Duisburg. 24.000 offene Fälle lasten schwer auf der Staatsanwaltschaft Duisburg. Jetzt geht die Behörde einen wichtigen Schritt für einen Durchbruch.

Die Staatsanwaltschaft Duisburg stellt sich breiter auf: Dank einer neuen Dependance in Hamborn haben die rund 300 Mitarbeiter endlich mehr Platz für die zunehmende Arbeit.

Wer je die Behörde an der Koloniestraße in Neudorf besucht hat, der wusste um die Raumnot. „Sie war massiv, zum Teil haben sich drei Staatsanwälte ein Büro geteilt“, beschreibt Staatsanwältin Marieluise Hepe. Das ist bei den vielen Telefonaten, die sie führen müssen, kein Spaß. Mancher saß notgedrungen sogar am „Katzentisch“.

Staatsanwaltschaft Duisburg künftig an zwei Standorten: Shuttle für die Akten

Künftig sind vier Abteilungen und rund 80 Mitarbeiter an der Duisburger Straße im Stadtnorden untergebracht. Sie kümmern sich um Wirtschaftsthemen, Verstöße gegen das Betäubungsmittelgesetz, den Jugendschutz und Sexualstraftaten.

Zwei Etagen mit rund 1800 Quadratmetern Bürofläche und zusätzliche Kellerräume für Akten sind für zehn Jahre angemietet. Ein täglicher Pendelverkehr, der Akten zu den Gerichten bringt, fährt nun auch diese Adresse an. Der neue Standort entspricht den ministeriellen Richtlinien zu Mietpreisen, Raumgrößen und Sicherheitsanforderungen. Die Postadresse und der Besucherverkehr sind weiterhin an der Koloniestraße verortet. Hier können sich die verbliebenen Mitarbeiter jetzt auch ein bisschen breiter machen.

Freuen sich über mehr Platz: Nils Wille, Oberstaatsanwalt und Leiter der Pressestelle und die Staatsanwältinnen Marieluise Hepe (mitte) und Katharina Schmidt.
Freuen sich über mehr Platz: Nils Wille, Oberstaatsanwalt und Leiter der Pressestelle und die Staatsanwältinnen Marieluise Hepe (mitte) und Katharina Schmidt. © FUNKE Foto Services | Thomas Gödde

Die leitende Oberstaatsanwältin Dr. Karin Schwarz macht keinen Hehl daraus, dass die Nebenstelle ein Kompromiss ist, der akut die Arbeit erleichtere. Perspektivisch sei es wichtig, die Behörde an einem neuen Standort zusammenzuführen. Bis dahin gelte es, Nachteile der Spaltung bestmöglich aufzufangen, mit gegenseitigen Besuchen bei Konferenzen etwa.

30 zusätzliche Mitarbeiter helfen den Verfahrensstau auflösen

Die räumliche Enge schränkte die Behörde in den letzten Jahren massiv ein: Für dringend benötigte weitere Mitarbeiter war schlicht kein Platz, weshalb rund 30 neue Kräfte erst jetzt eingestellt werden konnten. Die Staatsanwaltschaft machte deshalb zuletzt im August Schlagzeilen in eigener Sache. Nach Köln war Duisburg die Behörde mit den meisten unerledigten Verfahren: 23.500 Fälle waren es bei Erhebung für die Rangliste im März, 26.197 waren es im Sommer tatsächlich.

Trotz Umzugsstress und Krankheitswelle sei man wieder runter auf rund 24.000 Verfahren. „Im März/April werden wir den Durchbruch haben“, ist sich Schwarz sicher, weil dann die neu ausgebildeten Kolleginnen und Kollegen schon mit anpacken können. „Ganz abbauen werden wir die Welle aber nie.“

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Ursächlich sei auch die gestiegene Zahl von Verfahren insgesamt. Die Behörde ist für alle Delikte in Mülheim, Oberhausen, dem Kreis Wesel und eben Duisburg zuständig. In den letzten Jahren kamen so im Schnitt rund 80.000 Ermittlungen zusammen, 2022 stieg die Zahl dann auf 91.492.

Die neu eingestellten Mitarbeiter müssen hausintern ausgebildet werden, weil aus dem Justiz-Kosmos kaum Personal zu rekrutieren war. Gewählt wurde deshalb Personal aus dem kaufmännischen Bereich. „Für eine geordnete Strafvollstreckung ist es wichtig, arbeitsfähig zu sein“, betont die Behördenleiterin. Deshalb setze man für die juristische Expertise aktuell auf eine Zusatzausbildung Marke Eigenbau.

Berge von rosa Aktendeckeln: Digitalisierungsprojekte kosten Zeit

Jedes Büro in der neuen Dependance ist frisch renoviert. Es wirkt durch die unzähligen rosa Aktendeckel, die sich raumhoch in Regalen stapeln, auf Rollwagen liegen, in Kisten warten, aber ein bisschen aus der Zeit gefallen. Bis die Digitalisierung die letzte Akte ersetzt hat, wird es wohl noch dauern, bekennt Staatsanwalt Nils Wille.

Landesweit gibt es den Plan, Strafsachen bis 2026 zu digitalisieren. Wegen der nötigen Schnittstellen zu Polizeibehörden und Gerichten sei das technisch ein großer Aufwand. „Ordnungswidrigkeitsverfahren laufen bereits rein elektronisch“, sagt Wille, auch Zivilgerichte arbeiten schon überwiegend mit der E-Akte. Die Duisburger Behörde sei nun Teil eines Pilotprojekts, in dem erste Teilbereiche von Strafsachen auf die E-Akte wechseln.

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>>DIE STAATSANWALTSCHAFT DUISBURG

  • Besondere Aufmerksamkeit bekommt die Staatsanwaltschaft in der Öffentlichkeit meist mit Verfahren, in denen es um Organisierte Kriminalität geht, um Kapital- oder Branddelikte. Die Dezernate kümmern sich aber auch um Betäubungsmitteldelikte, Umweltstraftaten, Verfahren aus Jugendrecht, sexueller und häuslicher Gewalt. Den Staatsanwälten kommen auch politische Strafsachen oder Schifffahrtssachen auf den Tisch.
  • Zusätzlich wird im kommenden Jahr das Haus des Jugendrechts an der Mercatorstraße eröffnet. Hier wird ein Staatsanwalt mit mehreren Kräften für den Servicebereich arbeiten, sagt Nils Wille. Ziel ist eine enge Kooperation mit Polizei, Jugendamt und anderen beteiligten Behörden, um Jugendstrafverfahren beschleunigen zu können.