die Zahlen, die in den Medien verbreitet worden seien, seien übertrieben, findet sie.
Dem widersprechen eine Reihe von Eltern, die sich an unsere Zeitung gewandt haben. Es gebe in diesem Jahr mindestens fünf bis zehn Baerler Kinder, die keinen Platz an der Schule bekommen hätten, weil evangelische Kinder aus anderen Stadttteilen bevorzugt worden seien.
Kurzer Weg zur Schule sei wichtig
„Wir selbst haben eine Ablehnung für unser drittes Kind bekommen, obwohl wir schon zwei Kinder auf der Waldschule haben. Nur mit Hilfe eines Rechtsanwalts und des Klageweges haben wir es geschafft, dass unser Kind jetzt doch aufgenommen wird“, sagt eine Mutter.
Die Waldschule habe Aufnahmekriterien in der Reihenfolge „evangelisch, Entfernung vom Wohnort zur Schule und als drittes Geschwisterkinder“. Das könne sie nicht verstehen. Es sei doch wichtig, dass alle Kinder einen kurzen Weg zur Schule hätten und gerade Geschwisterkinder in die Schul- und Dorfgemeinschaft eingebunden würden, findet die Mutter.
Eltern hätten Kinder taufen lassen, damit sie aufgenommen werden
Außerdem erzählen Baerler Familien, dass Eltern ihre Kinder evangelisch taufen ließen, nur damit die Kleinen eine realistische Chance hätten, in der nahen Waldschule aufgenommen zu werden.
Zu Wort meldet sich auch Stephan Wedding von der Junges-Duisburg-Fraktion, der in Baerl wohnt und privat als Vater an der Versammlung teilnahm. „Die Werte, die die Waldschule vertritt, sind alle super, wir teilen sie uneingeschränkt. Aber das Wichtigeste muss doch sein: kurze Beine, kurze Wege. Egal, ob Kinder eine Konfession haben oder nicht.“
Keine Martinsfeier mehr nach der Umwidmung?
Die Schule führte aus, man könne zum Beispiel keine Martinsfeier mehr durchführen, wenn die Umwandlung in eine Gemeinschaftsschule geschehen sollte.
Dieses Argument hält Wedding aber für abwegig. „Es gibt doch viele Schulen, die nicht religiös gebunden sind und Martinsfeiern veranstalten. Das hat doch damit nichts zu tun“, sagte er. Auch die Werte, die an der Waldschule vermittelt würden, seien nicht plötzlich aus der Welt und würden von den Lehrern weiter vermittelt.
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Das Problem, mehr Kinder aufzunehmen, bestehe darin, dass man nicht einfach die Klassen um weitere Kinder aufstocken könne, so eine Lehrerin der Schule. Dann sei kein Unterricht in der jetzigen Weise mehr möglich.
Superintendent: „Wollen auch gesicherte Strukturen erhalten“
Superintendent Wolfram Syben betonte, es sei ein „riesiger Verlust“, wenn aus der evanglischen Schule eine Gemeinschaftsschule würde. „Wir wollen auch gesicherte Strukturen erhalten und wissen, wie die Schule ausgerichtet ist, wenn andere Zeiten angebrochen sind und andere Menschen die Arbeit hier fortführen“, erklärte Annette Vetter.
Ein leidenschaftliches Plädoyer für eine Dreizügigkeit der Schule hielt ein Vater. Er forderte: „Wir müssten uns nicht hier versammeln, sondern vor dem Rathaus, damit die Stadt drei Eingangsklassen festlegt.“
>> Umwidmung der Evangelischen Waldschule: Das sind die nächsten Schritte
- Der Rat der Stadt hat den Eltern der Schülerinnen und Schüler, die zurzeit die Waldschule besuchen, den Weg frei gemacht, selbst zu entscheiden, ob die Baerler Grundschule evangelisch bleibt oder eine Gemeinschaftsschule wird. Viele Argumente sind von seiten der Kirche geliefert worden.
- Der Unterschied: Bleibt die Waldschule evangelisch, haben evangelische Kinder aus ganz Duisburg Vorrang, aufgenommen zu werden. Denn sie ist die einzige evangelische Schule in Duisburg. Wird sie zur Gemeinschaftsgrundschule, bildet die Stadt ein Einzugsgebiet wie bei allen anderen Schulen. Dann haben zuerst alle Baerler Kinder, die in dem Gebiet wohnen, Vorrang.
- Die Stadt veranstaltet am Donnerstag, 7. März, 18 Uhr, dazu eine Info-Veranstaltung in der Aula der Erich-Kästner-Gesamtschule, Ehrenstraße 87 in Homberg. In den Wochen danach entscheiden die Eltern per schriftlicher Abstimmung.
Hinweis der Redaktion: Die Überschrift dieses Artikels haben wir aus redaktionellen Gründen am 8. März geändert.