Duisburg. Mit Dirk Harder verlässt ein beeindruckender Erfahrungsschatz die Duisburger Polizei. Welche drei Fälle den Kripo-Chef besonders beschäftigten.

Generationswechsel bei der Duisburger Polizei: Mit Dirk Harder verabschiedet sich in diesem Sommer ein zweites sehr bekanntes Gesicht der Behörde in den Ruhestand. Mit dem Leiter der Direktion Kriminalität geht auch ein beeindruckender Erfahrungsschatz.

Der gebürtige Duisburger hat eine nicht alltägliche Karriere bei der Polizei hingelegt: 30 seiner 42 Dienstjahre absolvierte er im höheren Dienst. Er ist damit aktuell der dienstälteste Beamte im höheren Dienst der nordrhein-westfälischen Polizei.

Die Laufbahn des leitenden Kriminaldirektors ist gespickt mit besonderen Aufgaben. Ein Auszug: Beim Landeskriminalamt (LKA) baute er ein neues Dezernat für Finanzermittlungen auf, leitete dort die Abteilung für Cyberkriminalität. Zwischendurch war er bei der Essener Polizei Chef der Kriminalinspektion für organisierte Kriminalität und Leiter des „Ständigen Stabes“.

Es gibt aber auch einen Zeitraum in Dirk Harders Lebenslauf, in dem sich die Spur verliert – keine Fotos und auch keine Erwähnungen in Pressemitteilungen. Heute kann Harder darüber sprechen: Es ist die Zeit, in der er das Dezernat für verdeckte Ermittlungen inklusive Zeugenschutz beim LKA führte. „Hätte man mich erkannt, hätte das zum Beispiel Hinweise auf Gebäude geben können, die wir angemietet hatten“, erklärt der 61-Jährige.

Polizei Duisburg: 2018 übernahm Dirk Harder die Kriminaldirektion

2018 übernahm Harder dann die Leitung der Kriminaldirektion in seiner Geburtsstadt. „Ich hatte es lange vermieden, hier bei der Polizei zu arbeiten. Ich wollte zum Beispiel nicht bei Ermittlungen ehemaligen Klassenkameraden gegenüberstehen“, begründet er.

Oft führte die Ermittlungsarbeit der Direktion von Dirk Harder zum Erfolg.
Oft führte die Ermittlungsarbeit der Direktion von Dirk Harder zum Erfolg. © FUNKE Foto Services | STEFAN AREND

In seiner Funktion steuert der Kriminalbeamte noch bis Ende August den Kampf gegen das Verbrechen in der Großstadt. Er ist und war jahrelang der Mann, der entscheiden musste, für welche Ermittlung der größtmögliche Personalaufwand betrieben wurde – und auch welche Arbeit dadurch hinten anstehen musste. „Ressourcenverteilung“, nennt Harder das.

Im Polizeipräsidium heißt es, dass vor allem mit ihm ein Paradigmenwechsel stattgefunden habe. Harder habe immer das Miteinander der fünf Direktionen im Blick gehabt und nicht nur den Vorteil seines Bereichs. Der erfahrene Polizist gilt als pragmatisch und unaufgeregt.

Der Fall „Baby Mia“: „Dass wir das nicht lösen konnten…“

Drei Fälle in seiner Duisburger Zeit haben den Kripo-Chef besonders gefesselt. Er war es, der nach dem Stückelmord am Rocker Kai M. nach den Aussagen eines Kronzeugen die Ermittlungen neu aufrollen ließ. Derzeit wird die Gewalttat vor Gericht verhandelt.

Stolz ist Dirk Harder auf die Leistung seiner Ermittler beim Mord an der Stresemannstraße im Duisburger Innenhafen: Hier hatte im August 2022 eine Frau versucht, den von ihr begangenen Mord an einer 84-Jährigen deren dementer Mitbewohnerin in die Schuhe zu schieben. Mit akribischen Nachforschungen kam das junge Team der 46 Jahre alten Nachbarin der Seniorinnen-WG auf die Schliche – eine spektakuläre Wende. Im Juni verurteilte das Landgericht sie zu einer lebenslangen Haftstrafe.

Eine traurige Sache ist Dirk Harder tagtäglich präsent, denn das Plakat zum Öffentlichkeitsaufruf hängt an einer Tür seines aufgeräumten Büros. Es geht um den Fall „Baby Mia“. Am 17. November 2018 wird im polnischen Kielce die Leiche eines Säuglings in einem aus Duisburg stammenden Altkleidertransport entdeckt. Die Ermittler nennen das tote Kind „Mia“, betreiben einen beispiellosen Aufwand, um den gewaltsamen Tod des Kindes zu klären – bislang ohne Erfolg. „Dass wir das nicht lösen konnten….“, sagt der Familienvater und schüttelt den Kopf.

Der Fall „Baby Mia“ ist trotz enormen Aufwands bis heute ungelöst.
Der Fall „Baby Mia“ ist trotz enormen Aufwands bis heute ungelöst. © FUNKE Foto Services | Tanja Pickartz

Generell blieben nur wenige Kapitalverbrechen unter seiner Ägide ungelöst. 2020 erreichte die Kriminalpolizei einen Zehn-Jahres-Rekord bei der Aufklärungsquote.

Um Aufklärungsquoten, Personalressourcen und Ermittlungen wird sich das Leben von Dirk Harder bald nicht mehr drehen. Ein wenig Wehmut sei dabei, gibt er zu. Und die Entscheidungsbefugnisse, mit denen er lange ausgestattet war, wird er im Ruhestand nicht haben. Harder ist sich sicher: „Die Entscheidungen trifft nun meine Frau.“

>> Nachfolger für Dirk Harder steht fest

  • Neben Dirk Harder geht mit Ulrich Heuke in diesen Tagen auch ein zweiter Direktionsleiter der Duisburger Behörde in den Ruhestand.
  • Dirk Harder übernahm die Direktionsleitung im Jahr 2018 von Dieter Kretzer, der seinerzeit ins Landeskriminalamt nach Düsseldorf wechselte.
  • Neuer Leiter der Direktion Kriminalität in Duisburg wird ab 1. September Christian Voßkühler. Er kommt von der Oberhausener Polizei.