Duisburg-Marxloh. Aldi verlässt das Marxloh-Center. Wie geht es dort weiter? Die Einzelhändler sorgen sich. Doch einige positive Änderungen stehen schon fest.
Die Spekulationen haben sich bewahrheitet. Aldi Süd hat seine Filiale am August-Bebel-Platz aufgegeben. Diese Entscheidung könnte ernsthafte Konsequenzen für das Marxloh-Center haben, befürchtet der Geschäftsmann Kai-Jens Heinze. Er betreibt den dortigen Lotto-Laden mit Postfiliale und ist Vize-Vorsitzender des örtlichen Werberings. „Wir verlieren viel Laufkundschaft dadurch, dass Aldi rausgegangen ist.“
Denn der Lebensmitteldiscounter war ein wichtiger Kundenmagnet. Für Heinze und die anderen Einzelhändler im Erdgeschoss, die keine großen Filialisten sind, werde es nun schwer. Für den Schlüsseldienst, das Bekleidungsgeschäft „Lucky Fashion“ und den Sonderpostenladen „Centfux“. Wie groß die Einbußen werden, so Heinze, lasse sich wohl schon in den nächsten Tagen und Wochen spüren.
Aldi verlässt das Marxloh-Center: Zurückbleibende Einzelhändler bangen um ihre Existenz
Ein langer Leerstand ist allerdings nicht zu befürchten. Ein anderer Lebensmitteldiscounter soll dem Vernehmen nach in die früheren Aldi-Räume einziehen und sie außerdem vergrößern wollen. Die Möglichkeit dazu bietet beispielsweise die leerstehende Bäckerei, die zeitweilig die Quartiersmanager von „Stark im Norden“ als Büro nutzten.
Einen Umbau hält Heinze für unausweichlich, zumal der fehlende Außenzugang schon lange von Aldi Süd als Standortnachteil gesehen und kritisiert wurde. Zudem sind die Gänge zwischen den Regalen nach aktuellen Standards zu klein und schmal; seit der Aldi-Eröffnung in den Neunzigerjahren wurde das Ladenlokal nicht renoviert.
Neues Konzept für das Einkaufszentrum nötig: Erste Umbaumaßnahmen sind bereits geplant
Definitiv umgebaut wird im Erdgeschoss demnächst der Drogeriemarkt Rossmann, der sich vergrößern möchte. Fachleute haben sich dafür vor Weihnachten bereits das Gebäude angesehen. Für das Geschäft soll auch ein eigener Außenzugang interessant sein.
„Wir brauchen ein neues Flächenkonzept für das Marxloh-Center“, sagt Kai-Jens Heinze. Doch das Center-Management mit Sitz in Hamburg habe darüber noch nicht mit allen Mietern gesprochen. Daher sei „die Unsicherheit groß“, und die Einzelhändler teilen fürchten, dass umfangreiche Bauarbeiten „existenzbedrohend“ werden. Befürchtet wurde im Stadtteil sogar schon ein Domino-Effekt, durch den das Einkaufszentrum stirbt.
Sein Traditionsgeschäft möchte Heinze unbedingt behalten. „Für uns als Post ist das ein idealer Standort, sehr zentral.“ Er sei aber offen dafür, innerhalb des Gebäudes umzuziehen und auch dafür gewappnet, sich zu verkleinern. So rechnet er damit, dass künftig die Nachfrage nach Zeitungen oder Zeitschriften weiter sinkt und dass er ohnehin weniger Fläche benötigen wird. „Der Verbleib meiner Post ist nicht gesichert“, betont der Geschäftsmann jedoch und verweist auf wegfallende Gelegenheitskunden, die früher bei Aldi einkaufen waren und dann spontan bei ihm auch noch etwas gekauft haben. Die zeitweilige Schließung von Rossmann für einen Umbau werde er genauso in der Kasse bemerken.
Zwar komme viel Kundschaft auch gezielt in seinen Laden und nutzt dafür den Zugang vom Parkhaus statt den Haupteingang, aber noch sei nicht abzusehen, wie sich die Bauarbeiten auswirken. Kai-Jens Heinze ist jedoch zuversichtlich, dass das Center-Management jetzt nach den Feiertagen seine Mieter darüber informieren wird.
Media-Markt sieht Bauarbeiten gelassen entgegen – und hat eigene Umbau-Wünsche
Deutlich gelassener sieht der Media-Markt die Entwicklung, auch weil seine Kunden gezielt kommen und nicht spontan nach dem Einkauf von Lebensmitteln oder Drogerie-Artikeln vorbeikommen. „Wir sind der Überlebensgarant für das Marxloh-Center“, sagte Geschäftsführer Muzaffer Celik, als vor gut einem Jahr Gerüchte über die Aldi-Schließung hochkochten. Er bezweifelte einen tödlichen Domino-Effekt und bezeichnete schon damals sein Unternehmen als den Ankermieter für das Einkaufszentrum – nicht Aldi oder einen anderen Lebensmittelhändler.
