Duisburg-Marxloh. Wenn es um Marxloh geht, denken die meisten an Müll, Schrottimmobilien und No-go-Areas. Rikarda Licht zeigt, wo man richtig schön wohnen kann.
In Marxloh wohnen? Um Himmels willen, werden da sicher die allermeisten Menschen in Duisburg sagen. Zu schlecht ist der Ruf des Stadtteils. No-go-Areas, Schrottimmobilien und vermüllte Straßen – das ist das Bild, das viele im Kopf haben. Die Wochenzeitung „Die Zeit“ hat vor Kurzem noch einen draufgesetzt und in einem Artikel die Zeile „Marxloh gilt als Roma-Slum“ getextet. Rikarda Licht ärgert sich über die Verbreitung solcher Klischees und Vorurteile und springt immer wieder für Marxloh in die Bresche.
Die pensionierte Lehrerin lebt seit 50 Jahren in dem Stadtteil mit dem wohl schlechtesten Ruf in ganz Deutschland und sagt: „Ich wohne gerne hier und werden einen Teufel tun, von hier wegzuziehen.“ Natürlich gebe es teils große Probleme, das könne man nicht wegdiskutieren: „Aber das ist eben nur eine Seite der Medaille.“ Ihr Credo: „Auch in Marxloh kann man sehr wohl bürgerlich leben.“
Die Zeit schreibt: „Marxloh gilt als Roma-Slum“ – das ärgert die Duisburgerin Rikarda Licht
Und das sogar in der Nähe des Pollmann-Ecks, den Bereich Marxlohs, den die Polizei mit Kameras überwacht. Rikarda Licht fühlt sich wohl in ihrem Haus und in ihrer Straße. Sie wohnt in einem Altbau Am Grillopark. Diese Straße besticht mit alten Bäumen, den Blick auf das Grillo-Gelände, das wie ein Park wirkt, wenn es auch keiner ist. Flanieren dürfen die Anwohner hier nicht. Am Ende der Sackgasse liegt das Elly-Heuss-Knapp-Gymnasium, an dem die Lehrerin viele Jahre unterrichtet hat.
Auf dem Weg dahin kommt man an schönen Altbauten und Villen vorbei. Die Nachbarn kennen sich. „Außerdem kann ich fast alles zu Fuß erreichen, was mir wichtig ist“, sagt die 80-Jährige. Ein großes Ärgernis sei allerdings die lange Sperrung der benachbarten Grillostraße wegen eines maroden Hauses. „Dadurch müssen wir große Umwege fahren und haben fast täglich Verkehrschaos.“
Doch viel lieber möchte Rikarda Licht, über die schönen Seiten ihrer Heimat sprechen. Zum Beispiel über das hübsche Gebäude-Ensemble an der Sandstraße. „Die Häuser sind alle sehr gepflegt, dazu der kleine grüne Platz davor. Hier wohnt man ruhig und zentral.“
Gut leben lässt es sich auch im Wohnquartier Ottostraße/Mathildenstraße. Die Häuser sind eine Augenweide. Im Innenhof gibt es große Bäume und eine gemütliche Sitzgelegenheit für die Mieterinnen und Mieter – allesamt Mitglieder der Wohnungsgenossenschaft Hamborn.
Rund um den Jubiläumshain ist eine Straße schöner als die andere
Von seiner allerbesten Seite zeigt sich Marxloh rund um den Jubiläumshain. „Hier ist eine Straße schöner als die andere. Meine Lieblingsstraße ist die Bayernstraße“, sagt Rikarda Licht. In der Tat: Ob Mecklenburger Straße, Wilhelm-, Hermann-, Preußen- oder Ziegelhorstraße – hier lohnt ein Spaziergang. Bei dem entdeckt man imposante Villen, schmucke Siedlungshäuser mit Fensterläden und liebevoll renovierte Stadthäuser. Einen Slum stellt man sich nun wirklich ganz anders vor.
Für Lebensqualität sorgt natürlich auch der Jubiläumshain, die grüne Lunge Marxlohs. Der Park ist mehr als hundert Jahre alt, dementsprechend imposant ist der Baumbestand. Kinder können zwischen drei Spielplätzen wählen, einer ist sogar ein Wasserspielplatz. In der Mitte gibt es einen Kiosk, der Sitzgelegenheiten zwischen bunter Blumenbepflanzung bietet. „Hier sitze ich gerne, trinke Kaffee und lese ein Buch“, sagt Rikarda Licht.
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>> Die Zeit schreibt unlängst: „Marxloh gilt als Roma-Slum“
- Die Stadt reagiert verschnupft auf diese provokante Formulierung. „Die zugespitzte Verwendung des Begriffs ,Slum’ in Zusammenhang mit Marxloh führt leider zum wiederholten Mal zu einer Stigmatisierung dieses Stadtteiles und wird den zahlreichen privaten und städtischen Aktivitäten überhaupt nicht gerecht“, sagt Pressesprecher Peter Hilbrands.
- Als Stichworte nennt er Initiativen wie „Tausche Bildung für Wohnen“, den BildungsFairbunt.Marxloh oder den Verein Runder Tisch Marxloh, das Projekt „Arrival City“ und das 50-Millionen-Förderprojekt „Stark im Norden – Alt-Hamborn und Marxloh“.
- „Die Zeit hat für ihre Berichterstattung in Marxloh aufwendig recherchiert. Zu den Recherchen gehörte auch ein intensives Gespräch mit dem Leiter des Kommunalen Integrationszentrums. Dass Inhalte dieses Gesprächs, welches der Journalistin einen detaillierten Einblick in die Integrationsarbeit im Stadtteil ermöglicht hat, in der Veröffentlichung keine Erwähnung findet, trägt aus unserer Sicht zur wenig ausgewogenen und zum Teil eindimensionalen Veröffentlichung bei“, ergänzt Hilbrands.