Düsseldorf. .
Die Volontärin Carolina Zimmermann hat es von der Isar an den Rhein verschlagen. Nun testete sie die große Kirmes am Rhein in Düsseldorf auf ihre Dirndl-Tauglichkeit. Eine Mission lautete: Bier im Maßkrug aufstöbern.
Neulich hat sich doch dieser Pinguin nach Neuseeland an den Strand verirrt. Ich weiß jetzt, wie er sich gefühlt haben muss, in seinem auffälligen Frack, allein in einer völlig fremden Umgebung. Ich habe mich nämlich auch verirrt. Statt auf der Wies’n an der Isar fand ich mich auf einer Wiese am Rhein wieder, auf der Kirmes – im Dirndl. Diese bayerische Kluft, die man bei uns daheim zu allen möglichen Anlässen anzieht: Zu Hochzeiten, Beerdigungen und natürlich zum Oktoberfest. Niemand wird komisch angeschaut, wenn er in Tracht durch die Münchner Innenstadt läuft.
Ja, wo schunkeln sie denn?
Hier kann so ein Auftritt dagegen zur Mutprobe werden. Entsprechend wackelig waren auch meine ersten Schritte über das Kirmespflaster. Aber ein echtes bayerisches Madl lässt sich von so ein paar entsetzten bis amüsierten Blicken nicht aus der Bahn werfen. Und immerhin – bei den Jungs von der Blaskapelle kam mein Outfit hervorragend an. Es inspirierte sie gleich zu einem kleinen Ständchen.
Na wer sagt’s denn! Beschwingt von den Heimatklängen steuerten wir einen Tempel bayerischer Hochkultur an: das Alpendorf. Von da an stieg die Kirmes in meinem Ansehen stetig. Auch im Rheinland sehnt man sich also nach bayerischer Gemütlichkeit. Jetzt galt es, die Düsseldorfer auf ihre Schunkelfreudigkeit zu testen.
Aber irgendetwas gefiel mir nicht. Die Gegend war so weit vertraut, irgendwo spielte eine Kapelle, ich glaube sogar einen Stand mit Leberkässemmeln ausgemacht zu haben, und die Leute saßen an Holztischen und prosteten sich zu. Womit wir allerdings schon beim Fehler wären: die Biergläser. Sie kamen mir etwas klein vor. „Maßkrüge haben wir nicht, aber einen halben Liter können Sie haben“, hieß es an der Erdinger-Weißbier-Bar. Ich verkniff mir einen enttäuschten Kommentar und ließ mich auf die Halbe ein, wie man das kleine Bier in Bayern nennt. 0,25 oder gar 0,2 Liter würde man dort gar nicht erst ausgeschenkt bekommen.
Im Dirndl über die Kirmes
Ein weiterer nicht unwesentlicher Unterschied zum Oktoberfest war die Ruhe. In den Festzelten auf der Theresienwiese erreicht die Feierlaune ihren Höhepunkt schon gegen Mittag. Hier war auch am frühen Abend noch nicht viel los. Aber ich hatte noch ein Ass im Ärmel: den Schuhplattler. Der gute alte bayerische Tanz darf auf keinem Volksfest fehlen. Einige dürfte meine Einlage wohl verschreckt haben, sie machten einen großen Bogen um mich. Andere zeigten sich interessiert, zum Mittanzen konnte ich aber niemanden animieren.
Jungfrauen binden die Schleife in der Mitte
Ich war übrigens nicht die Einzige in Tracht. Das Personal lief ausschließlich in Lederhosen und Dirndl herum und auch ein ungarischer Tourist hat es sich nicht nehmen lassen, sich für die Kirmes in bayerische Schale zu werfen. Allerdings war ich mir nicht ganz sicher, ob die Frauen ihre Schürzen auch bewusst gebunden hatten. Je nachdem, auf welcher Seite die Dirndl-Trägerin ihre Schleife bindet, sendet sie Signale an ihre Umwelt aus. Sitzt sie rechts, heißt das, die Frau ist vergeben. Sitzt sie links, ist sie noch zu haben. Jungfrauen binden die Schleife traditionell in der Mitte und wer sie hinten mittig trägt, ist entweder verwitwet oder Kellnerin.
Eine Mission stand noch offen: Irgendwo musste es das Bier doch im Maßkrug geben. Die Suche führte uns ins Bayern-Zelt, zu einer zünftigen Runde an den Tisch. Beim Anstoßen mit der Maß brachte Gerd Gymnich (83) es auf den Punkt: „Jo mei, da legst di nieder!“