Duisburg-Hochfeld. Rund 50 Hochfelder verabschiedeten sich am Mittwoch in der Pauluskirche von Maria, der Frau von der Wanheimerstraße. Ihr Tod berührt viele.
Eine Woche nach dem Tod von „Maria“ stehen noch immer Dutzende Kerzen und Blumen an „ihrem“ Platz im Eingangsbereich vor der Sparkasse. Ihr Tod hat Duisburg-Hochfeld bewegt. So sehr, dass Martin Hoffmann, Pfarrer an der Paulskirche, nun eine Trauerfeier für die Obdachlose ausrichtete. Rund 50 Hochfelderinnen und Hochfelder erwiesen der 68-Jährigen die letzte Ehre.
Hoffmann weiß, dass viele Gäste wahrscheinlich mit Glauben nicht viel am Hut haben. Doch die Paulskirche versteht sich auch als Zentrum und Treffpunkt mitten im Stadtteil – und Maria war schließlich Nachbarin. Oder wie Hoffmann es beschreibt: „Sie hat sich nicht versteckt, sie hat sich als Lebensmittelpunkt die verkehrsträchtigste Kreuzung ausgesucht. Wenn ich an Hochfeld denke, dann fallen mir der Brückenplatz, der Rheinpark, die kaputten DVG-Haltestellen, der Markt und auch Maria ein. Sie war eine Institution.“
Um ihre Lebensgeschichte rankten sich freilich Mythen. Die einen erzählten sich, sie sei Ärztin gewesen und durch einen familiären Schicksalsschlag aus der Bahn geworfen worden. Andere wollen wissen, dass die Gastarbeiterin psychische Probleme hatte und so auf der Straße landete. „Wenn ich sie angesprochen habe, hat sie mich in einer Sprache angezischt, die ich nicht verstand“, gibt Pfarrer Martin Hoffmann zu. Verbrieft ist hingegen, dass Maria als Mara Vucicevic in Stanovi geboren wurde. „Hochfeld ist gut darin, Menschen, die in Duisburg ankommen, zu integrieren, mit all ihren Problemen und Verrücktheiten. Das wird uns viel zu selten gedankt“, sagt Hoffmann.
Viele Hochfelder Gastronomen, Geschäftsleute und Bürger unterstützten Maria
Eine Besucherin der Trauerfeier formuliert es so: „Es gibt in Hochfeld viele sehr liebenswerte Gastronomen und Geschäftsleute. Ich bin mir sicher, dass Maria nur in dem Netz von Hochfeld überleben konnte.“ Saß sie mal nicht an ihrem Platz, wurde sie vermisst. Geschäftsleute versorgten sie mit Essen. Andere brachten ihr Kaffee und Getränke. „In Neudorf, Duissern oder Großenbaum wäre das wohl nicht möglich. Da würden die Leute achtlos vorbeigehen oder sich vielleicht sogar beschweren, dass da eine Obdachlose vor der Bank herumlungert“, vermutet eine Teilnehmerin. Eine andere Hochfelderin erinnert sich: „Ich kannte Maria aus der Nacht, ich habe viele Jahre Zeitungen ausgetragen. Wie sie manchmal über den Platz gesprungen ist. Sie war einmalig.“
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Mehr als 20 Jahre hat sie tagein, tagaus an der Wanheimer Straße verbracht. „Ich hab an der Paulusstraße gewohnt. Maria gehörte dazu.“ Einigen anderen hat sie vor Augen geführt, dass das Schicksal jeden treffen kann. „Wir müssen aufeinander achten“, sind sich die Gäste bei der Trauerfeier einig. Der „Verein für Menschen in Not“ beteiligte sich mit einem anschließenden Kaffeetrinken.
Die eigentliche Beerdigung wird etwas später stattfinden. Die Stadt sucht derzeit noch nach Angehörigen. Von der Kollekte der Trauerfeier sollen Blumen für die Beerdigung gekauft werden. „Ich mache viele Amtsbestattungen für Menschen, die keine Angehörigen mehr haben. Meistens bin ich alleine“, beschreibt Martin Hoffmann. So voll wie zur Trauerfeier wird die Kirche manchmal nicht beim Weihnachtsgottesdienst.