Duisburg. Tausende feiern in Duisburg den Rosenmontag. Ein ganz besonderer Blick auf den Zug bietet sich von oben – wir durften auf einem Wagen mitfahren.

Karneval hat auch was mit der richtigen Taktik zu tun. Je besser die Choreografie am Straßenrand ausfällt, um so segensreicher ist der Kamelle-Regen. Der Rosenmontagszug hat gerade die erste Kurve genommen, da heizt der Elferrat der größten Duisburger Karnevalsgesellschaft auf seinem Wagen den kunterbunten Clowns auf dem Bürgersteig so richtig ein. Der Funke springt über.

Alle jubeln, lachen und fordern ihren Lohn. Die Männer der KG Südstern Serm blicken von oben in leuchtende Augen und werfen Gummibärchen und Schokolade. Aber aufgepasst, Taktik ist wichtig: nicht zu viel schmeißen. Sonst gehen irgendwann die Kamelle aus. Denn die Jecken haben noch einen langen Weg vor sich.

Alles passt beim Duisburger Rosenmontagszug – nur nicht am Anfang

Und die Menschenmassen auf der Straße haben sichtlich Hunger auf Karneval. Alles passt, nur am Anfang noch nicht so ganz. Die Polizei überprüft noch ein paar Wagen. Deshalb startet der Zug nicht planmäßig um 13.11 Uhr am Innenhafen, sondern 20 Minuten später. Doch dann geht‘s endlich los und auch die Sonne bricht durch.

Hinter dem Burgplatz wird es erstmals richtig eng. Tausende säumen den Zugweg. Ehrensenator Thomas Susen wird kurz knauserig, ausgerechnet vor dem Rathaus. „Wir müssen mit unseren Vorräten haushalten“, lacht der Ratsherr. Dann die lange Straße bis zum Opernhaus. Was für ein Ausblick: Narren, soweit das Auge reicht.

Zug zuRosenmontag, 12. Februar 2024. der Rosenmontagszug in der Innenstadt von Duisburg. Foto: Stefan Arend / Funke Foto Services
Zug zuRosenmontag, 12. Februar 2024. der Rosenmontagszug in der Innenstadt von Duisburg. Foto: Stefan Arend / Funke Foto Services © FUNKE Foto Services | STEFAN AREND

Hippies, Wikinger, Elfen, Seeleute – der Kreativität sind wenig Grenzen gesetzt, auch wenn viele Kostüme von der Stange gekauft und weniger aufwendig gestaltet sind. Es wird immer enger. Die Wagenengel vom Sicherheitsdienst mit ihren gelben Warnwesten haben alle Hände voll zu tun, dass niemand unter die Räder kommt. Auch die Polizei hilft mit. Die Stimmung ist top.

„Ich werfe die Kamelle extra weit, damit die Kinder nicht zu nah kommen“

Erneut ist Taktik gefragt: „Ich werfe die Kamelle extra weit, damit die Kinder nicht zu nah an den Wagen kommen müssen“, sagt Andrea Wagner-Bahr. Die Fahrlehrerin aus dem Duisburger Süden ist Vollblutkarnevalistin, an einem Karnevalssonntag geboren. Eigentlich besteht der Elferrat nur aus Männern. Aber ein paar Frauen sind mit auf dem Wagen. Sie zahlen sogar dafür, das närrische Spektakel von oben beobachten und mittendrin sein zu dürfen.

Zug zuRosenmontag, 12. Februar 2024. der Rosenmontagszug in der Innenstadt von Duisburg. Foto: Stefan Arend / Funke Foto Services
Zug zuRosenmontag, 12. Februar 2024. der Rosenmontagszug in der Innenstadt von Duisburg. Foto: Stefan Arend / Funke Foto Services © FUNKE Foto Services | STEFAN AREND

Dabei steckt den Jecken aus Serm noch ihr gestriger Umzug in dem 2500-Seelen-Dorf in den Knochen. Trotzdem sind sie heute dabei, mit neun der insgesamt 40 Wagen. „Es ist schon was Besonderes, hier beim Rosenmontagszug mitzufahren“, sagt Vize-Präsident Axel Bausch und katapultiert mit Inbrunst Kamelle vor die Tribüne am König-Heinrich-Platz.

Aus der neuen Sermer Wagenbauhalle stammt der Mottowagen des Rosenmontagszuges, der ganz vorne fährt. „Jeckes Treiben DU musst bleiben“ steht darauf. Wagenbaumeister Philipp Pellens und die Mitglieder der Prinzengarde haben ihn im Auftrag des Hauptausschusses Duisburger Karneval gezimmert und mit besonders vielen Paragrafen geschmückt – wegen der ausbürdenden Bürokratie, die in den Augen der Karnevalisten besonders in Duisburg ihre Blüten treibt. „Die Loveparade hat viel kaputt gemacht“, meint der Elferrats-Vorsitzende Manfred Merfeld.

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Motto als Weckruf an alle: „Unterstützt unser Brauchtum“

„Unser Motto ist ein Weckruf an alle – an die Stadt, an die Sponsoren, an die Bürger: Unterstützt weiter unser Brauchtum, sonst wird es das irgendwann nicht mehr geben“, sagt Hauptausschuss-Präsident Michael Jansen. Die Karnevalisten würden als Veranstalter behandelt, als hätten sie Anwälte und Event-Agenturen im Rücken. „Das können wir uns schlicht nicht leisten. Uns muss geholfen werden“, fordert Jansen.

Vor allem auch vor dem Hintergrund, dass alles teurer geworden ist. „Die Kamelle haben uns 20 Prozent mehr gekostet“, bestätigt Christian Weiher, zweiter Geschäftsführer der KG Südstern Serm. Er hat für 10.000 Euro Wurfmaterial in der Metro gekauft, die Hälfte geht beim Sermer Umzug ans Volk, die andere beim Rosenmontag.

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Ohne Zwischenfall endet der närrische Lindwurm auf dem Gelände des früheren Güterbahnhofs, wo die Karnevalisten im weißen Festzelt weiter feiern. Nur die Sermer Jecken jagen zum nächsten Termin. Am Abend ist ihr Maskenball. Karneval spielt in Duisburgs südlichstem Stadtteil offensichtlich eine ganz besondere Rolle.

Ordentlich Wurfmaterial gehört am Rosenmontag zur Fracht.
Ordentlich Wurfmaterial gehört am Rosenmontag zur Fracht. © FUNKE Foto Services | STEFAN AREND

>> Rosenmontagszug: Die Bilanz der Polizei

  • Die Polizei hat am frühen Montagabend von einem Rosenmontagszug ohne große Zwischenfälle berichtet. Eine ausführliche Bilanz möchte die Behörde am Dienstag veröffentlichen.
  • Der Zug war mit circa 25 Minuten Verspätung gestartet, da noch einige Fahrzeuge kontrolliert werden mussten. In seinem Verlauf war der Rosenmontagszug zudem kurzzeitig gestoppt worden. Der Grund: Der Zug war etwas auseinandergebrochen, sollte so wieder zusammengeführt werden.
  • Mit einer Schätzung zur Zuschauerzahl haben sich die Polizei und auch der Hauptausschuss Duisburger Karneval am Montag noch zurückgehalten. 2023 waren es 17.000 Zuschauerinnen und Zuschauer an den Straßen. In diesem Rahmen dürften sich das Aufkommen der Jecken auch in diesem Jahr bewegt haben.