Duisburg. Mit vier Trecker-Konvois haben etwa 150 Bauern in Duisburg gegen Subventionskürzungen demonstriert. Die Polizei und ein Landwirt ziehen Bilanz.
Sanft rieseln die ersten Schneeflocken vom Himmel, der Hochofen von Thyssenkrupp Steel bläst wie gewohnt seinen Rauch in die Luft. Diese Ruhrpott-Idylle wird jäh durch massenhaft lautes Hupen gestört: Einer der vier Bauern-Protestzüge in Duisburg hat am Montagmorgen im Berufsverkehr Duisburg-Bruckhausen erreicht.
Rund 90 Fahrzeuge sind hier auf dem Weg vom Tenderingssee nach Oberhausen. Die meisten Bauern sind mit ihren Treckern unterwegs. Aber auch erstaunlich viele Pkw und Lieferwagen von Speditionen haben sich angeschlossen. In den Autos sitzen zumeist Privatleute, die ihre Autos mit rot-weißem Flatterband geschmückt haben. Unter dem Motto „ein Band, das verbindet“ wollen sie die Bauern unterstützen. Ein zweiter Zug mit 30 bis 40 Landwirten, darunter Bauern aus dem Duisburger Süden, war zuvor bereits in Düsseldorf-Wittlaer gestartet. Deren erstes Ziel: Mettmann.
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Rund 150 Bauern sind mit vier Konvois in Duisburg mit ihren Treckern unterwegs
Die Landwirte machen ihrem Ärger über Subventionskürzungen mit Transparenten und Spruchbändern an ihren Landmaschinen Luft. Darauf steht zum Beispiel: „Ohne Bauern kein Bier“, „No farmers, no food, no future“, „Wir denken in Generationen und nicht in Wahlperioden“. Oder: „.Fachkräfte fehlen auch in der Regierung“.
Die Bauern, die überwiegend aus den Kreisen Wesel und Borken und mit meist zehn bis 15 km/h anrollen, wählen für ihren Demonstrationszug in die Innenstadt die Hauptverkehrsstraßen: Über Friedrich-Ebert-Straße (B8), Weseler Straße, Willy-Brandt-Ring und Kaiser-Wilhelm-Straße etwa geht‘s ins Zentrum, über die Wanheimer Straße und die Düsseldorfer Landstraße Richtung Süden. Die Polizei eskortiert und beobachtet, sperrt ihnen teilweise den Weg frei.
Überall im Land sind solche Konvois unterwegs – allein in Duisburg haben an diesem Montag vier Korsos mit insgesamt geschätzt 150 Landwirten auch das Ziel, den Verkehr zu stören und so auf die Nöte der Bauern aufmerksam zu machen. Angekündigt waren der Polizei zunächst drei Züge, der vierte tauchte etwas überraschend auf.
Zug drei und vier waren jeweils mit elf Treckern in Oberhausen gestartet. Der eine hatte Krefeld zum Ziel, der andere Dinslaken. Im Innenhafen hatten sich die 22 Demonstranten am Mittag zusammengetan und gemeinsam den Weg nach Dinslaken fortgesetzt. Um 14.45 Uhr meldete die Polizei, sie habe den Konvoi nun an der Stadtgrenze den Dinslakener Kollegen übergeben – damit waren die Bauernproteste auf Duisburger Straßen fürs Erste beendet.
Landwirt Thomas Kohl: „Es sollte so sein, wie es geworden ist – eine friedliche Demo“
Thomas Kohl vom Rosenhof Rademacher in Röttgersbach war beim großen Konvoi durch den Norden dabei. Sein Fazit: „Es sollte so sein, wie es geworden ist – eine friedliche Demo“, sagt er. Ein Ziel der Aktion sei gewesen, die Menschen für die Nöte und Sorgen der Landwirte zu sensibilisieren. „Ich denke, das ist uns gelungen. Die meisten Bürger sind auf unserer Seite. Die Kürzungen betreffen uns schließlich alle.“
Wird der Diesel für die Bauern teurer, steigen irgendwann die Lebensmittel-Preise – so einfach sei die Rechnung. „Auf unserem Hof wird Unkraut mechanisch bekämpft, dafür brauchen wir Diesel. Wir wollen unser Gemüse nicht spritzen und ich glaube, das wollen die Bürger auch nicht“, erklärt der Landwirt.
Polizeifazit: „Alles friedlich, keine Blockaden“
Insgesamt sechs Stunden war Kohl mit seinem Traktor unterwegs. Gab es Anzeichen, dass rechte Gruppen die Bauernproteste für ihre Ziele instrumentalisieren? „Ich habe am Straßenrand einen Mann mit einer Reichsfahne gesehen. Außerdem habe ich gehört, dass ein Auto mit einer auffälligen Fahne versucht hat, sich in den Konvoi zu drängen. Aber die Kollegen haben das sofort der Polizei gemeldet, und die hat den Wagen wieder rausgeholt“, berichtet Kohl.
Dieser Vorfall könnte sich auf Oberhausener Stadtgebiet ereignet haben, denn er ist bei der Polizei in Duisburg nicht bekannt. „Alles ist friedlich verlaufen, es gab keine Blockaden“, resümiert Sprecherin Julia Schindler. Verkehrsbehinderungen seien im Rahmen geblieben. „Unser Plan ist aufgegangen.“
Landwirte wollen Duisburger Politiker am Rathaus sprechen
Duisburger Landwirte sind in der „Kreisbauernschaft Ruhrgebietsstädte“ des Rheinischen Landwirtschafts-Verbandes (RLV) organisiert. Darin ist Johannes Benger der Ortslandwirt für Mündelheim und Serm. Benger, der Ackerbau betreibt und einen Pferdepensionsbetrieb hat, konnte sich am Montag wegen der Arbeit keinem Konvoi anschließen. Er und andere Duisburger Landwirte planen noch eine eigene Aktion: Sie wollen mit zwei, drei Traktoren – voraussichtlich am Donnerstag – zum Rathaus fahren und dort Vertreter der Duisburger Parteien treffen.
„Wir planen keine Straßenblockaden und keinen Konvoi“, erklärt Benger. Er hofft auf offene Ohren und „Sachlichkeit“. Die bleibe in der öffentlichen Debatte zurzeit leider häufig auf der Strecke. In den vergangenen zwei Jahren hätten Politik und Gesellschaft von den Landwirten viel gefordert und dabei übersehen, „dass wir als Reaktion darauf die Preise nicht einfach erhöhen können. Da hätten wir auf dem Weltmarkt das Nachsehen.“
Als Beispiel für „viele Maßnahmen, die nicht zusammenpassen“, nennt Johannes Benger das deutsche Glyphosat-Verbot ab 2024. Mal abgesehen davon, dass die EU-Kommission Ende 2023 beschlossen hat, dass der umstrittene Unkrautvernichter weitere zehn Jahre in der EU angewendet werden darf, sei zu bedenken: Wenn die Landwirte auf ihren Feldern Unkraut nicht mehr mit Glyphosat bekämpfen dürfen, müssen sie die Flächen häufiger maschinell bearbeiten – „und dann verbrauchen wir deutlich mehr Diesel“, so Benger. Der Wegfall der Agrardiesel-Subvention „träfe uns so gleich doppelt“.