Düsseldorf. . Jahrelang sollen Bordellbesucher in Düsseldorf betäubt und ausgenommen worden sein. Nun wird der Skandal vor Gericht ausgebreitet. Im Mammutprozess gegen neun Angeklagte aus dem Rotlichtmilieu lieferten sich am Montag Anwälte und Gericht Scharmützel mit Anträgen. Vor Prozessbeginn soll es eine Panne gegeben haben.

Viel passiert ist nicht am ersten Tag des Prozesses um mutmaßliche Freier-Abzocke in Bordellen im Landgericht: Zum Auftakt des Prozesses lieferten sich die Juristen Scharmützel mit Anträgen, die das Verfahren immer wieder unterbrachen. Nicht einmal die umfangreiche Anklage ist verlesen worden. Anlass ist die verspätete Zustellung der Anklage an einen der Angeklagten.

Saal E.116, der größte des Gerichts ist voll: mit neun Angeklagten und doppelt so vielen Verteidigern, dazu zwei Staatsanwälten und zwei Anwälten von Opfern. Auch die Zuschauerplätze hinter einer extra aufgestellten Sicherheitsscheibe sind gut besetzt, wenn es auch noch freie Stühle gibt. Die werden mehr, je öfter die Verhandlung unterbrochen wird.

Konten wurde systematisch geplündert

Fünf Männer und vier Frauen sollen sich dafür verantworten, dass in den Bordellen an der Rethelstraße und im Stundenhotel La Viva an der Worringer Straße Kunden systematisch betäubt wurden, um dann ihre Konten zu plündern. Davon ist die Staatsanwaltschaft überzeugt.

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Drahtzieher soll Thomas M. (48) sein, Gesellschafter der GmbH, die die Bordelle betrieb. Er soll 2007 auch die Idee gehabt und Mitarbeiter dafür gewonnen haben. Jetzt stehen mit ihm Wirtschafter, Servicekräfte, Kassierer und Prostituierte vor Gericht. Nicht dabei ist Bert Wollersheim, Mit-Gesellschafter der Betreiber GmbH. Er gehörte zu den Verdächtigen, ist jetzt aber nur noch als möglicher Zeuge vorgesehen. Doch die Angeklagten spielen gestern nur Statistenrollen.

Einer von ihnen hat die Anklage relativ spät erhalten, fünf Wochen später als die anderen Angeklagten. Sein Verteidiger Peter Krieger hatte um Verschiebung des Prozesses gebeten, um das über 600 Seiten starke Dokument zu lesen. Weil das nicht passierte, hat der Anwalt am Montag 22 Minuten vor dem offiziellen Prozessbeginn einen Befangenheitsantrag gegen die Kammer gestellt. Und der beschäftigte das Gericht und die Prozessbeteiligten über den gestrigen Tag – obwohl beziehungsweise weil das Gericht ihn zurückstellen und später bescheiden wollte.

Jede Menge Anträge

Damit waren die Anwälte nicht einverstanden, verlangten eine schriftliche Entscheidung und eine Unterbrechung, um das mit ihren Mandanten zu besprechen. Die Unterbrechungen wurden abgelehnt, erneut beantragt, dann erlaubt. Dabei versuchte der Vorsitzende Richter Markus Fuchs Ruhe zu bewahren, diktierte jeden Antrag fürs Protokoll, wurde dabei oft von neuen Meldungen unterbrochen.

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Nach einer endlich gewährten Anderthalb-Stunden-Unterbrechung stellte Benedikt Pauka, Anwalt von Thomas M., einen Befangenheitsantrag gegen das Gericht, den er mit dem bisherigen Ablauf der Verhandlung begründete. Zudem habe das Gericht Anwalt Krieger Rechtsmissbrauch unterstellt.

Auch Staatsanwältin Julia Hartmann soll nach Paukas Ansicht abgelöst werden. Sie habe die Ermittlungen gegen einen Polizisten eingestellt, der eine Straftat beging, um das Auto seines Mandanten abhören zu können. Ein weiterer Verteidiger stellte die gleiche Forderung.

Ob der Prozess an diesem Dienstag bis zur Anklage kommt, bleibt abzuwarten.