Duisburg. Duisburgs einzige Waldorfschule wird abgewickelt. Warum Insolvenzverwalter und Arbeitsgericht involviert sind. Und was mit den Ziegen passiert.
Vor dem Amtsgericht Duisburg ist ein vorläufiges Insolvenzverfahren für die ab Ende Juli geschlossene Waldorfschule in Duisburg eröffnet worden. Parallel organisiert der Förderverein seine Auflösung, die Tiere auf dem Gelände sind in Not und ein Arbeitsgericht ist jetzt auch noch mit der Schule befasst.
Der beauftragte Insolvenzverwalter Dr. Andreas Röpke betont, dass es sich um ein nicht öffentliches Verfahren handele und er zu Details noch nichts sagen könne. Er ist laut Gerichtsbeschluss ermächtigt, Bankguthaben einzuziehen und vor Ort Unterlagen einzusehen.
Staatsanwaltschaft Duisburg ermittelt weiter gegen ein Elternpaar und Geschäftsführerin
Die Mitglieder des Fördervereins wurden zu einer Mitgliederversammlung Mitte August eingeladen, in der die Auflösung des Vereins beschlossen werden soll. Als Liquidatoren werden die Geschäftsführerin und der Vorsitzende vorgeschlagen.
Gegen die Geschäftsführerin ermittelt allerdings seit über einem Jahr die Staatsanwaltschaft Duisburg. Es steht der Vorwurf der Untreue im Raum. Ob sich das beweisen lässt, ist weiterhin offen, die Ermittlungen dauern an, sagt Staatsanwältin Melanie Anderhub. Auch die Ermittlungen gegen ein Ehepaar aus dem schulischen Umfeld, das anonymisiert beleidigende Nachrichten an die Geschäftsführerin geschickt haben soll, dauern an.
Über die Telefonnummer und den Provider konnten die anonymen Nachrichten dem Paar zugeordnet werden, so Anderhub. Gegenstand der Ermittlung seien zehn Benachrichtigungen. Todesdrohungen seien darin nach derzeitigem Stand nicht ausgesprochen worden.
Vorsitzende schlagen als „Erben“ eine Einrichtung in Essen vor
Parallel zu diesen strafrechtlichen Auseinandersetzungen soll der Förderverein aufgelöst werden. In der Satzung ist geregelt, was bei einer Auflösung mit dem noch vorhandenen Vermögen passieren soll. Demnach fällt es entweder an den Bund Freier Waldorfschulen – was nach der gerichtlichen Auseinandersetzung und dem angedrohten Rauswurf aus dem Bund nicht wahrscheinlich ist. Oder es fällt an „eine Körperschaft des öffentlichen Rechts oder eine andere steuerbegünstigte Körperschaft zwecks Verwendung für die Jugendförderung“.
Die Vorsitzenden des Fördervereins schreiben in ihrer Einladung, dass das nach der Liquidation übrige Vermögen an das Weigle-Haus in Essen fallen könnte. Es wird kein Zufall sein, dass hier der zweite vorgeschlagene Liquidator arbeitet. Ob angesichts der Anwalts- und Gerichtskosten noch Vermögen zu verteilen sein wird, bleibt abzuwarten.
Rückforderungen der Bezirksregierung noch offen
Offen ist auch, ob die Schule Gelder an die Bezirksregierung zurückzahlen muss. Rückforderungen werden erhoben, „wenn der Ersatzschule Kosten, die in den Abschlägen berücksichtigt wurden, nicht im entsprechenden Umfang entstanden sind“, erklärt eine Sprecherin der Bezirksregierung. Das wäre zum Beispiel der Fall, wenn es innerhalb des Kollegiums in den vergangenen Monaten Abgänge gab.
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Erst nach Prüfung der Jahresrechnung stehe die Höhe des Landeszuschusses fest, auf den die Schule einen Anspruch hatte. Dieser Betrag werde mit den vom Land geleisteten Abschlagszahlungen abgeglichen. Die Rechnung für das Haushaltsjahr 2023 liege aber noch nicht vor.
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Wie geht es für die Schülerinnen und Schüler der Waldorfschule weiter?
Die Bezirksregierung erklärte in der vergangenen Woche auf Anfrage, dass ihr weiterhin keine Liste der Schüler vorliege. „Beim Schulamt der Stadt Duisburg haben bislang rund 40 Eltern nach einem Grundschulplatz für ihr Kind angefragt“, schreibt eine Sprecherin. „Für Schulplätze in der Sekundarstufe I haben sich rund 20 Eltern an die Bezirksregierung gewandt.“
Man gehe davon aus, dass insbesondere die Eltern der Schülerinnen und Schüler der Sekundarstufe I Plätze an Waldorfschulen in umliegenden Städten suchen. Bei der Koordinierung von Schülerinnen und Schülern im Grundschulbereich sei die Schulaufsicht bemüht, wohnartnahe Schulplätze anzubieten und keine Schule zu überfordern.
Was passiert mit den Tieren auf dem Gelände der Waldorfschule?
In den sozialen Netzwerken ist derzeit ein Spendenaufruf für die Tiere der Waldorfschule unterwegs. Noel Klingenburg ist der Verfasser. Ihm gehören die zehn Ziegen und sechs Hühner, die derzeit noch auf dem Schulhof in Hüttenheim leben. Er ist ehemaliger Waldorfschüler und kümmert sich nach eigenen Angaben seit 13 Jahren ehrenamtlich um ihr Wohlergehen.
Die Futterkosten würden aktuell nicht mehr von der Schule getragen, daher habe er sich für den Aufruf entschieden, um nicht alleine auf den Kosten sitzen zu bleiben. Für kleinere Arbeiten auf dem Gelände und die Hofreinigung war Klingenburg zudem auf geringfügiger Basis angestellt. Die Geschäftsführung habe ihm jetzt fristlos gekündigt.
Er habe am Arbeitsgericht Klage eingereicht, um eine betriebsbedingte Kündigung zu erhalten. Fristlose Kündigungen seien nicht nur an ihn gegangen, sondern auch an das Kollegium und die Reinigungskraft, sagt Klingenburg. Die Schule äußert sich auf Nachfrage nicht zu diesen Vorwürfen.
Wohin fließen Gelder aus einem Förderprogramm des Bundes?
Bärbel Bas hatte im Mai verkündet: Rund 140.000 Euro aus dem Bundesprogramm „Das Zukunftspaket für Bewegung, Kultur und Gesundheit“ fließen für Kinder- und Jugendprojekte nach Duisburg – sie gehen an das Soziokulturelle Zentrum Stapeltor, an den Kreisverband des Deutschen Roten Kreuzes und den Förderverein der Waldorfschule.
Ein Sprecher des Familienministeriums erklärte jetzt: „Die Mittel in Höhe von 11.011,93 Euro fließen zurück in das Budget des Förderprogramms und können grundsätzlich im Rahmen des laufenden Antragsverfahrens neu gebunden werden.“
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