Üben macht den Meister: Bei kaum einer Berufsgruppe trifft das mehr zu als bei der Feuerwehr. Damit im Ernstfall jeder Handgriff sitzt, trainieren die Düsseldorfer Einsatzkräfte das gesamte Jahr über: In U-Bahnen, auf dem Flughafen, oder wie am Samstag in einem Industriegebiet im Düsseldorfer Süden.
Dichter Rauch drängt durch den Rheinbahn-Tunnel, verletzte Passagiere schreien. Das Feuer lodert, irgendwo da unten, die Einsatzkräfte hören es bereits. Nur sehen werden sie es nicht, denn es gibt gar keine Flamme. Es ist eine Feuerwehrübung, das ganze Jahr über trainieren die Düsseldorfer Brandbekämpfer für den Ernstfall: Bei der Rheinbahn, am Flughafen, auf ihren Wachen. Oder wie am heutigen Samstag in einem Industriegebiet an der Hasselsstraße. Denn üben gehört für die Berufs- aber auch für die freiwillige Feuerwehr zum Joballtag: „Besonders Einsätze, die nicht so häufig passieren, müssen umso intensiver trainiert werden“, erklärt Tobias Schülpen, Zugführer an der Wache Münsterstraße.
Und davon gibt es einige: So simulierte die Feuerwehr erst vor Kurzem einen Verkehrsunfall zwischen einem Bus und einer Bahn auf dem Rheinbahngelände, sperrte die B8n zur Abendstunde, um einen Autobahn-Crash zu üben. Auch auf dem Flughafen wird sich alle zwei Jahre auf den Ernstfall vorbereitet, und ebenfalls die Arena war Schauplatz eines gespielten Großeinsatzes. Schülpen: „Bei Neubauten ist das wichtig, damit wir bereits über Erfahrung verfügen und diese im Notfall einsetzen können.“
Doch die Theorie muss auch immer wieder angewendet werden: Die Großübung an der Hasselsstraße im Düsseldorfer Süden ist so ein Fall: Deckeneinsturz im Fabrikgebäude, 20 Verletzte. Drei Löschzüge der Feuerwehr, dazu 200 Einsatzkräfte sind vor Ort. Ein „Manv“, wie es in der Fachsprache heißt: Massenanfall von Verletzten, einmal im Jahr wird er simuliert. Die Feuerwehr spricht von diesem Szenario, wenn der normale Rettungsdienst die Versorgung der Patienten nicht mehr leisten kann. Schülpen: „In einer Stadt wie Düsseldorf ist das bei mehr als zehn Verletzten oder Erkrankten der Fall.“ Mit 20 Opfern ist es noch eine recht kleine Manv-Übung. In den Schubladen der Feuerwehrzentrale liegen Einsätzpläne für mehrere hundert Opfer. „Man versucht immer so viel wie man kann vorauszuplanen.“
Auch dazu dienen die Übungen. Sie zeigen, wie schnell ein Verletzter versorgt und ob das richtige Krankenhaus für ihn ausgesucht wurde. „Ein Patient mit Schädel-Hirn-Trauma sollte möglichst gleich zum Neurologen. Oder jemand mit offenen Verletzungen nicht einfach liegen gelassen werden.“ Zettel zeigen, was Opfer haben, eine Digitaluhr zählt zurück, nach einer gewissen Zeit verschlechtert sich der Gesundheitszustand. In welches Krankenhaus ein Verletzter kommen kann, steht wiederum auf Listen. „Dadurch wissen wir genau, welches Krankenhaus noch über wie viele Kapazitäten verfügt.“ Mit einem Ticketsystem und Stickern, die die Patienten und der Krankenwagen mitbekommen, wird dann abgezählt. Deutsche Sorgfalt inmitten der gespielten Hektik.
Die soll auch wirklich fassbar sein. Im U-Bahn-Tunnel etwa werden Nebelmaschinen angeworfen, aus Knatterboxen knistern Brandgeräusche. Schülpen: „Gerade in der U-Bahn ist das wichtig. Einige Kollegen kommen zum Beispiel vom Land, denen ist nicht immer bewusst, wie es in den Tunnelsystemen aussieht.“ Jede Wache muss einmal im Jahr in die Tiefe: Das geschieht aus dem Dienst heraus, die Feuerwehrleute haben gerade eine 24-Stunden-Schicht. „Weil die Übungen meist in die Ruhestunden fallen, ist dann natürlich nicht jeder begeistert.“
Auch auf den Wachen wird ständig trainiert: Nach dem Mittagessen gibt es Unterricht. Hier werden Atemschutzmasken dem Praxistest unterworfen, aber auch für Chemie-Unfälle und den Strahlenschutz geübt. „Das ist sogar Pflicht. Jede Wache muss dreimal im Jahr ein solches Training vorweisen.“
Die Manv-Übung wiederum wird in der Freizeit ausgeführt. Daher ist auch trotz Großaufgebots die Rufbereitschaft der Feuerwehr auch im Ernstfall sichergestellt. „Sollte etwas passieren, ist das sogar gut, da dort noch einmal 200 zusätzliche Feuerwehrleute im Einsatz sind.“