Düsseldorf. In Düsseldorf geht der Bauernprotest weiter. Zur Kundgebung am Dienstag kam Ministerpräsident Hendrik Wüst: Was er versprach - und was nicht.
Auf der Überführung vor dem Düsseldorfer Stadttor versammelten sich am Dienstag, 30. Januar, Bauern aus der Region, um erneut gegen die geplanten Sparmaßnahmen der Ampel-Koalition zu demonstrieren. Laut einem Sprecher der Düsseldorfer Polizei war im Vorfeld mit etwa 300 Teilnehmern gerechnet worden. Gar so viele schienen es letzten Endes nicht gewesen zu sein, etwa 250 fanden allerdings den Weg vor das Hochhaus im Stadtteil Unterbilk, in dem auch das NRW-Landwirtschaftsministerium sitzt. Eine Treckerfahrt wie zu Anfang des Monats war gar nicht vorgesehen gewesen, so die Polizei, dennoch hatten es sich einige Landwirte nicht nehmen lassen, mit schwerem Gerät anzureisen und mit Fanfaren-Hupen auf sich aufmerksam zu machen. Großen Anklang fand dabei ein Trecker, der „Old MacDonald hat‘ne Farm“ in den bewölkten Januarhimmel trötete.
Der Präsident des Rheinischen Landwirtschafts-Verbands (RLV), Bernhard Conzen, jedoch zeigte auf, wie ernst die Lage aus Sicht der Landwirte wirklich sei: „Es war richtig, dass die Bundesregierung bei den Plänen zur Abschaffung der KFZ-Steuerbefreiung eingelenkt hat.“ Aber ausreichend sei das noch lange nicht, da die Landwirtschaft „in hohem Maße von der CO2-Bepreisung“ betroffen sein werde. Konkret rechne man damit, dass die Kosten für Agrardiesel innerhalb von zwei Jahren um rund 700 Millionen Euro ansteigen würden: Etwa 300 Millionen an CO2-Steuern und 400 Millionen an Mehrkosten durch den Wegfall der Dieselsubventionen. Conzen rechnete vor: „Es müssen 1,2 Prozent der Bevölkerung, die Landwirte, für 10 Prozent der Sparmaßnahmen im Haushalt aufkommen.“
Ministerpräsident Wüst: Das Ringen um eine Einigung geht weiter
Augenscheinlich, so Conzen, wolle Bundeskanzler Olaf Scholz das aussitzen. Die Probleme der Bauernschaft interessierten ihn offensichtlich nicht. Daher sei der RLV auf der Suche nach verlässlichen Unterstützern, „die den ländlichen Raum in den Blick nehmen und nicht als Folklore abtun.“ Die Hoffnungen des Verbandes ruhten nun auf NRW-Ministerpräsident Hendrik Wüst (CDU), der im Vorfeld versprochen hatte, sich für die Anliegen der Bauern starkzumachen. Am Dienstag sprach er zu den Versammelten und betitelte Kanzler Scholz als „Basta-Kanzler“ in bester Schröder-Tradition. Gegenüber den Landwirten habe sich der Bundeskanzler ignorant und respektlos verhalten, die Entscheidungen seien ihnen einfach „vor den Latz geknallt“ worden. Und NRW-Landwirtschaftministerin Silke Gorißen (CDU) forderte die Bundesregierung auf, die geplanten Kürzungen zurückzunehmen: „Wir müssen zusehen, dass wir ein starkes Agrar-Deutschland bleiben.“ Geschehe dies nicht, profitiere lediglich das Ausland. Wüst ergänzte: „Im Kern geht es um Planungssicherheit und Perspektiven für die nächste Generation von Landwirten.“ Das Ringen um eine Einigung gehe weiter, gab sich der Minister kämpferisch.
Unter den versammelten Bauern herrschte indes ein eher aufgeräumter Ton vor, wenngleich viele aus ihren Sorgen keinen Hehl machten. Ludger Schreiber, Bio-Bauer aus Alpen, sprach davon, dass die geplanten Sparmaßnahmen nur „die Spitze des Eisberges“ seien. „Wir haben einfach immer mehr Auflagen, und das nicht erst seit gestern.“ Schreiber betreibt bereits seit 30 Jahren ökologische Landwirtschaft, bald wird sein Sohn, Vincent, den Betrieb übernehmen: „Und er hat jetzt schon Bauchschmerzen.“ Schreibers Hof ist kein Großunternehmen, Bürokratie und Teuerungen werden hier direkt gespürt, wie der Landwirt verriet. „Und derweil machen sich große Unternehmen auch in der Landwirtschaft breit.“ Supermärkte wie Aldi gingen vermehrt dazu über, landwirtschaftliche Flächen im großen Stil aufzukaufen. Angesichts der immer noch steigenden Bodenpreise hätten aber auch nur die großen Marktteilnehmer überhaupt die Möglichkeit dazu. „Das Nachsehen habe kleinere Betriebe.“ Es sei ein schwieriges Thema, gibt der Landwirt zu bedenken: „Zwischen Stadt und Land tut sich eine Kluft auf.“