Düsseldorf. Einige Tarifkonflikte aus 2023 sind noch nicht vom Tisch, doch der DGB Düsseldorf kann bereits jetzt ein „gutes Jahr“ verzeichnen.

Die Vereinte Dienstleistungsgewerkschaft (Verdi) feiert das erfolgreichste Jahr ihres Bestehens – zumindest, was den Mitgliederzuwachs angeht. Das verkündete deren Bundesvorsitzender Frank Werneke am vergangenen Montag. „Diese Entwicklung sehen wir auch in Düsseldorf“, sagt dazu Stephanie Peifer. Die neuen Mitglieder kommen aus allen Bereichen, die die Gewerkschaft abdeckt, verrät die Geschäftsführerin im Verdi-Bezirk Düssel-Rhein-Wupper. Sie sieht dabei Tarifauseinandersetzungen als einen Katalysator. Aber auch andere Gründe.

Mitglieder-Plus in fast allen DGB-Gewerkschaften

„Was wir sehen ist, dass viele aus Überzeugung eintreten“, berichtet sie. Gerade in einer Situation mit großen sozialen Problemstellungen sehen Menschen, warum es wichtig sei, sich in einer „Solidargemeinschaft“ zusammenzuschließen, erklärt Peifer. Allein im Bezirk hat Verdi gut 55.000 Mitglieder. In Tarifrunden erlebten Beschäftigte: „Tariffragen sind Machtfragen“, die sie nur für sich entscheiden können, wenn sie auch abseits des Verhandlungstisches Druck machen, betont Peifer. Und auch das sozialpolitische Engagement von Verdi überzeuge viele.

„Es war ein gutes Jahr für Gewerkschaften“, resümiert auch Düsseldorfer DGB-Geschäftsführerin Sigrid Wolf. „Wir haben in fast allen unseren Gewerkschaften ein Mitglieder-Plus.“ Das liege auch an den vielen Tarifkonflikten in diesem Jahr, denkt sie. Ebenso sei es aber die wirtschaftliche Gesamtlage, die Menschen zum Gewerkschaftsbeitritt bewege: „Die Leute suchen einen sicheren Pol in der Gewerkschaft“, glaubt Wolf.

Die Mitglieder würden dabei auch die Solidarität schätzen, die sie dort erleben, meint die Gewerkschafterin. Auch die Arbeit des Gewerkschaftsbundes zu Themen wie bezahlbarem Wohnraum und die Mitwirkung der Betriebsräte bei Transformationsprozessen überzeuge Menschen, so Sigrid Wolf weiter.

IG Metall „stabil bei rund 20.000 Mitgliedern“

Auch bei der IG Metall Düsseldorf-Neuss ist man mit der Mitgliederentwicklung zufrieden: „Wir bleiben stabil bei rund 20.000 Mitgliedern“, berichtet Geschäftsführerin Dinah Trompeter. Das ist auch bei Deutschlands größter Gewerkschaft keine Selbstverständlichkeit, denn: Der demografische Wandel sorge dafür, dass viele Mitglieder austreten oder versterben, so Trompeter.

Besonders viele Neueintritte gebe es bei Angestellten in Bereichen IT und Entwicklung sowie im KFZ-Handwerk. Ein starker Grund dahinter: „Betriebliche Tarifpolitik“, erklärt sie. 2023 führte die IG Metall auch im Bezirk Düsseldorf Tarifverhandlungen mit Unternehmen, die nicht vom Flächentarifvertrag abgedeckt sind. So ging es für die Beschäftigten dort sehr konkret um ihren Arbeitslohn und -bedingungen. „Die Tarifpolitik rückt näher an die Leute ran“, erklärt die Gewerkschafterin. Besonders wertvoll ist der Mitgliedergewinn für die Industriegewerkschaft auch deswegen, weil auch sie selbst durch den demografischen Wandel Funktionsträger verliert. „Wir müssen Nachwuchs aufbauen“, fordert Dinah Trompeter.

Eintrittswelle nach Warnstreiks

Rekordeintritte verzeichnet die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW): „Wir haben in Düsseldorf nach den Warnstreiks jetzt so viele Eintritte wie nie zuvor“, freut sich deren Düsseldorfer Geschäftsführerin Silvia Burkert. Diese Entwicklung gebe es in ganz NRW. „Für uns ist das auch deswegen so wichtig, weil wir immer sehr viele Pensionäre unter den Lehrern haben, die austreten“, erläutert Burkert. Dass es die Gewerkschaft mit etwa 1600 Mitgliedern im Bezirk auch in den schwierigen zurückliegenden Jahren geschafft hat, stabil zu bleiben, mache die Gewerkschafterin „stolz“.

Nach eigenen Angaben sind rund 80 Prozent der GEW-Mitglieder verbeamtete Lehrerinnen und Lehrer, die in Tarifauseinandersetzungen selbst nicht streiken dürfen. Dazu komme auch ein Lehrermangel und Krankenstand in den Schulen, der die Streikbereitschaft dort weiter senkt. Die Neueintritte gehen jetzt, so Burkert, besonders von schulischen Berufsgruppen aus, die nicht verbeamtet sind: Angestellte, darunter Sozialarbeiter, Quereinsteiger und Lehrkräfte für herkunftssprachlichen Unterricht. „Auch viele Referendare an den Grundschulen sind jetzt eingetreten“, verrät Burkert. Die Gewerkschafterin hofft nun, dass sich aus diesen Berufsgruppen auch in Zukunft viele Neumitglieder anschließen. „Das Ganze nimmt jetzt Fahrt auf.“