Duisburg. Nach 17 Jahren muss eine Hausärztin im Duisburger Süden ihre Praxis schließen. Was das für ihre Patienten bedeutet und wann es soweit ist

Mittlerweile ist es nach 12 Uhr am Freitag, die Sprechstunde ist längst vorbei. Dennoch klingelt ununterbrochen das Telefon, Patienten kommen noch immer in die Praxisräume. Bleiben, auch wenn die Damen am Empfang sagen, dass es dauert, sehr lange dauert. „Ich warte gerne“, sagt ein Mann, der gekommen ist, um Rezepte für seinen Vater abzuholen. „Solange Frau Beckmann ihre Praxis hier noch hat, komme ich auch hier her. Das kann ich wenigstens zu Fuß erledigen.“

Duisburg-Bissingheim hat ab April nur noch einen Zahnarzt

Lange wird dieser Patient und auch die rund 1000 weiteren Patienten der Bissingheimer Hausarztpraxis von Giesela Beckmann die Chance nicht mehr haben: Zum 31. März schließt die Allgemeinmedizinerin ihre Praxis an der Straße vor dem Tore 1. Dann wird es in Duisburg-Bissingheim nur noch einen Zahnarzt geben.

Die Praxis-Räume sind gekündigt. Jetzt muss das Team sämtliche Patientenakten zusammensuchen.
Die Praxis-Räume sind gekündigt. Jetzt muss das Team sämtliche Patientenakten zusammensuchen. © FUNKE Foto Services | STEFAN AREND

Anfang Januar hat Giesela Beckmann mit einem kleinen Aushang ihre Entscheidung bekannt gegeben. „Seitdem kommen noch mehr Patienten, als normal“, sagt die Ärztin. „Die Nachricht hat sich ziemlich schnell verbreitet.“ Den Entschluss gefasst hatte die 68-Jährige Ende letzten Jahres. Grund ist der eigene Gesundheitszustand der Hausärztin.

Suche nach einem Nachfolger sollte eigentlich in diesem Jahr beginnen

„Ich hatte mir mein Ende als Hausärztin hier wirklich anders vorgestellt. Eigentlich wollte ich jetzt anfangen, einen Nachfolger zu suchen“, sagt Giesela Beckmann. Drei bis vier Jahre wollte sie sich dafür Zeit nehmen. Gekommen sei dann leider alles ganz anders.

„Meine Ärztin hat mir eigentlich geraten, sofort aufzuhören“, so Beckmann. „Aber das kann ich meinen Patienten hier nicht antun.“ Seit 17 Jahren führt Giesela Beckmann die Hausarztpraxis im Dorf. Schon damals habe ihr Vorgängerin darum gekämpft, dass es einen Nachfolger gibt. Dass sie selbst in kürzester Zeit jemanden findet, der in Bissingheim arbeiten will, damit hat sie erst gar nicht gerechnet. „Heutzutage will doch niemand mehr alleine eine Praxis führen. Das passt nicht in die Work-Life-Balance.“

15 bis 20 Hausbesuche macht Beckmann zusätzlich zu den normalen Sprechstundenzeiten pro Woche. Fährt auch in Altenheime, die bei weitem nicht mehr in der Nähe ihres Einzugsgebietes liegen. „Da leben halt Patienten von mir“, sagt die gebürtige Duisburgerin, die aber seit Jahren in Ratingen wohnt.

Giesela Beckmann hat für ihre Praxis keinen Nachfolger gefunden, aber für ihre Patienten und Mitarbeiterinnen hat sie nach einer Alternative geschaut. „Ich habe mit dem Hausärzteteam Wedau vereinbart, dass wir unsere digitalen Patientenakten rübersenden können. So haben meine Patienten wenigstens eine Anlaufstelle. Denn eigentlich sind auch die Kollegen in Wedau bereits ausgelastet und meine Patienten machen sich große Sorgen, wie es mit ihrer Betreuung weitergeht.“ Und auch zwei ihrer drei Mitarbeiterinnen werden künftig in Wedau arbeiten.

Nächste Hausarztpraxis in Duisburg-Wedau

Einfach wird es für die Bissingheimer aber nicht werden. 2,5 Kilometer ist das Hausärzteteam Wedau von Bissingheim entfernt. „Fußläufig ist das mal eben für kaum einen zu meistern. Schon gar nicht für die älteren oder akut kranken Patienten“, weiß Beckmann. Mit der Schließung der Praxis geht auch das ganze Wissen um die familiären Krankengeschichten verloren. „Ich habe Jahre gebraucht, um alle Zusammenhänge zu behalten. Von vielen Familien kenne ich drei Generationen.“

Schon alleine über die anstehende Schließung der Praxis zu sprechen, setzt der Hausärztin sichtlich zu. Zweieinhalb harte Monate stehen ihr jetzt noch bevor. „Ich hoffe einfach, dass ich noch bis zum 31. März durchhalte.“