Düsseldorf. Seit drei Jahren sind Marvel und Sascha Mylenbusch unzertrennlich. Auch im Salon des 43-jährigen Friseurs ist er immer dabei. Aus diesem Grund.

  • Hund Marvel gehört zum festen Inventar des Salons „HairClub by Sascha M.“
  • Inhaber Sascha Mylenbusch hat psychische Probleme, der Hund hilft ihm sehr
  • Aber: Ein sogenannter Assistenzhund kostet richtig viel Geld

Während Sascha Mylenbusch Haarfarbe auf den Kopf einer Kundin aufträgt, beobachtet Hund „Marvel“ die Arbeitsschritte seines Herrchens ganz genau. Und auch, wenn der Vierbeiner das Prozedere regelmäßig zu sehen bekommt, schaut der Labrador ganz aufgeregt hin. Der Schwanz wedelt, die Augen verfolgen dabei ganz genau, was der Friseur da so treibt.

Vor rund anderthalb Jahren, im Herbst 2022, hat Sascha Mylenbusch sich mit seinem „HairClub by Sascha M.“ in Düsseldorf-Benrath selbstständig gemacht. Seitdem gehört auch Marvel fest zum Inventar des Haarsalons an der Hauptstraße in der beschaulichen Fußgängerzone im Düsseldorfer Süden. Denn wenn der Friseurinhaber seine Ladentüre öffnet, ist sein Hund immer dabei. Aus gutem Grund: „Ich leide unter Panikattacken und habe PBS, eine Posttraumatische Belastungsstörung. Als Assistenzhund ist Marvel stets an meiner Seite“, berichtet Mylenbusch bei einem Vor-Ort-Termin.

Düsseldorfer Friseur braucht Assistenzhund: Erste Panikattacke kam 2019

An Weihnachten 2019 erlitt der Hairstylist seine erste Panikattacke. „Ich war auf dem Rückweg von meiner Patentante und dann fing es im Auto plötzlich an mit Herzrasen, ich habe keine Luft mehr bekommen und musste dann rechts heranfahren. Nach 30 Minuten ging es dann wieder“, erinnert sich der 43-Jährige. Seitdem habe er immer wieder mit Attacken zu kämpfen, die durch eine posttraumatische Belastungsstörung zutage kommen, erklärt Mylenbusch. Die PBS stamme aus einer „sehr negativen Kindheit“. Zu den Panikattacken haben sich dann auch Depressionen eingeschlichen, mit „denen ich aber mittlerweile umgehen kann“, betont Mylenbusch.

Sascha Mylenbusch ist Inhaber des Friseursalons „HairClub by Sascha M.“ in Düsseldorf-Benrath. Assistenzhund Marvel ist stets an seiner Seite.
Sascha Mylenbusch ist Inhaber des Friseursalons „HairClub by Sascha M.“ in Düsseldorf-Benrath. Assistenzhund Marvel ist stets an seiner Seite. © NRZ Düsseldorf | Christopher Damm

Am Anfang konnte der Saloninhaber überhaupt nicht mit seinen Panikattacken umgehen. „Ich wusste zunächst gar nichts damit anzufangen und habe die Anzeichen nicht erkannt.“ Ein großer Triggerpunkt sei seine Vergangenheit: „Bei der ersten Attacke ging es um meine Kindheit. Da ist das Thema dann richtig hochgekommen.“ Zunächst ließ er sich von einem Arzt durchchecken. Internistisch sei bei der Untersuchung alles in Ordnung gewesen, so Mylenbusch weiter. Sein Hausarzt habe ihm aufgrund seiner Vorgeschichte empfohlen, mal zu einem Neurologen und zu einem Psychologen zu gehen. „Meine Psychiaterin hat dann alles auf den Punkt gebracht, woher meine Panikattacken kommen.“

„HairClub by Sascha M.“: Hundefreundlicher Friseursalon in Düsseldorf

Der „HairClub by Sascha M.“ befindet sich an der Hauptstraße in der Fußgängerzone in Düsseldorf-Benrath. Der Salon ist von Dienstag bis Freitag von 9 bis 19 Uhr sowie samstags nach Terminvereinbarung geöffnet.

Wie Inhaber Sascha Mylenbusch betont, ist der Friseursalon LGBTQ+- sowie hundefreundlich. Weitere Informationen gibt es online unter hairclub-duesseldorf.de.

Vor drei Jahren hat er sich dann auf Empfehlung seiner Psychiaterin Marvel angeschafft. Seitdem sind die beiden ein Herz und eine Seele. Der Hund sei zudem ein sehr sensibles Tier. Bei ihm schrillen regelmäßig die Alarmglocken, wenn sich bei Herrchen eine Panikattacke ankündigt, verrät Mylenbusch: „Als ich mal kurz vor einer Attacke stand, wurde Marvel sehr unruhig und hat gefiebert. Dadurch bin ich dann nach hinten in den Laden und habe es dann selbst gemerkt. Heute ist es so, dass wenn mir komisch wird, auch Marvel unruhig wird. Dann merke ich, dass mal ein Schluck trinken, oder mal kurz durchatmen sollte. Nachts weckt er mich außerdem aus Albträumen.“

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Bevor sich Mylenbusch selbstständig machte, sei er lange Zeit auf Arbeitssuche gewesen. „Mit meinem Hund wollte mich keiner einstellen. Außerdem habe ich wegen meiner Krankheit auch einen Behindertenausweis. Und sobald man einen Grad von 50 Prozent Behinderung hat, muss man das bei dem Arbeitgeber angeben. Viele sind dann von einer Anstellung abgerückt“, erklärt Sascha Mylenbusch. Dabei hatte er immer wieder mit dem Klischee zu kämpfen, dass er arbeitsfaul sei.

