Duisburg-Wanheimerort. Mitten auf dem Waldfriedhof Duisburg spielte „Der Tod“ sein Comedy-Programm „Sterben kann so niedlich sein“. Ist das morbide? Oder genau richtig?

Es ist ein skurriler Ort für eine Bühnenshow: Erst vor wenigen Tagen haben sich in der Trauerhalle auf dem Waldfriedhof in Duisburg noch Angehörige von ihren Verstorbenen verabschiedet. Jetzt sitzen dort rund 150 Zuschauer, schwatzen fröhlich und blicken voller Erwartung auf eine Leinwand und einen Mikrofonständer, an dem ein Skelett baumelt.

Chorale Gesänge ertönen, dann betritt eine Gestalt die Bühne. Schwarze Kutte, das Gesicht stets sorgsam unter einer übergroßen Kapuze versteckt. Es ist kein Geringerer als „Der Tod“. Er ist gekommen, um die Menschen zum Lachen zu bringen.

„Der Tod“ zu Gast auf dem Waldfriedhof in Duisburg

Mit Liedern, Gedichten und Geschichten über die Vergänglichkeit will der Schöpfer der Kunstfigur „Der Tod“ Leichtigkeit in den Umgang mit einem schweren Thema bringen.
Mit Liedern, Gedichten und Geschichten über die Vergänglichkeit will der Schöpfer der Kunstfigur „Der Tod“ Leichtigkeit in den Umgang mit einem schweren Thema bringen. © FUNKE Foto Services | Oliver Müller

Seit mehreren Jahren bespielt die Kunstfigur „Der Tod“ Bühnen in ganz Deutschland. „Death Comedy“ nennt sich das. In Duisburg ist „Der Tod“ zum zweiten Mal zu Gast, im Gepäck diesmal das vierte Abendprogramm „Gevatter Unser – Sterben kann so niedlich sein“.

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Mit Liedern, Gedichten und Geschichten über die Vergänglichkeit soll Leichtigkeit in den Umgang mit einem schwierigen Thema kommen. Und das scheint zu gelingen: Schon als sich „Der Tod“ als „neues Maskottchen des MSV Duisburg“ vorstellt, schallen die ersten Lacher durch den Saal. Danach geht es lustig weiter: „Der Tod“ erzählt, dass er stets mit der Bahn fährt. „Ich werde ja immer dafür kritisiert, dass ich zu früh komme, dann gleicht sich das wieder aus!“ Und er weist darauf hin, die Zuschauer könnten sich ruhig fallenlassen, falls es ihnen während der Show schlecht gehen sollte. „Sie sind hier bestens versorgt!“

Im Regal liegen Broschüren, die Trauernde trösten sollen

Tatsächlich befindet sich direkt neben der Trauerhalle das Krematorium. Und auch sonst wird den Zuschauern während der Vorstellung immer wieder bewusst, wo sie sich gerade befinden: Die glatten, hohen Wände, die hübschen Hängelampen, die an Sterne erinnern, im Regal an der Wand liegen neben Gesangbüchern auch Broschüren zur Liebe Gottes, die Trauernden Trost spenden sollen.

Witzige Fan-Utensilien gab es am Merchandising-Stand zu kaufen, der im Eingangsbereich der Trauerhalle aufgebaut war.
Witzige Fan-Utensilien gab es am Merchandising-Stand zu kaufen, der im Eingangsbereich der Trauerhalle aufgebaut war. © FUNKE Foto Services | Oliver Müller

Ja, es ist ein skurriler Ort für eine Bühnenshow, und unwillkürlich drängt sich die Frage auf: Darf man sich über den Tod lustig machen? Und das ausgerechnet hier?

Auf jeden Fall, meint Albert Bettin. Der 59-Jährige ist Seelsorger und wurde von einer guten Bekannten zum Comedy-Event auf den Friedhof geschleppt. Vielleicht weil er, wie Bettin sagt, dem Tod selbst gerade zweimal von der Schüppe gesprungen ist. Hinter ihm liegen zwei Bypass-OPs und ein fiebriger Infekt mit mehrwöchigem Krankenhausaufenthalt. „Wir sollten es leichter nehmen, dass wir alle sterblich sind“, findet der Mann aus Mönchengladbach. Er verweist auf die alte Tradition des Leichenschmauses. „Es wird, glaub ich, nirgends so viel gelacht wie da, und das ist gut so.“

„Man muss sich dem Tod stellen – warum nicht mit Humor?“

Sigrid van Kempen sieht das ähnlich. Die 60-jährige Frau aus Buchholz ist an diesem Abend nur zufällig in die Trauerhalle gekommen, weil diese „so hell erleuchtet war“. „Man muss sich dem Tod stellen – und warum nicht auch mit Humor?“

Viele Menschen haben offenbar dasselbe Empfinden: „Der Tod“ jedenfalls wird mit seinem Programm auch für Beerdigungen gebucht und performt sogar am offenen Grab. „Das wurde dann im Testament vermerkt“, erzählt die Gestalt in der schwarzen Kutte, die anonym bleiben möchte, beim Interview.

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Auch Auftritte auf Hospizstationen sind nicht selten. Wichtig sei, das Thema stets auf eine amüsante Weise zu behandeln, aber nie respektlos. „Ich gehe nicht unter die Gürtellinie und würde zum Beispiel keine Witze über Verstorbene machen.“

Bei jedem Auftritt dabei: Der Spendenschädel, in dem „Der Tod“ Geld für Vereine und Initiativen sammelt.
Bei jedem Auftritt dabei: Der Spendenschädel, in dem „Der Tod“ Geld für Vereine und Initiativen sammelt. © FUNKE Foto Services | Oliver Müller

Und so ergibt am Ende alles einen Sinn. Eine Trauerhalle ist ein skurriler Ort für eine Bühnenshow über die Vergänglichkeit. Aber es tut gut, dem Tod mit einem Lachen entgegenzutreten. Gerade hier.

>> Wirtschaftsbetriebe Duisburg luden zum Stelldichein mit „Dem Tod“ ein

  • Zu dem ungewöhnlichen Treffen mit „Dem Tod“ hatten die Wirtschaftsbetriebe Duisburg eingeladen.
  • Normalerweise finden in der Trauerhalle keine öffentlichen Events statt. „Als wir das Programm vor fünf Jahren zum ersten Mal hier auf die Bühne geholt haben, haben wir uns Sorgen gemacht, wie es ankommt“, erzählt Reinhold Adrian, Geschäftsbereichsleiter Grünflächen bei den Wirtschaftsbetrieben.
  • Doch die Resonanz war von Anfang an positiv – und auch „Sterben kann so niedlich sein“ nahezu ausverkauft.
  • Infos zum Programm von „Der Tod“ gibt es auf www.endlich-tod.de