Duisburg. Gesperrte Brücken und Autobahnen, Dauerstau – Duisburgs Verkehr kollabiert. Die Aussichten sind noch schlechter. Wer ist schuld? Ein Kommentar.

Es ist eine Szene, die sehr viel über die dramatische Lage auf Duisburgs Straßen und Autobahnen aussagt. Eine Frau schlägt verzweifelt auf das Lenkrad ihres Peugeot und flucht durch das offene Seitenfenster: „Wo soll man hier noch Auto fahren?“ So geschehen im morgendlichen kilometerlangen Dauerstau auf der Umleitungsstrecke der Karl-Lehr-Brückenzug-Sperrung. Der Straßenverkehr in der Stadt an Rhein und Ruhr kollabiert – und die Aussichten sind düster. Die Duisburger sind auch Opfer einer schlechten Gesamtplanung.

Montagmorgen – Stillstand auf der Emmericher Straße in Meiderich, Mittwochnachmittag – kilometerlanger Stau vor dem Kreuz Duisburg auf der A 59. Ach ja, die Verbindungen im Kreuz Duisburg-Nord sind aktuell auch noch gesperrt. Und: Mitte Oktober sperrt die Autobahn GmbH für mehrere Tage die A 59 komplett zwischen den Anschlussstellen Duisburg-Meiderich und dem Autobahnkreuz Duisburg.

Hinzu kommt noch: Das Autobahnkreuz Kaiserberg ist aufgrund der umfangreichen Sanierungen ein Nadelöhr – und wird es auch noch für Jahre bleiben. Über eine Stunde brauchen Autofahrer stellenweise hier, um aus der Stadt hinauszukommen.

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Nicht zu vergessen – ja, es geht noch weiter: An der A40-Rheinbrücke Neuenkamp stehen ebenfalls Vollsperrungen an. Sie werden sich auf jeden Fall zeitlich mit der Sperrung des Karl-Lehr-Brückenzugs überschneiden. Die nächste Ausweichroute ist dann im Eimer.

Große Unzufriedenheit über Duisburgs Stau-Horror: Wo hakte die Absprache?

Die großen Verlierer dieses Verkehrschaos sind die Menschen, die hier leben oder arbeiten – und die Unternehmen, die in Duisburg ansässig sind. Im Café, im Fitnessstudio, im Supermarkt oder im Büro: Duisburgs Stau-Horror ist das Thema Nummer eins. Die Unzufriedenheit ist riesengroß. Die Nerven liegen blank. Den Bürgerinnen und Bürgern reicht es einfach.

Der Karl-Lehr-Brückenzug bleibt noch bis in den November hinein gesperrt.
Der Karl-Lehr-Brückenzug bleibt noch bis in den November hinein gesperrt. © FUNKE Foto Services | Tanja Pickartz

Denn: Es verschlechtert die Lebensqualität massiv, jeden Tag mit dem Auto auf dem Weg zur Arbeit, zum Kindergarten oder zum Einkaufen ein Teil der zähfließenden Blechlawine zu werden.

Viele Duisburgerinnen und Duisburger schimpfen erst einmal auf die Stadt. Doch das ist nicht ganz richtig. Zur Wahrheit gehört: Es gibt nicht den einen Schuldigen. Klar ist: Die einzelnen Maßnahmen sind unumgänglich. Bei der Karl-Lehr-Brücke haben die städtischen Planer fieberhaft nach einer Alternative zur monatelangen Vollsperrung gesucht. Letztendlich habe es aber keine realisierbare Möglichkeit gegeben.

Was mit Blick auf die zahlreichen Bauarbeiten und die damit verbundenen Sperrungen unübersehbar ist: Die Absprache zwischen den Planern bei der Stadtverwaltung, der Autobahn GmbH Rheinland und der Autobahn GmbH des Bundes verdient die Note mangelhaft. Dort hinter die Kulissen zu blicken ist schwierig: Wer hat hier geschlafen? Nicht miteinander gesprochen und geplant? Wem fehlte der Weitblick? Und wem die Flexibilität oder Kreativität?

Es ist zu vermuten, dass eine Stadt im Vergleich zu Landes- und Bundesbehörden eher am unteren Ende der Hackordnung zu finden ist und somit auf deren Verständnis bauen muss. Hinter hervorgehaltener Hand heißt es allerdings, dass die Ankündigungen über die anstehenden Autobahnsperrungen an einigen Stellen für Erstaunen gesorgt haben sollen.

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Das Beispiel Duisburg zeigt: Die behördenübergreifenden Strukturen für die hochkomplexe Aufgabe der Verkehrswegesanierung müssen dringend überdacht werden. Ansonsten kann den Duisburgern nur Angst und Bange werden. Die nächsten Mammutaufgaben lassen nämlich nicht mehr lange auf sich warten: der Neubau der maroden Berliner Brücke und der Ausbau der A 59 im Duisburger Norden.

Was am Verkehrsknotenpunkt von Rheinland und Ruhrgebiet erschwerend zum Sanierungsstau und zur unkoordinierten Planung hinzu kommt: Für viele Duisburger und Pendler ist der Umstieg auf Bus und Bahn keine Alternative. Diese stehen ohne eigene Spur zu oft mit im Stau, und das innerstädtische ÖPNV-Netz in Duisburg ist viel zu dünn für eine Großstadt. Ab dem Wochenende bremst dann zusätzlich die große Sperrung den Zugverkehr in der Region aus.