Auch interessant
Tatsächlich wünscht sich Celik schon lange ein neues Flächenkonzept sowie „notwendige Modernisierungsmaßnahmen“. Dabei spielt seither aber auch die Überlegung eine Rolle, die Fläche des Elektromarkts zu verkleinern und auf einer statt auf zwei Etagen zusammenzuführen.
Türkischer Supermarkt erweitert jetzt sein Sortiment für deutsche Kunden
Das Center-Management war für eine Stellungnahme zur Zukunft des Marxloh-Centers zunächst nicht telefonisch zu erreichen und hat seit der Vorweihnachtszeit schriftliche Anfragen bisher unbeantwortet gelassen. Allerdings gibt es entsprechende Gespräche mit Mietinteressenten. Dazu zählt die Duisburger Unternehmerin Serpil Bektaş, die den benachbarten Istanbul Supermarkt führt und in Marxloh ein weiteres Geschäft eröffnen möchte. Sie habe „viele Ideen“, sagt sie gegenüber der Redaktion, darunter ein Friseurgeschäft und ein türkischer Juwelier.
Davon unabhängig, ob sie einen neuen Laden im Marxloh-Center oder daneben im Im-Brahm-Center eröffnen kann, will sie als Supermarkt-Chefin auf die Aldi-Schließung reagieren. Sie kündigt an, ihr Sortiment um Produkte zu erweitern, die auch Deutsche ohne Migrationshintergrund kennen. Sie denkt beispielsweise an Markenprodukte wie Nutella, Jacobs Krönung, Knorr-Fertigsuppen, aber auch an Gouda-Käse. Jedoch wird es an der Fleischtheke ihres türkischen Supermarkts weiterhin kein Schweinefleisch und in den Regalen keine alkoholischen Getränke geben.
Marxloh-Center muss modernisiert werden: „Die Umbau-Phase wird hart“
Dass das Sortiment im Istanbul Supermarkt wächst, freut auch den örtlichen Bezirksvertreter Claus Lindner. Einerseits sieht der Sozialdemokrat im Auszug von Aldi „eine Chance, das Marxloh-Center zu modernisieren“ und hofft, dass das Einkaufszentrum auch künftig belebt bleibt. „Die Umbau-Phase wird hart“, sagt er andererseits voraus und rechnet mit mindestens einem Dreivierteljahr, bevor im Center ein neues Flächenkonzept umgesetzt ist.
Bis dahin könnten zusätzliche Waren im Istanbul Supermarkt, so zumindest seine Hoffnung, möglichst viel Laufkundschaft im Stadtteil halten – insbesondere Schüler und Berufsschüler sowie Senioren ohne Auto.
Auch interessant
Das würde sich auch Kai-Jens Heinze für die Geschäfte im Einkaufszentrum wünschen. Zumal der Aldi-Rückzug für viele Senioren aus der Nachbarschaft „eine Katastrophe“ sei. Wie viele Kunden sich während einer langen Umbauphase aber vom Marxloh-Center und auch von seiner Postfiliale abwenden, ist für den Einzelhändler nicht absehbar. Die entscheidende Frage ist für den Vize-Vorsitzenden des örtlichen Werberings: „Kommen die Kunden danach überhaupt wieder zurück?“
Diese Frage treibt nicht nur ihn um, sondern auch die anderen Händler am August-Bebel-Platz.
>> Aldi Süd will nach Marxloh zurückkehren und trifft auf Widerstand
● Nicht nur Bauarbeiten im Einkaufszentrum selbst könnten die Händler viele Kundinnen und Kunden kosten. Sie befürchten außerdem Umsatzeinbußen, sobald der August-Bebel-Platz und die Weseler Straße durch das Förderprojekt „Stark im Norden“ neu gestaltet werden. Der Marxloher Marktplatz soll vielleicht sogar komplett autofrei werden.
● Zwar hat Aldi Süd mit der geschlossenen Filiale im Einkaufszentrum den Stadtteil Marxloh verlassen. Der Konzern möchte aber zurückkehren und wenige hundert Meter entfernt, zwischen der Weseler Straße, Dahlmannstraße und Stockholmer Straße, eine moderne Vorzeige-Filiale bauen.
● Dagegen wehren sich die Stadt Duisburg und die Lokalpolitik, denn das Grundstück liegt außerhalb des Bereichs, der für solche großen Lebensmittelgeschäfte im städtischen Einzelhandels- und Zentrenkonzept vorgesehen ist. Eine dortige große Filiale, so die Kritiker, würde dem bestehenden Einzelhandel im Marxloh-Center und in dessen Nachbarschaft schaden und damit dem gesamten Stadtteil.