Düsseldorf. Das sorgte beim Rosenmontagszug in Düsseldorf für Wirbel: Der Staatsschutz meldete sich wegen des Symbols an einer Figur bei Jacques Tilly.

Jacques Tilly hatte sich gerade auf der Tribüne vor dem Rathaus seinen Platz zwischen OB Geisel und seinem Freund, dem Kölner Kabarettisten Jürgen Becker, gesucht. Da kam CC-Sicherheitschef Sven Gerling heran gestürmt: „Jacques, wir haben ein kleines Problem, kannst Du mal mitkommen?“

Das kleine Problem: Kaum war Tillys Mottowagen mit der Figur des brasilianischen Präsidenten Bolsonaro losgefahren, wurde er schon wieder gestoppt. Vom Staatsschutz. Polizisten hatten ein Hakenkreuz-Symbol an Bolsonaros Brust erspäht, und man sei „innerhalb weniger Sekunden“ zum Schluss gekommen, es könnte sich um eine Straftat handeln, nämlich das Verbreiten verfassungsfeindlicher Symbole, hieß es später von der Staatsanwaltschaft.

Das CC ließ das Symbol entfernen, und der Wagen durfte weiterfahren. „So etwas darf im Theater auch gezeigt werden, ich dachte, das fällt unter künstlerischer Freiheit“, sagte Tilly später zur NRZ.

Düsseldorf: CC-Präsident Laumen dankte dem Wettergott

Ein Vorfall, der sich etwas auf die Laune des Satirikers auswirkte. Und überhaupt: Die Stimmung hätte beim besten und politischsten Rosenmontagszug der Welt besser sein können. Das lag natürlich auch am Wetter, das bis zum späten Mittag unfreundlich und nasskalt war. Viele Narren auf der Ehrentribüne verließen den eigentlich privilegierten Platz schon, bevor der Zoch vorüber war.

Immerhin konnte der närrische Lindwurm einigermaßen trocken an den rund 600.000 Jecke vorbei durch die City ziehen. „Es ist gut, dass irgendwann der Dauerregen aufgehört hat und die Veranstaltung reibungslos über die Bühne gehen konnte“, sagte CC-Präsident Michael Laumen. Das sah ja einen Tag zuvor noch ganz anders aus, als die Veedelszüge wegen des Wetters abgesagt werden mussten. „Da tun mir wirklich die Vereine Leid, die sich monatelang auf diesen Tag vorbereitet haben, ihre Kostüme selbst genäht haben, und so weiter“, so Laumen.

Oberbürgermeister Thomas Geisel (l.) und Wagenbauer Jacques Tilly.
Oberbürgermeister Thomas Geisel (l.) und Wagenbauer Jacques Tilly. © dpa | Bernd Thissen

Die meisten Narren wollten sich den Spaß dann aber am Montag nicht vermiesen lassen. Allen voran OB Thomas Geisel, der sich in vorbildlicher Manier selbst auf die Schüppe nahm. Der Rathauschef hatte sich nach dem Theater um seinen Privatflug von London nach Düsseldorf als Pilot verkleidet, trug Fliegerkappe und Tarnfarben.

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Ein paar Schrammen mehr ins Gesicht gemalt, und Geisel wäre als Bruchpilot durchgegangen. „Ich mache jetzt ja auch einen Pilotenschein“, erzählte der OB der NRZ. „Damit die Leute nicht mehr meckern, wenn ich mal privat fliege – haha!“

Düsseldorfs OB Geisel als Superman

Sein Fett bekam der OB dann doch weg. Von Tilly selbst, der auf der Tribüne nehmen ihm stand. Mann muss auch einstecken können an Karneval. Der Satiriker hatte einen Wagen mit Geisel als Superman gebaut, der den (unmöglichen) Spagat versucht zwischen dem drohenden Dieselfahrverbot und den Protesten gegen die Umweltspur.

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Überhaupt Tillys Mottowagen: Düsseldorfs Alleinstellungsmerkmal im Karneval. Und auch in diesem Jahr schoss der 56-Jährige gleich mehrere Vögel gleichzeitig ab. Besonders gelungen der Beitrag zum momentanen Zustand der SPD. Auf dem Wagen zu sehen die beiden Gesichter der Vorsitzenden Norbert Walter-Borjans und Saskia Esken, darunter der Slogan „Wir bringen wieder Farbe ins Spiel der SPD“. Clou: Der Wagen war grau in grau gehalten, die Visagen der Protagonisten könnten trauriger nicht mehr dreinblicken. Ein Vehikel für Totensonntag vielleicht oder für einen Film von Michael Haneke. Besser geht Satire nicht mehr.

Rosenmontag in Düsseldorf: Klarer Trend zur Mitfahrgelegenheit

Besser geht Satire nicht mehr. Tillys Mottowagen zur Bundes-SPD.
Besser geht Satire nicht mehr. Tillys Mottowagen zur Bundes-SPD. © AFP | Ina Fassbender

Ebenfalls top: Das Facebook-Monster im fiesen Alien-Look, das von der Justiz nicht mehr eingefangen werden kann. Oder der Wagen „Make love not war“ mit der innigen Umarmung zwischen dem Iran (Rohani) und der USA (Trump). Dann natürlich die Thüringer FDP und CDU, die dem AfD-Faschisten Höcke beim Hitlergruß den Arm stützen, und auch der Rassismus-Beitrag „Aus Worten werden Taten“ mit Verweis auf den Anschlag in Hanau vor wenigen Tagen. Oder nicht zuletzt die boxenden Päpste Benedikt und Franziskus. Übrigens Tillys diesjähriges Lieblingsmotiv, „weil“, so der Künstler, „die sich so richtig schön auf die Fresse hauen“.

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Ansonsten gab es beim gestrigen Rosenmontagszug auch den Trend zur Mitfahrgelegenheit. Düsseldorfs FDP-OB-Kandidatin Marie-Agnes Strack-Zimmermann fuhr per Anhalter auf dem imposanten Vehikel der Prinzengarde und schmiss auf Höhe des Rathauses keine Kamelle Richtung Oberbürgermeister. Beliebt als närrische Droschke auch der Toleranzwagen, auf dem etwa die Gleichstellungsbeauftragte Elisabeth Wilfart oder Kult-Bäcker Josef Hinkel mitfuhren.

Zum ersten Mal auf einem Wagen dabei war OB-Gattin Vera Geisel. Sie ließ sich von Wagen Nummer 55, dem des Comitee Düsseldorfer Carneval, mitnehmen. Am Rathaus stieg sie allerdings aus, wahrscheinlich war die Sehnsucht zum Piloten zu groß gewesen. „Das war überragend“, schwärmte sie. „Man ist mittendrin und bekommt noch einmal ein ganz anderes, stärkeres Gefühl für den Karneval.“