Düsseldorf. Düsseldorf hat nur noch einen Unverpacktladen: „Pure Note“ in Bilk. Der Laden überlebt mit kreativem Konzept - freitags wird er zur Musikbühne.
Anfängerfehler! Wer zum Interview im Unverpacktladen ist und spontan ein Brot kaufen möchte, hat fürs nächste Mal etwas gelernt. Einfach immer einen Stoffbeutel in der Handtasche haben — der wiegt fast nichts und spart auf Dauer jede Menge Müll. Zum Glück wird bei „Pure Note“ in Bilk auch an Menschen gedacht, bei denen in der Disziplin des verpackungsarmen Einkaufens noch Luft nach oben ist. Es gibt einen kleinen Vorrat an Papiertüten.
Als Marcel Clemens und seine Frau Nubia Osorio Torres 2018 ihren Unverpacktladen an der Bilker Brunnenstraße gründeten, weil sie etwas dafür tun wollten, ihren Kindern einen lebenswerten Planeten zu hinterlassen, da boomte das Konzept. „Es gab bestimmt zwölf Unverpacktläden hier in der Region“, sagt Marcel Clemens. Jetzt hat er den einzigen in ganz Düsseldorf. Und auch in der näheren Umgebung gibt es nur noch zwei, in Monheim und in Kaarst.
So groß die Begeisterung der Leute anfangs auch war, so schnell wanderten viele Kunden dann aber doch wieder zu Discountern und Supermärkten ab. Bei manchen siegte die Bequemlichkeit, anderen waren die Lebensmittel in Bioqualität zu teuer. Corona, der Krieg in der Ukraine und die Inflation kamen dazu. Allein mit ihrem Unverpacktladen hätten auch Marcel Clemens und Nubia Osorio Torres als Geschäftsleute nicht überleben können. „Für viele in unserer Branche ist das momentan ein Existenzkampf“, sagt Clemens. „Da muss man kreativ werden und die ganze Idee noch mal anders angehen.“
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Für ihre „Pure Note“ haben die Inhaber ein Konzept mit mehreren Standbeinen entwickelt. Der Laden mit seinen 600 bis 800 mittlerweile rein veganen Produkten ist eine der Säulen, die das Geschäft tragen. „Die Idee ist, dass man hier wirklich alles bekommt, was man zum täglichen Leben braucht.“ Vom regionalen Obst und Gemüse über Grundnahrungsmittel wie Nudeln, Reis und Getreide bis zu Seife oder Putzmitteln. Der Einkauf funktioniert ganz einfach: Am besten eigene Dosen oder Gläser mitbringen, das Leergewicht abwiegen und die gewünschten Produkte einfüllen. An der Kasse wird das Gewicht der Behälter abgezogen, fertig.
Mittagstisch bei „Pure Note“: vegane und meist auch glutenfreie Gerichte
Zweites Standbein der nachhaltigen Geschäftsidee ist die Gastronomie. Bei „Pure Note“ gibt es wochentags einen Mittagstisch, auch abends stehen vegane und zum Teil glutenfreie Gerichte auf der Karte. Das Besondere ist: Gekocht wird mit dem, was der Unverpacktladen hergibt. Das hat den Vorteil, dass es so gut wie keine Lebensmittelverschwendung gibt. Welkes, aber noch gut genießbares Gemüse landet im Eintopf. Aus Limetten, die zu weich werden, wird Sirup für die hauseigene Limonade gemacht. Überreife Bananen süßen den Kuchen.
„Unser Speiseplan orientiert sich an dem, was da ist.“ Und wenn dann doch mal weniger als gedacht zum Essen kommen, wird der Rest der frisch gekochten Mahlzeit in großen Pfandgläsern haltbar gemacht und als „Mittagessen To Go“ verkauft oder auf Bestellung auch ausgeliefert. Es gibt schon einige Unternehmen, die ihre Mitarbeiter mittags mit Gesundem aus der Bilker Küche verpflegen.
80 Kulturveranstaltungen gab es 2023 im Unverpacktladen in Düsseldorf
Vor zwei Jahren ist noch ein drittes Angebot hinzugekommen, um den Laden zukunftsfähig zu halten. Auslöser war eine private Leidenschaft der Inhaber. „Wir fanden es so schade, dass es hier im Stadtviertel immer weniger kulturelle Angebote gibt“, sagt Marcel Clemens. Aus einem Gespräch mit einer Kundin, die Harfe spielte, ergab sich spontan der Gedanke, den Unverpacktladen zum Veranstaltungsort zu machen und das Ganze mit einem kulinarischen Angebot zu kombinieren. Marcel Clemens organisierte das erste Konzert in seinem Laden und die Idee kam so gut an, dass es seitdem an der Brunnenstraße 30 regelmäßig musikalische Events gibt. Dafür ist der Freitagabend reserviert. „Im vergangenen Jahr hatten wir 80 Kulturveranstaltungen.“
Die kleine Bühne, auf der höchstens sechs Musiker Platz haben, ist direkt im Schaufenster. Die Konzerte haben immer ein Thema (aktuell „Caribbean Nights“) und es wird das passende Essen serviert. Nach der Vorstellung geht ein Hut für die Künstler herum. Und weil vieles gemeinsam leichter geht, hat „Pure Note“ eine Kooperation mit einem Nachbarn – dem Filmkunstkino „Metropol“. An jedem dritten Donnerstag im Monat gibt es „Kino à la Carte“. Um 19.30 Uhr wird ein 3-Gang-Menü serviert, danach geht es weiter zum Film im Metropol.
Das Herz des Familienbetriebs ist und bleibt aber der Unverpacktladen. Vor allem am Samstag kommen die, die das Konzept leben. Bepackt mit Kisten, Dosen, Beuteln und Gläsern nehmen sie zum Teil weite Wege in Kauf, um ihren Einkauf so nachhaltig wie möglich zu gestalten. Wenn Marcel Clemens einen Wunsch für sein Geschäft aussprechen dürfte, dann wäre es dieser: „Leute, unterstützt die kleinen Läden. Dahinter stehen keine Aktionäre, sondern Menschen, die das Leben im Stadtteil bereichern möchten.“
Öffnungszeiten und Infos
Düsseldorfs Unverpacktladen „Pure Note“, Brunnenstraße 30 in Bilk, hat zu folgenden Zeiten geöffnet: montags bis mittwochs 11-19 Uhr, donnerstags und freitags 11-22 Uhr, samstags 10-22 Uhr.
Einen Wochenplan mit den Gerichten des Mittagstischs und alle Informationen zu den Veranstaltungen gibt es im Internet unter www.purenote.de oder regelmäßig auf Instagram.