Düsseldorf. Im Prozess um den Anschlag auf die S-Bahn-Station schweigt ein wichtiger Zeuge - das Gericht verordnet Beugehaft . Angeklagter vor Freispruch

Im sogenannten Wehrhahn-Prozess um einen mutmaßlich fremdenfeindlichen Bombenanschlag hat das Düsseldorfer Landgericht gegen einen Zeugen sechs Monate Beugehaft angeordnet. Er hatte am Donnerstag die Aussage verweigert. Der Zeuge, der im Rollstuhl am Gericht erschien, würdigte den Vorsitzenden Richter keines Blickes und reagierte nicht, als dieser ihn ansprach.

In dem Prozess geht es um einen Bombenanschlag in Düsseldorf im Jahr 2000. Der Zeuge hatte sich nach der Freilassung des Angeklagten gemeldet und zu Protokoll gegeben, dass ihm der Angeklagte die Tat als Mithäftling in der Untersuchungshaft gestanden habe.

Der mutmaßliche rechtsradikale Bombenleger habe ihn ins Vertrauen gezogen, weil er ihn für einen Gesinnungsgenossen gehalten habe. Der Zeuge habe um Schutz für sich und seine Familie gebeten, sagte der Staatsanwalt. Er habe bereits zuvor angedroht, die Aussage zu verweigern, wenn ihm kein Schutz gewährt werde.

Bei dem Bombenanschlag am Düsseldorfer S-Bahnhof Wehrhahn waren am 27. Juli 2000 zehn Menschen aus einer zwölfköpfigen Gruppe verletzt worden, einige von ihnen lebensgefährlich. Ein ungeborenes Baby starb im Mutterleib. Bei den Opfern handelt es sich um Zuwanderer aus Osteuropa, viele von ihnen jüdischen Glaubens.

Die Staatsanwaltschaft hatte den 51-Jährigen wegen zwölffachen Mordversuchs aus Fremdenhass angeklagt. Er bestreitet die Tat. Das Gericht hatte den Angeklagten vor einigen Wochen mangels dringenden Tatverdachts auf freien Fuß gesetzt. Wenn keine weiteren belastenden Zeugenaussagen oder Beweise auftauchen, kann er nun auf einen Freispruch hoffen.

Zeugin fühlt sich von Anwalt bedrängt und verfolgt

Unterdessen hat ein Vertreter der Nebenklage beantragt, einen der Verteidiger aus dem Prozess auszuschließen. Hintergrund ist ein Vorfall am Montag. Der Anwalt soll mit dem Angeklagten eine Zeugin verfolgt haben, obwohl er gewusst habe, dass diese schutzbedürftig sei und ihren Wohnort vor Gericht nicht habe nennen müssen.

Die Zeugin, bei der es sich um die Ex-Frau des Angeklagten handelt, berichtete der Polizei, sie sei nach ihrer Aussage vor dem Landgericht von einem Auto durch Düsseldorf verfolgt worden. Am Steuer habe einer der Verteidiger und auf dem Beifahrersitz der angeklagte mutmaßliche Attentäter gesessen. Sie habe beide fotografiert. Das Duo soll ihr an der Ausfahrt der Tiefgarage des Gerichts aufgelauert haben.

Die Zeugin berichtete in ihrer Aussage, sie habe große Angst gehabt, dass der Angeklagte ihren neuen Wohnort erfahre. Die Polizei hatte die Aussage an das Gericht weitergeleitet.

Der Anwalt bestritt den Vorwurf. Er würde sich für so etwas nicht einspannen lassen. Die Zeugin leide offenbar an Verfolgungswahn. Es handele sich um einen Zufall. Er habe vor der Tiefgarage die Nachrichten auf seinem Handy gelesen, als er von der Zeugin plötzlich fotografiert worden sei. Dann sei man eine Zeit lang zufällig die gleiche Strecke durch die Stadt gefahren, schließlich aber in unterschiedliche Richtungen abgebogen. (dpa)