Düsseldorf. Immer häufiger beobachten professionelle Helfer, dass Unfallzeugen keine Erste Hilfe leisten können, oft liegen Kurse Jahre zurück. Nicht einmal die Hälfte der ersten Helfer vor Ort können bei einem Atemstillstand reagieren. Der Rettungsdienst spricht von einer lebensgefährlichen Wissenlücke.

Rette andere, wer kann! Aufmerksam beobachtet die Düsseldorfer Feuerwehr einen gefährlichen Trend: Im ersten Halbjahr 2014 mussten Mitarbeiter der Notrufzentrale 65 Mal Anrufern am Telefon erklären, wie eine leblose Person wiederbelebt werden kann, wenn ein akuter Herzstillstand vorliegt. Denn dann reicht es nicht, auf professionelle Hilfe zu warten. Es muss sofort mit einer Herzmassage begonnen werden.

Aber wie? Den Brustkorb 100 bis 120 Mal pro Minuten fünf bis sechs Zentimeter tief eindrücken. Das ist das Wichtigste. Wer die Mund-zu-Mund-Beatmung beherrscht, kann zusätzlich nach jeweils 30 Massagen dem Patienten zwei Atemzüge Luft einhauchen.

Kurse liegen oft Jahre zurück

Aber entscheidend und lebensrettend ist die sofortige Herzmassage; so lange bis Helfer eintreffen. Nicht nachlassen – auch dann nicht, wenn Rippen brechen!

Und genau hier liegt die Krux: Zeugen eines Notfalls haben Angst, ein Opfer zusätzlich zu schädigen. Das Deutsche Rote Kreuz hat zusammen mit dem ADAC nach den Erste-Hilfe-Kenntnissen gefragt. Bei rund 40 Prozent der Antwortenden lag der letzte Erste-Hilfe-Kurs mehr als zehn Jahre zurück. Nur jeder fünfte kann spontan und richtig eine Person wiederbeleben.

Weniger als die Hälfte wissen Bescheid

46 Prozent der Befragten gaben an, einen Menschen in die stabile Seitenlage bringen zu können, 41 Prozent können bei einem Atemstillstand helfen und nur 20 Prozent wissen, wie eine lebensbedrohliche Blutung gestoppt werden kann.

Zusammen mit der wachsenden Zahl älterer Bürger treibt die lebensgefährliche Wissenslücke die Zahl der Einsätze im Düsseldorfer Rettungsdienst in die Höhe. Im Jahr 2000 mussten die Ärzte und Sanitäter 82.617 Mal ausrücken. Im Jahr 2013 lag die Einsatzzahl um rund 38 Prozent höher – bei 116.557 Fahrten für 80 Notärzte und 450 Sanitäter in der Stadt.

Abnehmende Nothilfekompetenz in der Bevölkerung

Diese Retter haben eine goldene Regel: Bei 90 Prozent der Notrufe wollen sie spätestens nach acht Minuten am Einsatzort sein. „Nach Meinung unserer Experten gibt es einen Zusammenhang zwischen den steigenden Einsatzzahlen und der abnehmenden Nothilfekompetenz in der Bevölkerung“, sagt der Sprecher der Johanniter-Unfallhilfe, Dr. Tobias Eilers.

Weil die wachsende Zahl älterer Menschen und ihre Bedürfnisse sich ebenfalls in der Statistik bemerkbar machen, sei es schwer, die Erkenntnis mit belastbaren Zahlen zu untermauern.

„Erste Hilfe in 9. Klassen“

Ralf Nickut ist beim Deutschen Roten Kreuz, DRK, der zuständige Fachmann: „Das DRK in Düsseldorf bildet in 2014 7650 Personen in 571 Kursen in Erster Hilfe aus, in 2013 waren es 7543 Personen in 573 Kursen.“

Zusätzlich gebe es seit Jahren in den weiterführenden Düsseldorfer Schulen gemeinsam mit der Stadt Düsseldorf das Projekt „Erste Hilfe in 9. Klassen“. Hier werden Schüler in Erster Hilfe unterrichtet. 2014 werden voraussichtlich 2131 Mädchen und Jungen unterrichtet, in 2013 waren es 1945 Schüler.“

Seit vielen Jahren fordern die Hilfsorganisationen, dass zumindest Autofahrer die für den Führerschein notwendige Erste-Hilfe-Prüfung regelmäßig wiederholen. Die Düsseldorfer Zahlen zeigen, wie wichtig das wäre.