Duisburg. Fast zwei Wochen lang mussten die Mieter eines Mehrfamilienhauses ohne fließendes Wasser auskommen. Die Hintergründe geben Rätsel auf.

130 Liter Wasser pro Tag nutzt jede Person durchschnittlich im Haushalt – zum Kochen, Waschen, Duschen und natürlich für die Toilette. Für die meisten Deutschen ist das eine Selbstverständlichkeit. Nicht so für die Mieter eines Mehrfamilienhauses an der Michaelstraße 15 in Duisburg-Wanheimerort. Ihnen wurde am 25. Oktober um Punkt 8 Uhr der Wasserhahn zugedreht – für fast zwei Wochen.

Inzwischen ist die Wasserversorgung zwar wieder gesichert. Doch Rosemarie Steffen stecken die vergangenen Tage noch ordentlich in den Knochen. „Das muss man sich mal vorstellen, wir mussten rüber zum Friedhof laufen, um uns dort mit Wasser fürs Händewaschen oder die Toilettenspülung zu versorgen, oder haben große Wasserkanister beim türkischen Supermarkt nebenan gekauft", sagt die 55-Jährige.

Mieter in Duisburg-Wanheimerort: Hausverwalterin nicht erreichbar

Steffens Verzweiflung war groß. Ihre Ansprechpartnerin von der Hausverwaltung war tagelang nicht erreichbar. Also versuchte die gelernte Küchenhilfe, woanders Hilfe zu bekommen, rief bei der Wohnungsaufsicht und schließlich bei der Presse an.

Rosemarie Steffen aus Wanheimerort: In großen Kanistern musste sie Trinkwasser in ihre Wohnung schleppen.
Rosemarie Steffen aus Wanheimerort: In großen Kanistern musste sie Trinkwasser in ihre Wohnung schleppen. © FUNKE Foto Services | STEFAN AREND

Doch auch die Nachfragen unserer Redaktion wurden nicht sofort beantwortet: Das Handy der Hausverwalterin, deren Nummer Rosemarie Steffen gespeichert hatte: ausgeschaltet. Die Stadtwerke, die das Objekt an der Michaelstraße beliefern, dürfen aus Datenschutzgründen zunächst nichts sagen. Und der Vermieter, an den Steffen und ihre Nachbarn „immer zuverlässig die Nebenkosten überwiesen haben“ wollen, möchte sich nur schriftlich äußern.

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Der Vermieter, das ist die Firma Accentro Real Estate, ein Wohninvestor aus Berlin und nach eigenen Angaben Marktführer in der Wohnungsprivatisierung in Deutschland. Am Montag, zwölf Tage, nachdem den Mietern in Duisburg das Wasser abgestellt wurde, meldet sich eine Sprecherin des Unternehmens. Ja, es stimme „bedauerlicherweise“, dass die Bewohner kein fließendes Wasser gehabt hätten. Inzwischen sei die Versorgung aber wieder hergestellt.

Accentro: „Lange Bearbeitungszeiten der Stadtwerke und Misskommunikation“

Grund für das Absperren, so gibt die Sprecherin an, seien „lange Bearbeitungszeiten der Stadtwerke, Überschneidungen und Misskommunikation“. Es habe einen Wechsel in der Hausverwaltung gegeben, deswegen hätten die Versorgungsunternehmen kontaktiert und Lastschriften und Einzugsermächtigungen neu ausgestellt werden müssen. Und weiter: „Trotz gezahlter Rechnungen hat der Versorger das Wasser abgestellt und die Wasseruhr demontiert.“

Stadtwerke: „Mehrere Monate Zahlungsaussetzer“

Die Stadtwerke schildern den Fall anders: „Es gab mehrere Monate Zahlungsaussetzer, deshalb kam es zu Mahnungen und schließlich zu der Sperrung“, erklärt Sprecher Thomas Kehler. Tatsächlich, so sagt es auch Rosemarie Steffen, seien die Mieter per Einschreiben von den Stadtwerken informiert worden, dass das Wasser wegen der Zahlungsrückstände abgesperrt werden würde.

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Doch auf die Briefe reagierte offenbar niemand. „Da lag dieses Einschreiben auf meiner Fußmatte, aber ich konnte damit nichts anfangen, hatte ja immer alles gezahlt“, sagt Rosemarie Steffen. So wie sie dachten wohl alle Mieter des Hauses, in dem insgesamt sieben Parteien wohnen.

Und so klemmten die Netze Duisburg tatsächlich am besagten 25. Oktober das Wasser ab. Einen Tag später seien dann alle offenen Rechnungen von Accentro beglichen worden, erklärt Thomas Kehler. „Die Netze wollten den Zugang also wieder öffnen, aber vor Ort bemerkten sie eine so genannte Selbstöffnung, also eine Manipulation. Deswegen wurde der komplette Wasserzähler ausgebaut und konnte erst nach einer externen Prüfung wieder eingebaut werden.“

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Rosemarie Steffen versteht das alles nicht. „Ich hab keine Ahnung, wer war denn da unten an den Leitungen? Wer macht so was?“ fragt die Frau ungläubig. So etwas wie in den letzten Tagen will sie nie wieder erleben. Fassungslos schüttelt die Duisburgerin den Kopf. „Dass das in Deutschland überhaupt möglich ist!“ Immerhin: Zum Friedhof muss Rosemarie Steffen nun nicht mehr laufen. Die Toilettenspülung funktioniert wieder.

Das Mehrfamilienhaus in Wanheimerort gehört einem Wohninvestor mit Hauptsitz in Berlin.
Das Mehrfamilienhaus in Wanheimerort gehört einem Wohninvestor mit Hauptsitz in Berlin. © FUNKE Foto Services | STEFAN AREND

>>> Stadtwerke: Wasser wird erst nach mehreren Mahnungen abgesperrt

  • Die Stadtwerke erklären, es gebe ein „mehrstufiges Mahnverfahren“, bevor das Wasser wirklich abgestellt werde. Mieter würden in der Regel mindestens zwei Wochen im Voraus informiert. Es sei dann normalerweise noch genug Zeit, eine Sperre abzuwenden.
  • Laut Umweltbundesamt nutzt jede Person in Deutschland im Schnitt täglich knapp 130 Liter Trinkwasser im Haushalt, der überwiegende Anteil dieses Wassers wird für Reinigung, Körperpflege und Toilettenspülung verwendet. Nur geringe Anteile nutzen die Menschen tatsächlich zum Trinken und für die Zubereitung von Lebensmitteln.
  • Für die Herstellung von Lebensmitteln, Bekleidung und anderen Bedarfsgütern wird dagegen so viel Wasser verwendet, dass es 7200 Litern pro Person und Tag entspricht.