„Es gibt bei vielen immer noch viele Vorurteile. Ich würde ja immer wieder ausfallen, wenn mal wieder was ist. Dabei führe ich ein ganz normales Leben. Ich arbeite viel, ich arbeite gerne und liebe meinen Job. Das hat aber keinen interessiert. Entweder wollte man mich ohne Hund einstellen, oder auf Mini-Job-Basis.“

Assistenzhund Marvel in Düsseldorf seit acht Wochen staatlich anerkannt

Seit knapp acht Wochen ist Marvel als Assistenzhund mittlerweile staatlich anerkannt. „Das heißt, dass er vom Gesetzgeber her überall mit hin darf. Er darf in Supermärkte und sonst überall mit rein, wenn er seine Plakette trägt. Ich muss immer den Ausweis dabei haben, den man vom Staat kriegt.“ Vorher mussten Mylenbusch und Marvel eine Schulung machen, damit der groß gewachsene Labrador als Assistenzhund anerkannt wird. Kostenpunkt: 20.000 Euro für eine zweijährige Ausbildung zum Assistenzhund. Eine Summe, die er sich damals nicht leisten konnte, wie der Haarkünstler zugibt.

Deswegen sei es ein langer und harter Weg gewesen. Die Krankenkasse habe die Übernahme der Kosten für die Ausbildung von Marvel trotz ärztlicher Diagnose zunächst erstmal abgelehnt. „Marvel ist ja kein Blindenhund und damals gab es das Gesetz für die Anerkennung von Assistenzhunden noch nicht“, erklärt der Haarexperte. Auch das zuständige Amt habe eine Förderung der Kosten abgelehnt. Deswegen schaltete der 43-Jährige einen Anwalt für Sozialrecht ein. „Der hat das dann irgendwann durchgeboxt.“

Schon vor der staatlichen Anerkennung war Marvel für Sascha Mylenbusch eine große Hilfe im Alltag und im Berufsleben. „Er ist immer und überall dabei. Im Salon hat er seinen eigenen Bereich. Er würde ansonsten über jeden Menschen herfallen. Er liebt einfach jeden. Wir haben mittlerweile viele Kunden, die sich freuen, wenn sie ihn sehen. Sie gehen dann meistens als erstes zu ihm und kuscheln ihn, bevor sie sich hinsetzen.“

Vor Saloneröffnung in Düsseldorf: Mylenbusch und Marvel erlebten die Flut 2021 in Erftstadt hautnah mit

Bevor Sascha Mylenbusch in Düsseldorf-Benrath seinen ersten Laden eröffnete, war er längere Zeit krankgeschrieben. Davor arbeitete er in einem Friseursalon in Erftstadt. „Dort habe ich bis zum Hochwasser 2021 gearbeitet. Der Laden befand sich rund 100 Meter von dem Loch entfernt, wo zuvor viele Häuser weggespült wurden. Das hat damals für einen gesundheitlichen Rückschlag gesorgt.“

Als die Flut kurz vor Feierabend kam, war er noch in dem Salon. „Das Hochwasser hat damals noch mal etwas ausgelöst. Ich konnte eine Zeit lang bei starkem Regen nicht mehr vor die Tür gehen. Das hat sich aber schnell wieder reguliert, weil ich danach weggezogen und nach Dormagen gegangen bin.“ Das Haus, dass er damals angemietet hatte, stand bis zu 2,50 Meter unter Wasser. Bis er sein Hab und Gut aus dem Haus holen konnte, kam er mit Marvel in der Wohnung einer Freundin unter. „Er war damals noch ein Welpe und hat das Ganze zum Glück gut verkraftet.“

In seinem Haarsalon habe er bisher erst einmal eine Panikattacke erlitten, berichtet Sascha Mylenbusch. „Hier habe ich genug Ablenkung, außerdem fühle ich mich bei der Arbeit wohl und habe hier keine Triggerpunkte.“ Zudem verfüge er über ein großes fachliches Wissen, dadurch könne er sich während der Arbeit auf seine Aufgabenfelder konzentrieren: „Meine Spezialgebiete sind feine Haare und Farbkorrekturen. Alles, was sehr aufwendig und schwer erscheint, ist für mich super einfach. Mein Kopf tickt sowieso anders durch das Krankheitsbild, dadurch kann ich mir das hier im Laden so auslegen, wie ich es brauche.“ Außerdem habe er ja mit Marvel noch seine tierische Alarmanlage: „Er ist immer in der Nähe und kriegt viel mit, falls mal wieder was ist.“

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